Foto: NDR/Morris Mac Matzen
Rahim Nagibulla (ehem. Dolmetscher der Bundeswehr in Afghanistan), Hans-Werner Fritz (Generalleutnant), Tanja Menz (Mutter eines in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten), Susanne Koelbl (Spiegel-Korrespondentin und Afghanistan-Expertin), Nadia Nashir (Vorsitzende "Afghanischer Frauenverein") mit Moderator Reinhold Beckmann
Beckmann: Was passiert mit Afghanistan?
Der größte Auslandseinsatz der Bundeswehr nähert sich nach zwölf Jahren seinem Ende. Reinhold Beckmann stellte in seiner Talkshow die Frage, was danach aus Afghanistan wird. Auch der Sinn der Mission wurde von Moderator und Gästen hinterfragt.

Die Vertreibung der Taliban, die Demokratisierung des Landes oder die Befreiung der Frau – hehre Ziele dienten als Rechtfertigung für den größten Auslandseinsatz der Bundeswehr. Doch es ging auch um Sicherheit, die – so hat der damalige SPD-Verteidigungsminister Peter Struck gesagt – am Hindukusch verteidigt werde. Nach zwölf Jahren plant die Bundesregierung nun den Rückzug aus Afghanistan. Anfang Oktober hat sie ein deutsches Lager in Kundus an die Armee des Landes übergeben.

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Reinhold Beckmann machte die Frage "Abzug vom Hindukusch – Was wird aus Afghanistan?" zum Thema seiner Sendung. Die Spiegel-Korrespondentin Susanne Koelbl bezweifelte in der Diskussion, dass sich die angespannte Situation im Land schnell auflösen wird. 2014 werde ein schwieriges Jahr, glaubt die Journalistin. Ein Großteil der internationalen Truppen werde das Land verlassen – gleichzeitig stehe eine neue Präsidentenwahl an. Anders als US-Präsident Obama glaubt sie zudem nicht, dass das Rückgrat der Extremisten gebrochen sei: "Man kann Kommandeure töten, aber die werden immer wieder durch neue ersetzt", ist sie sich sicher.

Verlassen die internationalen Gruppen also zu früh das Land? Hat sich dieser Einsatz überhaupt gelohnt? "Das kann ich heute nicht sagen", antwortete Tanja Menz. Ihr Sohn Konstantin, der als Soldat in Afghanistan stationiert war, starb mit 22 Jahren bei einem Attentat in Baghlan. Generalleutnant Hans-Werner Fritz, Befehlshabender des Einsatzführungskommandos der Bundesweher in Potsdam, zeigte sich hingegen davon überzeugt, dass das heutige Afghanistan ein besseres sei als das im Jahr 2001 – nicht zuletzt, weil internationale Truppen im Land waren. "Man muss nicht pessimistisch sein", sagte Fritz.

Traumata als Kriegsfolge

Zumindest die Frauen in den Großstädte hätten mehr Freiheiten gewonnen, sagte Koelbl. Allerdings ist sie auch davon überzeugt, dass das Gezerre um Afghanistan weiter gehe. Auch, wenn in die internationalen Truppen in Afghanistan oft kritisiert würden – noch mehr Angst habe man vor ihrem Weggang. "Die Afghanen haben von März bis Oktober 6000 Soldaten und Polizisten verloren. Die gleiche Anzahl von Toten gibt es auf der anderen Seite – das ist seit Jahren so." Man könne deshalb nur erahnen, wie blutig die Zukunft wird, sagte Koelbl. Auch die Entwicklungshelferin Nadia Nashir schilderteFolgen des Krieges in ihrem Heimatland. Er habe viele Menschen traumatisiert. Zahlreiche Kinder seien in der Folge psychisch gestört.

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Die Diskussion über Afghanistan umfasst so viele Aspekte, dass Beckmann gut daran tat, sich auf einzelne Punkte zu konzentrieren. Trotzdem vermittelte sich dem Zuschauer das Gefühl, wie schwierig, wie umfangreich die Debatte ist. Nicht zuletzt überzeugte die Sendung auch dank ihrer Gäste. Sie waren kompetent und bewahrten sich trotz konträrer Meinungen immer einen fairen Diskussionsstil.

Und auch, wenn niemand in der Runde mit Sicherheit sagen konnte, was aus Afghanistan wird – einig waren sich alle, dass es vor allem auf die Jugend des Landes ankomme. Ihr müsse man gute Bildungsangebote und Zukunftschancen bieten, dann sei eine Veränderung von innen heraus möglich. An die westlichen Länder appellierten die Gäste, auch mit dem Rückzug der Truppen die finanzielle und humanitäre Hilfe in Afghanistan nicht zu vergessen – dann habe der Wandel eine Chance.