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TV-Tipp des Tages: "Kreutzer kommt ins Krankenhaus" (3sat)
TV-Tipp des Tages: "Kreutzer kommt ins Krankenhaus", 19. November, 20.15 Uhr auf 3sat
Einer Pharma-Vertreterin ist jedes Mittel recht, um Ärzte für eine Medikamentenstudie zu gewinnen. Damit gehört auch sie zum Kreis der Verdächtigen: Kreutzer sucht den Mörder einer Ärztin, die in der Tiefgarage vorsätzlich überfahren worden ist.

Wenn gleich mehrere Personen Katz’ und Maus miteinander spielen und sich dabei jeder für die Katze hält, gewinnt auf jeden Fall der Zuschauer; vorausgesetzt, das Drehbuch stammt vom vielfach ausgezeichneten Christian Jeltsch. Als sein Kommissar Kreutzer vor zwei Jahren zum ersten Mal auftrat, war der von Christoph Maria Herbst kongenial verkörperte Ermittler so schräg, dass er fast nicht zum Helden taugte. Im zweiten Film darf Kreutzer deutlich mehr Mensch sein, auch wenn er nach wie vor alles der Mördersuche unterordnet. Wenn’s der Wahrheitsfindung dient, lässt er sich sogar zum Quickie überreden. Ansonsten aber ist sich der Kommissar treu geblieben, denn im Grunde gibt es ihn gar nicht. Oder richtiger gesagt: Jeder Verdächtige erlebt ihn anders. Einzig seiner ebenso klugen wie einfühlsamen Assistentin Belinda (Rosalie Thomass) gestattet er gelegentlich einen Blick auf sein wahres Ich.

Eifersucht, Leidenschaft und Neid

Für Herbst muss Kreutzer die perfekte Ergänzung zu "Stromberg" sein, weil der Schauspieler hier sämtliche Facetten ausleben darf. Weil ein Patient dem Kreutzer auf den Mantel kotzt, darf er sich auch noch als Arzt ausgeben. Der Verkleidung verdankt er zudem das erotische Erlebnis: Einer Pharma-Vertreterin (Julia Dietz) ist jedes Mittel recht, um Ärzte für eine Medikamentenstudie zu gewinnen. Damit gehört auch sie zum Kreis der Verdächtigen: Kreutzer sucht den Mörder einer Ärztin, die in der Tiefgarage vorsätzlich überfahren worden ist. Unter den Medizinern (unter anderem Fahri Yardim und Torben Liebrecht) kreist der übliche Cocktail aus Eifersucht, Leidenschaft und Neid; jeder käme als Mörder in Frage. Faszinierendste Gegenspielerin des Kommissars ist jedoch Dr. Morée. Sie ist die einzige, die sich von den Methoden des  Ermittlers nicht einschüchtern lässt, und weil Christina Hecke die Dame mit angemessenem Format verkörpert, kommt es überdies zu einem reizvollen darstellerischen Kräftemessen. 

Natürlich erzählt auch Jeltsch im Grunde eine ganz gewöhnliche Krimi-Geschichte, aber die Handlung ist derart originell, einfallsreich, witzig und dank Richard Hubers Regie immer wieder so verblüffend verpackt, dass es kein anderer aktueller TV-Kommissar im deutschen Fernsehen mit Kreutzer aufnehmen kann. Einige Ideen sind grotesk und eklig (Schweinsaugen, die wie Murmeln über den Flur kullern), andere sind mindestens mysteriös, weil Kreutzer dank seines siebten Sinns hin und wieder Visionen hat; aber alle sind komisch umgesetzt. Großartig aufgelöst ist beispielsweise eine Szene, in der Kreutzer die deprimierende Darbietung einer als Klinikclown verkleideten Anästhesistin rettet. Herbst spielt das alles mit der gleichen Gelassenheit und ist sich auch für puren Slapstick nicht zu schade.

Als Kreutzer nach einem Schwinger einen Stiftzahn verliert, pfeift der Kommissar vorübergehend buchstäblich auf dem letzten Loch. Beiläufig erhascht man zudem immer wieder einen Blick auf skurrilste Notfälle. Und kaum ist man überzeugt, den Durchblick zu haben, wirft eine Nebenfigur, die noch schräger ist als der Ermittler, alle Erkenntnisse über den Haufen: Ernst Stötzner hat als rätselhafter Rollstuhlfahrer, der sich schließlich als Schutzengel entpuppt, großen Anteil daran, dass man sich seiner Sache in diesem wunderbaren Film nie sicher sein kann.