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TV-Tipp des Tages: "Revision" (Arte)
TV-Tipp des Tages: "Revision", 11. November, 23.20 Uhr auf Arte
Im Sommer 1992 sind zwei Rumänen beim nächtlichen Grenzübertritt von Polen nach Deutschland in Mecklenburg-Vorpommern erschossen worden; zwei Jäger hielten die Männer für Wildschweine. Es wurde ein Verfahren eingeleitet, das irgendwann mit Freisprüchen endete.

Vor drei Jahren hat Philip Scheffner mit seinem filmischen Essay "Der Tag des Spatzen" für den stilistisch wohl ungewöhnlichsten Dokumentarfilm seit langem gesorgt. Sowohl inhaltlich wie auch ästhetisch war die verspielt anmutende Suche nach der Grenze zwischen Frieden und Krieg eine gezielte Provokation. Für "Revision" gilt das nicht minder, und erneut ist Scheffner ein Werk von größer Relevanz gelungen: inhaltlich, weil er einen von der Öffentlichkeit weitgehend ignorierten Skandal aufgreift; stilistisch, weil sein Film zeigt, wie faszinierend es sein kann, anderen Menschen beim Zuhören zuzuschauen.

Gute Sichtverhältnisse

Gemeinsam mit Koautorin und Produzentin Merle Kröger rekonstruiert Scheffner ein Ereignis aus dem Jahr 1992: Im Sommer jenes Jahres sind zwei Rumänen beim nächtlichen Grenzübertritt von Polen nach Deutschland in Mecklenburg-Vorpommern erschossen worden; zwei Jäger hielten die Männer für Wildschweine. Es wurde ein Verfahren eingeleitet, das irgendwann mit Freisprüchen endete. Zwanzig Jahre später holt Scheffner nach, was die deutsche Gerichtsbarkeit damals unterlassen hat: Er stellt den Tathergang nach und kann belegen, dass die Sichtverhältnisse um vier Uhr an einem Junimorgen eigentlich zu gut sind, um Menschen von Wildschweinen unterscheiden zu können. Außerdem hat er die Familien der Opfer aufgesucht. Sie waren bis zu diesem Zeitpunkt weder über den Tathergang noch über den Prozess informiert. Ihre Entschädigungsansprüche sind längst verjährt.

Gerade die Szenen mit den Angehörigen sind naturgemäß sehr bewegend, aber was "Revision" auch handwerklich bemerkenswert macht, ist ein recht ungewöhnlicher Einfall: Scheffner hat allen seinen Informanten die Gelegenheit gegeben, sich ihre Ausführungen noch mal anzuhören, und sie dabei gefilmt. Man sieht die Zeugen nicht, wie sie ihre Aussage machen, sondern erst beim zweiten Schritt. Das ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, und ob die Methode wirklich der Wahrheitsfindung gedient hat, ist gleichfalls fraglich.

Aber es macht den Film durchaus interessant, denn im Grunde hat Scheffner außer den Aussagen bloß die Bilder von Windkraftanlagen zu bieten, die heute am damaligen Tatort stoisch vor sich hin rotieren. Die Energie, die "Revision" antreibt, ist jedoch ohnehin der Skandal, dass in Deutschland zwei Männer erschossen werden und sich im Grunde niemand dafür interessiert. Und doch sind sie bloß zwei von knapp 18.000: So viele Menschen sind seit 1988 entlang der europäischen Grenzen gestorben.