Der Limburger Bischof könne seinen Dienst "zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben", teilte der Vatikan am Mittwoch mit. Deshalb sei es angeraten, ihm eine Zeit außerhalb der Diözese zu gewähren. Über die Dauer der Abwesenheit wurde nichts mitgeteilt. In Medien war von zwei bis drei Monaten die Rede. Das unterfränkische Kloster Münsterschwarzach wies am Nachmittag Spekulationen zurück, Tebartz-van Elst werde die Auszeit dort verbringen.
Generalvikar erhält bischöfliche Befugnisse
Der bisherige Wiesbadener Stadtdekan Rösch, der als Vertrauter von Tebartz-van Elst gilt, sollte am 1. Januar 2014 als Nachfolger des ebenfalls umstrittenen Franz Kaspar Generalvikar werden. Die Ernennung wurde nun vorgezogen. Rösch werde "die Diözese Limburg während der Abwesenheit des Diözesanbischofs im Rahmen der mit diesem Amt verbundenen Befugnisse verwalten", heißt es in der Erklärung des Heiligen Stuhls. Über die kirchenrechtliche Dimension der vatikanischen Entscheidung herrschte zunächst Unklarheit.
Tebartz-van Elst steht seit Monaten in der öffentlichen Kritik. Ihm wird der enorme Anstieg der Kosten beim Bau des mindestens 31 Millionen Euro teuren Diözesanen Zentrums in Limburg zur Last gelegt. Anfangs waren die Kosten mit 2,5 Millionen Euro veranschlagt. Auch soll der Bischof falsche eidesstattliche Erklärungen zu einem First-class-Upgrade bei einem Indienflug abgegeben haben, weswegen die Staatsanwaltschaft Hamburg einen Strafbefehl beantragt hat. Das Hamburger Amtsgericht entscheidet demnächst darüber. Ein vorbestrafter Bischof dürfte kaum im Amt zu halten sein.
Von Gläubigen im Bistum wird dem seit Anfang 2008 amtierenden Tebartz-van Elst zudem ein autoritärer Führungsstil vorgehalten. Auch die Priester der Diözese sind zunehmend skeptisch. Im Limburger Priesterrat soll der Unmut über die Vorgänge groß sein. Der frühere Generalvikar Günther Geis erklärte jüngst, das Bistum brauche "einen neuen Anfang mit einem neuen Bischof". Geis hatte Tebartz-van Elst bereits Anfang September signalisiert, die Vertrauensbasis sei "irreparabel zerstört". Er wollte am Nachmittag eine Erklärung zur Situation im Bistum abgeben. Die Zahl der Kirchenaustritte in Limburg ist in den vergangenen Wochen sprunghaft angestiegen.
Kommission soll Vorwürfe klären
Die vatikanische Erklärung nimmt Bezug auf die von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzte Kommission, die die Finanzen des umstrittenen Diözesanen Zentrums in Limburg unter die Lupe nehmen soll. Das Gremium hatte am Freitag erstmals getagt. Die Auszeit für Tebartz-van Elst sei "in Erwartung der Ergebnisse besagter Prüfung und der damit verbundenen Vergewisserung über diesbezügliche Verantwortlichkeiten" angeraten, so der Heilige Stuhl. Sollte die Kommission zu einem für den Bischof negativen Ergebnis kommen, wird er kaum im Amt zu halten sein.
###mehr-artikel###Franziskus hatte am Montag mit Tebartz-van Elst gesprochen. Dieser war bereits eine gute Woche zuvor nach Rom gereist und hatte seither auf eine Audienz gewartet. Die Begegnung dauerte rund 20 Minuten und war damit kürzer als die im Vatikan üblichen Papstaudienzen. Über die Ergebnisse wurde zunächst Stillschweigen vereinbart. Tebartz-van Elst ließ lediglich erklären, er fühle sich "ermutigt". Am vergangenen Donnerstag hatte das katholische Kirchenoberhaupt zunächst den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, empfangen. Auch der Kölner Kardinal Joachim Meisner sprach mit dem Papst über den Fall Limburg.
Rückkehr unwahrscheinlich
Das Bistum Limburg rechnet unterdessen nicht mehr mit einer Rückkehr des Bischofs. "In der Mitteilung des Vatikans steht nicht, dass die Zeit seiner Abwesenheit vorübergehend sein wird", sagte Domdekan Günther Geis. "Dort steht auch nicht, dass sie endet." Die durch das Verhalten des Bischofs entstandene Vertrauenskrise sei nur "schwer zu beheben". Man wisse nicht, wo Tebartz-van Elst seine Auszeit verbringen werde.
Dem mit sofortiger Wirkung ernannten Generalvikar Rösch sagte Geis die "volle Unterstützung" zu. Rösch könne auf das "vertrauensvolle Miteinander" aller synodalen Gremien bauen. Vordringlich sei nun, alle Umgereimtheiten im Zusammenhang mit den umstrittenen Neubauten des bischöflichen Stuhls "aufzuklären und offenzulegen". Im Bistum wisse man um "die tiefe Verunsicherung und Verletzung" vieler Gläubiger, ergänzte der Domdekan. Dies müsse nun "geistlich aufgearbeitet werden".
