Gemälde von Josse Lieferinxe: Abraham und die drei Engel (um 1500)
Foto: akg-images/Josse Lieferinxe
"Abraham und die drei Engel" (um 1495/1500), Gemälde von Josse Lieferinxe. Rechts im Bild, kaum zu sehen: Die lauschende Sara hinter der Tür.
Bibelserie: "Der ist unerzogen, der an der Tür horcht"
Den Drang, sich durch die Überwachung der Konkurrenz eigene Vorteile zu verschaffen, verspüren die Menschen nicht erst seit es Internet und Bundeskanzlerinnenhandys gibt. Schon in biblischer Zeit wurde gelauscht und spioniert. Der einzige aber, der wirklich alles durchschaut, war und ist Gott.

Hinter der Tür des Zeltes

1. Mose 18,1-15
Mehr oder weniger unbeabsichtigt belauschte Sara ein Gespräch zwischen ihrem Mann und drei seltsamen Gästen. Die Fremden aßen draußen zusammen mit Abraham, während Sara im Zelt Brotteig knetete. Da sagte plötzlich einer von ihnen: "Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes." Sie hielt sich für viel zu alt, um noch schwanger zu werden. "Darum lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun ich alt bin, soll ich noch der Liebe pflegen?" Das hörte der Fremde und fragte Abraham, warum seine Frau lache, wo doch beim Herrn nichts unmöglich sei. Nun wurde der lauschenden Sara im Zelt doch mulmig zumute und sie log: "Ich habe nicht gelacht."
Zitat: "Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes."

 

Kundschafter

4. Mose 13,17ff
Mit voller Absicht dagegen sandte Mose Kundschafter aus, die sich im Land Kanaan umsehen und umhören sollten. So ziemlich jede Information über Land und Leute schien ihm wichtig, um entscheiden zu können, ob es sich lohnen würde, das Land einzunehmen. ###mehr-info### Deshalb befahl er den Kundschaftern: "Seht euch das Land an, wie es ist, und das Volk, das darin wohnt, ob’s stark oder schwach, wenig oder viel ist; und was es für ein Land ist, darin sie wohnen, ob’s gut oder schlecht ist; und was es für Städte sind, in denen sie wohnen, ob sie in Zeltdörfern oder festen Städten wohnen; und wie der Boden ist, ob fett oder mager, und ob Bäume da sind oder nicht."
Zitat: "Seht euch das Land an, wie es ist, und das Volk, das darin wohnt, ob’s stark oder schwach, wenig oder viel ist."

 

Falsche Anschuldigung 

1. Mose 42,6ff
Bei so offensiver Auskundschaftung ist es nicht verwunderlich, dass man Fremde selbst in Friedenszeiten der Spionage beschuldigen konnte. Josef war von seinen Brüdern nach Ägypten verkauft worden. Als er Jahre später bereits "Regent im Lande" Ägypten war, kamen seine Brüder zu ihm, um Getreide zu kaufen. Die Geschwister erkannten Josef nicht. Er aber erinnerte sich sofort daran, was sie ihm einst angetan hatten, und beschuldigte sie der Spionage. "Ihr seid Kundschafter und seid gekommen zu sehen, wo das Land offen ist", warf er ihnen vor und ließ sie für drei Tage gefangen nehmen.
Zitat: "Ihr seid Kundschafter und seid gekommen zu sehen, wo das Land offen ist."

 

Die Schwäche der Gegner

Richter 7,13f
Als die feindlichen Midianiter dem von Gideon angeführten Volk Israel gegenüberstanden, zögerte der noch mit einem Angriff. Bei Nacht aber riet ihm Gott: "Steh auf und geh hinab zum Lager; denn ich habe es in deine Hände gegeben." Gideon schlich sich in das Lager der Feinde und belauschte ein Gespräch. ###mehr-artikel### Zwei Midianiter unterhielten sich über einen Traum und waren sich sicher, der müsse bedeuten, dass sie gegen Gideon keine Chance hätten. "Als Gideon diesen Traum erzählen hörte und seine Auslegung, fiel er anbetend nieder und kam zurück ins Lager Israels" und rief seine Leute zusammen. Durch die heimlichen Zweifel der Gegner bestärkt, besiegte Gideon mit seinen Leuten die Midianiter.
Zitat: "Als Gideon diesen Traum erzählen hörte …, fiel er… nieder und kam zurück ins Lager Israels und sprach: Macht euch auf, denn der Herr hat das Lager der Midianiter in eure Hände gegeben!"

 

Falsche Brüder

Galater 2,4f
Auch Paulus berichtet davon, dass sich feindliche Kundschafter in seine Kreise eingeschlichen hatten, um auszuspionieren, was die neue christliche Sekte sich so an Freiheiten erlaubte. Im Galaterbrief schreibt er: "Denn es hatten sich einige falsche Brüder mit eingedrängt und neben eingeschlichen, um unsere Freiheit auszukundschaften, die wir in Christus Jesus haben, und uns zu knechten." Es ging dabei wohl um die Streitfrage, ob die Beschneidung auch für Christen erforderlich sei, die zuvor keine Juden gewesen waren. Paulus aber ließ sich von den Spionen der Gegner nicht beirren, die nach Schwachstellen suchten, um ihn angreifen zu können. Er blieb bei seiner Ansicht, dass man nicht zwangsläufig jüdische Vorschriften befolgen müsse, um Christ sein zu können.
Zitat: "Denn es hatten sich einige falsche Brüder mit eingedrängt und neben eingeschlichen, um unsere Freiheit auszukundschaften."

 

Ungezogen ist es, an der Tür zu horchen

Sirach 11,31; 21,24
Jesus Sirach warnt in seiner Weisheitsschrift mehrfach vor Spionage und Lauscherei. Denen, die die Spioniererei nicht lassen können, hält er vor: "Der ist unerzogen, der an der Tür horcht; für den Vernünftigen wäre es sogar eine große Schmach." Seinen Zeitgenossen, vielleicht auch heutigen Internetnutzern auf Facebookfreundesuche, gibt er zu bedenken: "Nimm nicht jeden bei dir auf; denn die Welt ist voller List und Verleumdung. Wer ein falsches Herz hat, ist wie ein Lockvogel und wie ein Kundschafter, der nach einer schwachen Stelle späht."
Zitat: "Der ist unerzogen, der an der Tür horcht."

 

Allwissend und allgegenwärtig

Psalm 139,1-12
"Du verstehst meine Gedanken von ferne. … es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du … nicht schon wüsstest." Nein, in diesem Psalm ist nicht die Rede von modernen Datensammel- und Abhörprogrammen.

Und auch wenn Google droht, unsere Fragen bald schon zu kennen, bevor wir sie stellen – allwissend und allgegenwärtig sind weder Facebook noch die NSA. Immerhin hat jeder die Freiheit, sich der Sammelwut seines Smartphones durch den Druck auf den Ausknopf zu entziehen. Gott dagegen kann man sich nicht entziehen. Das wusste schon ein Psalmbeter: "Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege", sagte er zu Gott. "Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. …Spräche ich: Finsternis möge mich decken … so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir." Allwissend und allgegenwärtig ist eben doch nur Gott.
Zitat: "Du verstehst meine Gedanken von ferne. … es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht schon wüsstest."