Schwungvoller und selbstbewusster konnte der Start kaum sein. "Wir können lauter werden", sagte Katrin Göring-Eckardt im Mai 2009, unmittelbar nachdem sie an die Spitze der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden war. Ihre am Sonntag überraschend gewählte Nachfolgerin Irmgard Schwaetzer schlägt leisere Töne an. Sie wolle das Kirchenparlament "mit großer Würde und möglichst geschlossen" durch die nächsten anderthalb Jahre bis zum Ende der Wahlperiode 2015 führen.
Vier Jahre lang stand die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt der Synode vor und verhalf dem 126 Delegierte zählenden evangelischen Kirchenparlament zu ungewohntem Selbstbewusstsein. Die damalige Bundestagsvizepräsidentin stärkte die Synode nicht nur formal, indem sie vom Kirchenamt und dem Rat der EKD mehr Informationen und Beteiligung einforderte, sondern auch deutlich in der öffentlichen Wahrnehmung.
Göring-Eckardt als starke Repräsentantin
Insbesondere als die evangelische Kirche nach dem Rücktritt Margot Käßmanns vom Ratsvorsitz 2010 in schwieriges Fahrwasser geriet, wurde die Thüringerin Göring-Eckardt zu einer wichtigen Repräsentantin der fast 24 Millionen deutschen Protestanten. Käßmann-Nachfolger Nikolaus Schneider, weit mehr Moderator von Diskussionen in der Kirche als charismatische Führungsfigur nach außen, überließ der Synodenpräses mehrfach die große Bühne. So war es Göring-Eckardt, die im September 2011 beim Besuch von Papst Benedikt XVI. in Erfurt öffentlichkeitswirksam den protestantischen Wunsch nach einem baldigen gemeinsamen Abendmahl mit den Katholiken formulierte.
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Dass Göring-Eckardt an der Spitze der Synode nicht nur das Parlament mit Delegierten aus allen 20 Landeskirchen stärkte, sondern auch sich selbst als Politikerin profilierte, die christlichen Werten verpflichtet ist, war einigen Konservativen stets ein Dorn im Auge. Mit ihrem Wechsel an die Spitze der Grünen-Bundestagsfraktion legte die 47-Jährige vor einigen Wochen ihr EKD-Präsesamt nieder, was die Debatte um eine Verquickung von Parteipolitik mit kirchlichem Engagement beendete.
Stets kritisch sah das auch der ehemalige bayerische Minsterpräsident Günther Beckstein (CSU). Der damals bereits aus politischen Spitzenämtern ausgeschiedene CSU-Politiker unterlag Göring-Eckardt 2009 bei der Präseswahl und fungiert seither als Vizepräses. Am Sonntag bei der Synodaltagung in Düsseldorf bewarb er sich vergeblich um die Nachfolge. Doch obwohl Beckstein stets loyal im Synodenpräsidium mitgearbeitet hatte, ließen ihn die Delegieren durchfallen. Entnervt gab er nach zwei verlorenen Abstimmungsrunden gegen die bundesweit nahezu unbekannte Bremer Juristin Brigitte Boehme auf.
Kritiker des Kirchenamtes, Hardliner in Asylfragen
Erklärungsversuche für die Beckstein-Niederlage gab es viele: Mangelnde Übersicht bei der Leitung von Sitzungen, aber auch die aktuelle Kritik Becksteins an fehlender theologischer Schärfe in Papieren des Kirchenamtes wurden auf den Fluren des Tagungshotels genannt. Ganz wesentlich sicherlich: Sein Image als Hardliner in der Asylpolitik aus den Zeiten als bayerischer Innenminister hat Beckstein nie abgelegt. Und auch aktuell steht er Forderungen nach einer erleichterten Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland, die die evangelische Kirche vehement im politischen Raum vorträgt, eher skeptisch gegenüber.
"Für die Spitze der EKD wäre es sehr ungewöhnlich gewesen, einen religiös Konservativen und politisch Konservativen an der Spitze zu haben", sagte der 69 Jahre alte Beckstein am Morgen nach seiner Wahlniederlage in einem Radiointerview: "Die Farbenlehre der evangelischen Kirche ist an der Spitze, dass Rosarot bis Feuerrot vertreten ist und Pastellgrün bis Tiefgrün. Weiß-Blau oder Schwarz war bisher dort nicht vertreten."
Als neue Farbe kommt nun Gelb hinzu: Ohne Gegenkandidatin wurde die 71 Jahre alte ehemalige FDP-Bundesministerin Irmgard Schwaetzer am späten Sonntagabend an die Spitze der Synode gewählt. Beim ersten Pressegespräch entwarf sie das Bild für ihre Amtszeit: Die Kirche in der Mitte der Gesellschaft, gestützt auf ehrenamtliche Arbeit, öffentlich sichtbar, aber nicht aggressiv. Einen Akzent setzte sie aber doch. Mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 sagte sie: "Es fallen einem ganz viele Probleme ein, die noch zu lösen sind" - mit lauten oder mit leisen Tönen.