"Glück ist, wenn ich glücklich bin", antwortete ein Sechsjähriger auf die Frage, was für ihn Glück sei. Zuerst klingt das wie schlicht verdoppelt und nach einer wenig aufschlussreichen Wiederholung. Auf den zweiten Blick ist es aber doch eine Antwort in die richtige Richtung. Denn der Junge sagte nicht "Glück ist, wenn ich Glück habe", sondern "…wenn ich glücklich bin". Denn Glück haben ist zwar schön, aber eben nicht machbar, weil einen ja der Zufall begünstigt. Doch zum glücklich sein kann man etwas tun.
Das haben sich wohl auch die ARD-Verantwortlichen gedacht, und deshalb die ARD-Themenwoche "Zum Glück" geplant. Morgen beginnt sie. Acht Tage lang werden ca. 500 Radio und Fernsehbeiträge zu diesem Motto gesendet. Und wenn Sie danach nicht glücklich sind, haben Sie entweder nicht eingeschaltet oder ihr Rundfunkbeitrag ist schlecht angelegt.
Werden diese vielen Sendungen uns also das Glücksrezept verraten? Ich fürchte: "Jein!" Denn schon jetzt stehen ca. 30 Interviews mit Prominenten und weniger Prominenten online. Und deren Tipps, von der Ex-Pornodarstellerin über viele Glücksforscher bis hin zur Lottofee, widersprechen sich teilweise, auch wenn sie sehr unterhaltsam zu lesen sind.
Das Glücks-Voting des Eckart von Hirschhausen
Und dann stößt man auf im Themenwochendossier auf Eckart von Hirschhausen. Er füllt mit seinem Glücksprogramm inzwischen große Hallen und ist auch Pate der ARD-Themenwoche. Am 22.11. wird seine Show "Zum Glück mit Hirschhausen" um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen sein. Im Vorfeld veranstaltet er ein Glücks-Voting. Er fragt alle, die mitmachen wollen, nach ihren persönlichen Glücksfaktoren. Sieben stehen zur Auswahl und man soll sie nach Wichtigkeit für einen selbst sortieren: Gutes tun, Musik, Familie, Freunde, Glaube, Humor und Geld.
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Da fehlt auf den ersten Blick vieles. Für mich zum z. B. Scooter fahren und Fotografieren, für andere Fußball usw. Aber bemerkenswert finde ich, dass Hirschhausen das Stichwort "Glaube" hier mit aufführt. Was hat denn der Glaube mit Glück zu tun?
Die Moderne verstand die Geschichte der Menschheit als eine Reise zum Glück. In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 heißt es in der Präambel: "Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freyheit und das Bestreben nach Glückseligkeit." Seit der Aufklärung hat man für diese Reise zum Glück zwei Rezepte entwickelt: Freiheit und Wohlstand. Und lange Zeit meinte man, wenn man für beides sorgt, stellt sich das Glück von selber ein. Aber weder Freiheit noch Wohlstand, noch beide zusammen machen per se glücklich. Freiheit will gestaltet werden und braucht Orientierung, sonst ist sie eher Last als Lust. Und mehr Konsum macht eben nicht glücklicher, Wohlstand ist noch lange nicht "Wohlleben", wie ein altes, inzwischen ausgestorbenes deutsches Wort für Glück heißt.
"Gott nahe zu sein, ist mein Glück!"
Hirschhausen führt die Freiheit schon gar nicht mehr auf, wahrscheinlich ist sie für ihn selbstverständlich. Bleiben immer noch die anderen Faktoren, neben Wohlstand (Geld): Gutes tun, Musik, Familie, Freunde, Glaube und Humor. Wie Ihre Gewichtung der Faktoren aussehen würde und welche Rolle ihnen bei anderen zukommt, können Sie ja während der Themenwoche überlegen und überprüfen. Mich interessiert jetzt der Faktor Glaube.
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Denn Hirschhausens Vermutung, dass der Glaube und das Glück zusammenhängen können, trifft sich mit dem christlichen Motto für das nächste Jahr. Die sogenannte Jahreslosung für 2014 kennt dieses Glücksrezept Glaube: Sie lautet "Gott nahe zu sein, ist mein Glück!" Das bekennt der Beter des 73. Psalms. Gott macht glücklich. Wirklich? Glück ist einem eigentlich als theologische und christliche Kategorie wenig vertraut. Und Luther hatte diesen Vers aus dem 73. Psalm auch ganz anders übersetzt. Da war von Glück keine Rede: "Aber das ist meine Freude, das ich mich zu Gott halte..." hatte Luther geschrieben. Die Übersetzung mit Glück findet sich "erst" in der ökumenischen Einheitsübersetzung. Sie ist aber nicht falsch. Im Gegenteil.
"Gott nahe zu sein, ist mein Glück!" Denken wir einen Moment nach. Das ist - etwas salopp ausgedrückt – eigentlich der Sinn von Weihnachten. Da kommt Gott uns Menschen nah und seine Engel verkünden den Hirten: "Friede auf Erden!" Auf Hebräisch wünschen die Engel "Schalom", und darin schwingen neben Friede auch die Bedeutungen "Heil" und "Glück" mit.
Glaube ist "Kompass-Glück"
Gott macht glücklich. Nehmen wir mal an, dass das stimmt. Wie macht er das dann? Sicher scheint mir: Glück durch Gottes Nähe zaubert kein Dauergrinsen ins Gesicht. Das hatte sich ja Nietzsche gewünscht und gefordert: Die Christen müssten erlöster aussehen, wenn an ihrem Erlöser was dran sein soll. Ganz falsch ist das freilich auch nicht, aber Gott zaubert kein Dauergrinsen ins Gesicht. Zu glauben heißt ja noch lange nicht schon am Ziel zu sein. In der Ewigkeit sind wir vielleicht so erlöst, dass man es uns immer ansieht. Hier im Alltag, da wirken Gott und der Glaube eher wie ein Kompass. Man weiß, wo Norden ist. Da verläuft man sich zwar auch öfters, findet aber doch wieder den Weg.
Wenn Glaube Glück ist, dann ist er für mich "Kompass-Glück". Das ist oberflächlich nicht immer sichtbar, aber es ist ein tiefes Glück - vor allem, wenn ich dank des Kompasses wieder die richtige Richtung und meinen Weg finde.
Und jetzt verrate ich Ihnen meine Glücksparameter bei Hirschhausen: Geld bildet das Schlusslicht, davor sind es von unten nach oben: Musik, Humor, Gutes tun, Glaube, Freunde und Familie. Aber Sie können Ihre Reihenfolge selbst erstellen. Und vielleicht sind Sie nach der nächsten Woche ja viel schlauer und glücklicher.
Schalom!