Zollitsch zeigte sich am Mittwoch zufrieden mit der päpstlichen Entscheidung. Damit werde "ein Raum eröffnet, um in dieser Situation zur inneren Ruhe zurückzufinden und eine neue Gesprächsbasis zu schaffen", heißt es in einer in Bonn verbreiteten Erklärung. Die Prüfungskommission werde ihre Arbeit "zügig und sorgfältig" fortsetzen, um Kosten, Finanzierung und Entscheidungswege rund um die Bauprojekte auf dem Limburger Domberg zu klären, so Zollitsch weiter.
Auch der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller begrüßte die Entscheidung durch Franziskus. "Hätte er den Bischof direkt zum Amtsverzicht gezwungen oder des Amtes enthoben, wäre das einer Vorverurteilung gleichgekommen", sagte er. Der Papst habe die Zügel in die Hand genommen. "De facto ist er jetzt Bischof von Limburg", sagte Schüller. Eine Rückkehr von Tebartz-van Elst ins Bistum halte er für ausgeschlossen.
"Zeichen der Barmherzigkeit"
Mit großer Gelassenheit reagierte die katholische Laienbewegung "Wir sind Kirche" auf die Entscheidung. Es entspreche guter Rechtspraxis, dass Papst Franziskus vor einem endgültigen Votum zunächst die Erkenntnisse der Untersuchungskommission abwarten möchte, so "Wir sind Kirche"-Sprecher Christian Weisner. Für Tebartz-van Elst sei die Entscheidung auch ein Zeichen großer Barmherzigkeit des Papstes. Die Laienbewegung betonte aber erneut, Tebartz-van Elst könne nach ihrer Auffassung nirgendwo mehr das Bischofsamt ausüben. Dazu sei der von ihm zu verantwortende Vertrauensverlust zu groß.
Auch die Präsidentin der Limburger Diözesanversammlung, Ingeborg Schillai, verwies auf den eingetretenen Vertrauensverlust im Bistum. "Als ich hörte, was entschieden wurde, habe ich allerdings auch kurz den Kopf geschüttelt." Sie könne sich nach wie vor nicht vorstellen, dass Tebartz-van Elst sein Amt in Limburg noch ausüben könne. "Das Vertrauen ist und es bleibt zerstört." Schillais Versammlung vertritt die rund 650.000 Katholiken im Bistum.
In der Diskussion um Tebartz-van Elst war in jüngster Zeit auch die Rolle der Medien kritisch hinterfragt worden. Kritiker sprachen von einer "Hetzjagd" auf den Geistlichen, insbesondere, weil die Medien immer wieder auf die extravaganten Wünsche von Tebartz-van Elst beim Bau der Bischofswohnung innerhalb des Diözesanen Zentrums verwiesen. Zum Symbol dafür ist eine angeblich 15.000 Euro teure, freistehende Badewanne geworden.
mit Material von epd und dpa
Die Erklärung des Vatikan im Wortlaut:
Der Heilige Vater ist über die Lage in der Diözese Limburg zu jedem Zeitpunkt umfassend und objektiv informiert worden.
In der Diözese ist es zu einer Situation gekommen, in welcher der Bischof, S[eine] E[xzellenz] Mons[ignore] Franz-Peter Tebartz-van Elst, seinen bischöflichen Dienst zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben kann.
Nach dem "brüderlichen Besuch" von S[einer] Em[inenz] Giovanni Kardinal Lajolo im vergangenen September hat die Deutsche Bischofskonferenz, gemäβ einer Vereinbarung zwischen dem Bischof und dem Limburger Domkapitel, eine Kommission eingesetzt, um eine eingehende Prüfung im Hinblick auf den Bau des Bischofssitzes vorzunehmen. In Erwartung der Ergebnisse besagter Prüfung und der damit verbundenen Vergewisserung über diesbezügliche Verantwortlichkeiten hält der Heilige Stuhl es für angeraten, S[eine] E[xzellenz] Mons[ignore] Franz-Peter Tebartz-van Elst eine Zeit auβerhalb der Diözese zu gewähren.
Auf Entscheidung des Heiligen Stuhls tritt die durch den Bischof von Limburg zum 1. Januar 2014 ausgesprochene Ernennung des Hw. Herrn Stadtdekan Wolfgang Rösch zum Generalvikar bereits mit dem heutigen Tag in Kraft. Der H[och]w[ürdige] Herrn Generalvikar Rösch wird die Diözese Limburg während der Abwesenheit des Diözesanbischofs im Rahmen der mit diesem Amt verbundenen Befugnisse verwalten.
Aus dem Vatikan, 23. Oktober 2013