Foto: dpa/Fredrik von Erichsen
Wolkenverhangener Himmel über dem Limburger Domberg. Links die Kathedrale, rechts das "Diözesane Zentrum Sankt Nikolaus" mit dem markanten schwarzen Dach der Bischofskapelle.
Fall Tebartz-van Elst: Der Himmel zu und viele Fragen offen
Papst entscheidet über Zukunft des Limburger Bischofs
Die Affäre um den bauwütigen katholischen Limburger Bischof Tebartz-van Elst spitzt sich zu. Der Geistliche ist am Wochenende nach Rom gereist, wo Papst Franziskus über sein Schicksal entscheiden soll. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Fall zusammengestellt.

Was wird dem Bischof vorgeworfen?

Tebartz-van Elst ist wegen zweier verschiedener Dinge in die Kritik geraten. Zum einen geht es um einen Erster-Klasse-Flug nach Indien, den der Bischof im Januar 2012 gemeinsam mit seinem Generalvikar Franz Kaspar unternahm, um Slums zu besuchen. Von Journalisten auf die teure Reise angesprochen, wies Tebartz-van Elst die Vorwürfe zurück und beharrte darauf, "nur" Business Class geflogen zu sein. Hinterher bestritt er per eidesstattlicher Erklärung diese Aussage. Allerdings gibt es ein Tondokument davon. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat deswegen einen Strafbefehl wegen Falschaussage an Eides Statt beantragt.

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Warum ist Tebartz-van Elst auch als Bauherr in die Kritik geraten?

Auf dem Limburger Domberg ist in den vergangenen Jahren das "Diözesane Zentrum Sankt Nikolaus" entstanden. Das Bauprojekt, zu dem auch eine Unterkunft für Ordensschwestern, mehrere Veranstaltungsräume sowie die bischöfliche Wohnung samt Garten und eigener Kapelle gehören, wurde schon vor Amtsantritt des gegenwärtigen Bischofs geplant. Allerdings erhöhten sich die Kosten von anfangs 5,5 Millionen auf mindestens 31 Millionen Euro. Tebartz-van Elst wird zum einen vorgeworfen, für teure Sonderwünsche verantwortlich zu sein. Zum anderen soll er die exorbitante Kostensteigerung jahrelang verschwiegen haben.

Wer bezahlt die anfallenden Mehrkosten?

Der größte Anteil jener mindestens 31 Millionen Euro wird durch den sogenannten Bischöflichen Stuhl übernommen, also nicht aus Kirchensteuereinnahmen. Der Bischöfliche Stuhl ist nach Angaben der Diözese Limburg eine eigene Körperschaft des öffentlichen Rechts. Diese ist mit Geldern ausgestattet, das die katholischen Bistümer als Entschädigung für die Enteignungen Anfang des 19. Jahrhunderts erhielten. Die Gelder dürfen nur für pastorale Aufgaben, die Bereitstellung von Wohn- und Arbeitsräumen für den Bischof sowie für den Unterhalt von Immobilien verwendet werden. Das Finanzvolumen des Bischöflichen Stuhls in Limburg beträgt dem Vernehmen nach über 90 Millionen Euro.

Kann der Bischof allein über die Gelder verfügen, oder blickt noch ein anderer auf die Rechnungen?

Die Kontrolle der vom Bischöflichen Stuhl getätigten Finanzaktionen liegt bei einem Aufsichtsgremium, dem sogenannten Vermögensverwaltungsrat. In Limburg gehören diesem drei Persönlichkeiten an: der ehemalige CDU-Politiker Jochen Riebel, der Geschäftsführer der Kölner Josefs-Gesellschaft, Theodor-Michael Lucas, sowie der Bochumer Wirtschaftsprüfer Carl Leuschner. Das Gremium überwacht die Verwaltung sowie die ordnungsgemäße Verwendung der Gelder. Allerdings lag dem Vermögensverwaltungsrat in den vergangenen Jahren kein Haushalt zur Prüfung vor. Riebel äußerte jüngst, man sei vom Bischof "hinters Licht geführt" worden.

Im Kreuzfeuer: Limburgs Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Hat auch die evangelische Kirche so hohe Geldreserven?

Die evangelische Kirche in Deutschland war seit ihren Anfängen anders organisiert. Sie bildeten keine eigenen Territorien wie die Herrschaftsgebiete der katholischen Fürstbischöfe, deshalb wurden sie Anfang des 19. Jahrhunderts auch weder enteignet noch entschädigt. Rechtsfiguren wie "Bischöfliche Stühle" gab es im Protestantismus nie. Grundsätzlich unterliegt die Kontrolle kirchlicher Finanzen in der evangelischen Kirche nicht nur den Kirchenleitungen, sondern auch den Synoden, den Kirchenparlamenten.

