Es war ein starker Moment in der Runde von Reinhold Beckmann. Alle Gäste zückten unvermittelt ihre Organspendeausweise und präsentierten sie den Studiokameras. Alle – bis auf Ulrike Sommer.
Die Frau des DGB-Vorsitzenden hatte gerade vor sechs Wochen eine Niere von ihrem Mann gespendet bekommen. Trotzdem mag sie sich nach reiflicher Überlegung keinen Ausweis zulegen.
Angesichts sinkender Spenderzahlen – nicht zuletzt infolge der Skandale in deutschen Transplantationskliniken 2012 – fragte Beckmann Zuschauer und Gäste, wie man das Vertrauen der Menschen in die Organspende wieder herstellen könne. Offensichtlich wollte er selbst dazu beitragen: Nicht nur das Thema der Sendung "Organspender sind Lebensretter!", sondern auch die Zusammenstellung der Gäste wirkten wie eine bessere Werbeveranstaltung.
Einzelschicksale und praktische Fragen
Bruno Meiser ist Präsident der Organ-Vermittlungsstelle "Eurotransplant" und Leiter des Transplantationszentrums der Münchner LMU. Comedian Ralf Schmitz ist seit kurzem Testimonial in einem Organspendespot. Und natürlich gehören zu einer Beckmann-Runde die Einzelschicksale. Neben dem Ehepaar Sommer kam Mirjam Mosig, Mutter einer Vierjährigen, die bereits die erste Nierentransplantation hinter sich hat, sowie Sarah Gross, eine Studentin, die seit fünf Jahren mit einem Spenderherz lebt.
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Ganz im beckmann'schen Sinne wurde viel über persönliche Erfahrungen, über die Einzelschicksale, gesprochen. Doch auch viele praktische Fragen wurden diskutiert: Was hat es mit der Widerspruchsregelung auf sich, nach welchen Kriterien werden Organe an Spender verteilt und welche Optionen bietet der Spendeausweis? Michael Sommer erzählte, was alles passieren muss, bis man wirklich zum Lebendspender werden kann. Diese Teile der Sendung waren überaus informativ.
Natürlich ging es auch um die Frage, ob man sich einen Organspendeausweis zulegen sollte oder nicht. Einig waren sich alle, dass sich mehr Menschen Gedanken über diese Frage machen sollten – unabhängig davon, zu welchem Ergebnis sie dann kommen. "Nicht jeder muss Spender sein, aber jeder muss sich damit auseinandersetzen", sagte Schmitz. Und es fielen gute Argumente für eine Spende. Fast schienen sich alle einig, da fragte Beckmann Ulrike Sommer, was man tun könne, um die Spendebereitschaft zu erhöhen.
"Man muss sich mit der Sterblichkeit auseinandersetzen"
###mehr-links### "Sie fragen die Falsche", antwortete diese. Sie habe fest damit gerechnet, an ihrem Nierenleiden zu sterben. "Dass ich noch eine neue Frist bekommen habe ist ein Geschenk." Doch sie erinnerte daran, dass man sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen müsse. "Bei einem Kind ist das unerträglich, das muss möglichst ein Organ bekommen", schränkte sie ihre Haltung ein.
Glaubhaft erzählt sie, dass sie sich intensiv mit dem Thema Organspende beschäftigt und sich prinzipiell dagegen entschieden habe. Sie wollte weder Spenderin sein, noch wolle sie ein Organ von einem Toten empfangen. "Der muss erstmal sterben. Für mich ist es ein Problem, dass Menschen für tot erklärt werden, obwohl das Herz noch schlagen muss, um die Organe zu entnehmen", sagte Sommer. Nur die Niere von ihrem lebenden Mann habe sie akzeptieren können.
Dank Sommers Positionen wurde das Gespräch weitaus vielschichtiger, als man zu Beginn befürchten konnte. So mag sie für manchen Zuschauer ein Anlass gewesen sein, sich selbst noch einmal zu diesem Thema zu befragen. Und damit hat sie in jedem Fall einen wichtigen Dienst getan.