Foto: epd-bild / Jens Schulze
So viel Kirchensteuer wie noch nie
Neue Synodenpräses Schwaetzer skizziert Aufgaben
Die Einnahmen der evangelischen Kirche sind durch die gute Konjunktur gestiegen. Dennoch müsse weiter vorsichtig gewirtschaftet werden, hieß es auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Düsseldorf. Die neue Präses des Kirchenparlaments, Irmgard Schwaetzer, nannte zentrale Themen ihrer Amtszeit bis 2015: Wichtig sei die Vorbereitung des 500. Reformationsjubiläums 2017. Zudem werbe sie für eine andere EU-Flüchtlingspolitik und wolle den Laien mehr Geltung verschaffen.
12.11.2013
epd/evangelisch.de/dpa

Mit rund 4,7 Milliarden Euro sei 2012 das bislang höchste Kirchensteueraufkommen erreicht worden, sagte EKD-Ratsmitglied Klaus Winterhoff bei der Einbringung des Haushalts 2014. Auch im laufenden Jahr seit mit einer Steigerung bei den Kirchensteuereinnahmen der 20 Landeskirchen zu rechnen. Das werde aber nicht so bleiben, unterstrich der Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen und verwies auf sinkende Mitgliederzahlen.

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"Müssen Vorsorge treffen"

Deshalb müsse Vorsorge getroffen werden, so Winterhoff: "Die nach uns kommen, sollen auch ohne Entsetzen im Gesicht den Haushaltsplan studieren können." Der EKD-Etat, der aus Umlagen und Zuweisungen der Landeskirchen finanziert wird, hat 2014 ein Volumen von rund 185 Millionen Euro. Im zu Ende gehenden Jahr wies der Haushalt einen Umfang von rund 187 Millionen Euro auf.

Die durch die Finanzaffäre im Bistum Limburg ausgelöste Debatte über Kirchenfinanzen nahm Winterhoff zum Anlass, den anderen Umgang mit Geld in der evangelischen Kirche herauszustellen: "Für eine synodal verfasste Kirche ist das alles nur schwer nachvollziehbar." Umso mehr müsse die evangelische Kirche auf Offenheit, Transparenz und Informationen setzen.

Politisch engagierte Kirche

Die am späten Sonntagabend zur neuen Synodenpräses gewählte frühere FDP-Politikerin Schwaetzer (71) kündigte an, sich für eine politisch engagierte Kirche einzusetzen, die in der Mitte der Gesellschaft steht. Zu den Anliegen gehöre eine völlig neu ausgerichtete Flüchtlingspolitik der EU. Wichtige Herausforderungen für die evangelische Kirche seien auch entwicklungspolitische Fragen und das kirchliche Arbeitsrecht. Ein "wirklicher Schatz", von dem die Gesellschaft auch in der Zukunft leben, seien die vielen ehrenamtlich engagierten Menschen, betonte die frühere Bauministerin. Allein in der evangelischen Kirche kämen fünf Ehrenamtliche auf einen Hauptamtlichen. Über eine Million Laien übernähmen bei den Protestanten wichtige Funktionen bis hin zu Führungsämtern.

Irmgard Schwaetzer

Schwaetzer war am Sonntagabend im dritten Wahlgang in das höchste Laienamt der evangelischen Kirche gewählt worden. Zuvor war der favorisierte frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) überraschend in zwei Anläufen gescheitert - ebenso wie die ehemalige Bremer Richterin Brigitte Boehme. Schwaetzer ist Nachfolgerin von Katrin Göring-Eckardt, die das Kirchenamt zugunsten ihrer politischen Arbeit als Grünen-Fraktionschefin im Bundestag aufgegeben hatte.

"Näher an die Menschen heranführen"

Die Initiative "Kirche von unten" kritisierte, von Schwaetzer seien kaum kirchen- und gesellschaftspolitische Positionen bekannt. "EKD-interne Harmonie war der Mehrheit der Synodalen offenbar wichtiger als eine starke Positionierung nach außen." Nach Einschätzung des scheidenden FDP-Chefs Philipp Rösler stellt sich die neue Präses der Herausforderung, "auf dem eingeschlagenen Weg voranzugehen, die evangelische Kirche näher an die Lebenswirklichkeit der Menschen heranzuführen".

Beckstein bleibt Vizepräses der EKD-Synode. Der CSU-Politiker äußerte sich im Radiosender Bayern2 wenig überrascht über seine vergebliche Kandidatur für das Präses-Amt: "Für die Spitze der EKD wäre es sehr ungewöhnlich gewesen, einen religiös Konservativen und politisch Konservativen an der Spitze zu haben", sagte er. "Die Farbenlehre der evangelischen Kirche ist an der Spitze, dass Rosarot bis Feuerrot vertreten ist und Pastellgrün bis Tiefgrün. Weiß-Blau oder Schwarz war bisher dort nicht vertreten."

###mehr-links###Inhaltliches Schwerpunktthema des zweiten Synodentags war die Überwindung des weltweiten Hungers. Das Treffen steht unter dem Leitwort "Es ist genug für alle da". Experten forderten mehr Anstrengungen. Nötig seien Investitionen in Infrastruktur sowie Aus- und Weiterbildung in armen Ländern, aber auch Anpassungen in der Landwirtschaft. Ein Referent erläuterte, weltweit hungerten 850 Millionen Menschen, vor allem in den Entwicklungsländern. Jeden Tag sterben demnach 4.000 Kinder an Hunger, obwohl eigentlich genug Nahrungsmittel da sind. Der Berliner Landesbischof Markus Dröge prangerte eine ungerechte Verteilung der Ressourcen und eine Abschottung Europas gegen Flüchtlingsströme an. "Wir spüren, da stimmt etwas nicht." Der katholische Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck rief die Kirchen zur ganzheitlichen Hilfe für die Armen auf. Handlungsprinzip müsse dabei die Einheit von Hilfe und Verkündigung sein.

Homosexuelles Paar mit Baby

Tagung seit Sonntag

Die Synodentagung hatte am Sonntag begonnen. In seinem Bericht an das Kirchenparlament verteidigte EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider die umstrittene Orientierungshilfe zu Ehe und Familie, die im Juni veröffentlicht war. In dem Papier hält die Kirche am Leitbild Ehe fest, drückt aber zugleich ihre Wertschätzung für andere Lebensformen wie Patchworkfamilien sowie gleichgeschlechtliche Verbindungen aus. Konservative Protestanten sowie Katholiken kritisieren eine vermeintliche Abwertung der klassischen Ehe von Mann und Frau.

Am Sonntag hatte es bei der Wahl zum Synodenvorsitz einen regelrechten Krimi gegeben. Schwaetzer wurde im dritten Durchgang gewählt. Zuvor hatten weder der ursprünglich favorisierte CSU-Politiker Günther Beckstein, stellvertretender Präses, noch die Bremer Juristin Brigitte Boehme eine Mehrheit im Kirchenparlament erhalten. Daraufhin zogen beide ihre Kandidatur zurück. Der Wahlvorgang hatte sich über Stunden hingezogen und für starke Irritationen gesorgt. Für Becksteins Niederlage wurde vor allem dessen kritiische Haltung zum EKD-Familienpapier verantwortlich gemacht.