Hat sich Bischof Tebartz-van Elst in strafrechtlichem Sinne etwas zuschulden kommen lassen?

Eine Falschaussage an Eides Statt, die der Bischof im Zusammenhang mit dem Indienflug eigentlich ohne Not abgegeben hat, wird Gefängnis bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet. Ob Tebartz-van Elst tatsächlich durch das Amtsgericht Hamburg verurteilt wird, ist offen. Ab einer Strafe von 90 Tagessätzen gilt er als vorbestraft; dann dürfte er kaum im Amt zu halten sein. An Kirchenobere werden besondere moralische Maßstäbe angesetzt. In der Finanzgeschichte hat sich Tebartz-van Elst wohl nicht strafbar gemacht, allenfalls auf moralischem Feld. Ob ein Bischof eine freistehende Badewanne für 15.000 Euro oder Designer-Einbauschränke für mehrere 100.000 Euro benötigt, steht dahin.

Was macht Tebartz-van Elst jetzt in Rom?

Der scheinbar recht spontan geplante Besuch von Bischof Tebartz-van Elst im Vatikan dient wohl dem Zweck, die Kontrolle über sein eigenes Schicksal nicht ganz aus den Händen zu verlieren. Zudem lotet er seinen Rückhalt in der Kurie aus und will nicht zuletzt dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zuvorkommen. Dieser hält sich gegenwärtig ebenfalls in Rom auf und will mit Papst Franziskus über den Fall Limburg sprechen. Wann die beiden Geistlichen Termine beim Papst bekommen, steht noch nicht fest.

###mehr-links###Ist mit einer baldigen Entscheidung zu rechnen?

Ein Sprecher des Bistums Limburg erklärte am Wochenende, Tebartz-van Elst wolle in Rom die Situation seiner Diözese darstellen. "Daraus wird eine Entscheidung entstehen." Wann sie fällt, ist aber völlig ungewiss. Möglicherweise warten die Verantwortlichen die Entscheidung des Hamburger Amtsgerichts ab. Auch die Prüfung der Limburger Baufinanzen durch eine eigens berufene Kommission der Deutschen Bischofskonferenz steht noch aus. Die Fachleute wollen sich in dieser Woche zum ersten Mal treffen.

Kann ein Bischof entlassen werden?

Ein Bischof kann nicht von sich aus zurücktreten, sondern braucht die Zustimmung des Papstes. Ein freiwilliger Verzicht ist die mildeste Form, wie ein Würdenträger sein Amt verlieren kann. Erst im August hatte Franziskus den Rücktritt zweier slowenischer Erzbischöfe angenommen. Wenn sich der Amtsinhaber trotz offenkundiger Verfehlungen weigert zu gehen, kann er abgesetzt oder amtsenthoben werden. Die Absetzung ist eine schwere Strafe und kommt so gut wie nie vor. Eine Amtsenthebung kommt gelegentlich vor, etwa wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten oder wenn ein Bischof abweichende Glaubensinhalte vertritt. Näheres zur Frage der Bischofsentlassung finden Sie hier.

Würde der Papst ein Rücktrittsangebot des Bischofs annehmen?

Das gilt als wahrscheinlich. Papst Franziskus hat seit seinem Amtsantritt die Würdenträger der Kirche immer wieder zu mehr Bescheidenheit aufgerufen und für eine Kirche an der Seite der Armen gepredigt. Die Hirten müssten den "Geruch der Schafe" annehmen, sagte er unter anderem. Allerdings dürfte der Limburger Bischof von sich aus kein Rücktrittsangebot unterbreiten. Er hat die Unterstützung des mächtigen Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller. Dieser bezeichnet die Vorwürfe als "Erfindung von Journalisten" und eine "Medienkampagne".

Welche berufliche Perspektive hätte Tebartz-van Elst, falls er sein Limburger Amt verliert?

Darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht spielt die Frage bei den gegenwärtigen Gesprächen im Vatikan bereits eine Rolle. Gut möglich, dass dem Bischof ein Posten in der Kurie angeboten wird, etwa als Sekretär einer Kongregation oder eines päpstlichen Rates. Dass er als Bischof in ein anderes deutsches Bistum versetzt wird, gilt als ausgeschlossen, ebenso dass er als einfacher Priester im Bistum  Limburg verbleibt. Eher dürfte Tebartz-van Elst versuchen, an seine Universitätskarriere als Professor für Pastoraltheologie und Liturgiewissenschaft anzuknüpfen.