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Am 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen.
Ruhe bewahren: Anti-Gewalttraining für Männer
Gewalt von Männern gegen Frauen ist kein unabänderliches Schicksal. Ein Anti-Gewalttraining soll Auswege öffnen. Im Programm "Täterarbeit" müssen die Männer sich in Rollenspielen damit auseinandersetzen, was sie ihren Frauen angetan haben.
25.11.2013
epd
Stefanie Walter

Es habe "gewisse Vorfälle mit seiner Freundin" gegeben, "Übergriffe", gesteht Sebastian Uhl (Name geändert) zögerlich ein. Ihm war klar: "Es muss etwas geschehen." Wochenlang nahm er am Anti-Gewalttraining "Täterarbeit" bei "pro familia" in Gießen teil. "Das ist jetzt ein halbes Jahr her, und es hat bisher niemand geschafft, mich zu provozieren", sagt Uhl stolz.

###mehr-links###Das Training bedeutete für ihn ein hartes Stück Arbeit. Jeden Mittwoch traf sich die Gruppe Männer, die alle gegenüber ihren Partnerinnen gewalttätig waren. "Einige sagten vorher: Ich habe meine Freundin ja nur ans Geländer gedrückt. Doch wir drehten als Gruppe die Tat weiter", erzählt Uhl. Im Rollenspiel kam heraus, wie gefährlich die Situation für die Frau war: "Wir waren uns vorher unserer eigenen Stärke nicht bewusst."

"Manche haben Tränen in den Augen."

Das Training geht an die Substanz, es arbeitet "gewaltzentriert und konfrontativ", wie es die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt formuliert.

###mehr-info### Als eindruckvollste Übung, sagt "pro familia"-Berater Wolfgang Schreiner-Weiß, müssten die Männer ein Bild ihrer Partnerin malen. Dort sollen sie einzeichnen, wo sie ihr wehgetan haben. "Vielen wird da erstmals klar, wie schlimm es für die Frau war. Manche haben Tränen in den Augen."

In Gießen läuft das Training seit 2012. Seither haben es 14 Männer absolviert, drei wurden während der Zeit in der Gruppe rückfällig und schlugen erneut zu. Wissenschaftlichen Auswertungen zufolge werden 50 bis 60 Prozent der Täter nicht rückfällig, wie Schreiner-Weiß erklärt. "Wir haben es engagierten Frauen zu verdanken, den Blick auf den Täter zu weiten." Das bedeute Opferschutz, "denn die Frauen gehen oft zu ihrem Partner zurück".

"Viele Frauen sagen: Ich will nicht den Mann loswerden, aber der soll sich ändern", sagt Katja Grieger vom Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) in Berlin. Deshalb müssten die Programme unbedingt bestimmte Standards einhalten. "Uns geht es um die Sicherheit der Frauen." Es könne nämlich sein, dass sich eine Frau in falscher Sicherheit wiegt, weil sie denkt: "Der macht ja was." Tatsächlich gehe der Mann aber vielleicht gar nicht zum Anti-Gewalt-Training. "Sie lässt dann ihre Selbstschutzmaßnahmen außer Kraft und ist gefährdeter als vorher." Deshalb sei es extrem wichtig, dass die Berater die Frauen über Vorkommnisse während der Gruppenstunden informieren.

Viele Frauen rufen nicht die Polizei

Inzwischen existieren bundesweit viele Programme. Auch in Hessen sei die Täterarbeit mittlerweile überall etabliert, wie Oberstaatsanwältin Ursula Gebert-Saltani von der Amtsanwaltschaft Frankfurt berichtet. Mehr als 20 Beratungsstellen, darunter viele von Diakonie und Caritas, bieten Täterarbeit an. 2012 registrierten die hessischen Behörden 7.600 Fälle häuslicher Gewalt. Doch viele Frauen rufen nicht die Polizei, wenn der Partner zuschlägt. Häusliche Gewalt sei noch immer ein Tabu-Thema, wie Grieger vom bff sagt. "Gewalt macht einsam." Daher sei es wichtig, das Thema ständig in der Öffentlichkeit zu halten, damit die Frauen erkennen: "Es geht anderen ja auch so."

###mehr-artikel### Dennoch ist die Anzeigebereitschaft der Frauen gestiegen, wie Gebert-Saltani beobachtet. Auch Nachbarn und Freundinnen alarmierten inzwischen häufiger die Polizei, wenn sie Schreie hören oder eine Frau mit blauem Auge sehen. Die Oberstaatsanwältin sieht eine große Sensibilität bei Justiz und Polizei. Hilfseinrichtungen seien gut vernetzt. Täterarbeit hält sie für sinnvoll. "Wir wissen, wo wir die Frauen und jetzt auch wo wir die Männer hinweisen können."

Sebastian Uhl hat gelernt, was er tun muss, wenn sich zu Hause Streit anbahnt. "Es gibt elf Möglichkeiten, aus der Eskalation auszusteigen." Darunter: Streit vertagen, Termin und Thema festlegen, Schuldzuweisungen seinlassen. Für schwierige Situationen hat er ein Ventil gefunden: Er geht Joggen oder zum Sport. "Und ich weiß, dass es das Training gibt. Das bedeutet ein Stück Sicherheit für mich."