Luzern, die Kulturstadt am Vierwaldstättersee, ist ein weltweiter Touristen-Hotspot. Unter die vielen Gäste aus Asien mischen sich in jüngster Zeit immer mehr Menschen, die aus Städten wie Riad, Dubai oder Doha kommen. Es sind wohlhabende arabische Familien, die über die berühmte Kappellenbrücke schlendern. Arabische Männer in weitgeschnittenen, hellen Hosen, begleitet von ihren meist verschleierten Frauen. In den teuren Boutiquen und Juweliergeschäften hier werden sie fündig. Zurück in den Hotels, wartet ein eigens auf sie abgestimmter Service auf sie. Etliche Luxusherbergen in Luzern bereiten Speisen "halal", nach islamischen Speisevorschriften, zu.
So auch das Hotel Palace in Luzern. Dort gibt es nicht nur Humus, Couscous und Falafel, sondern sogar Gebetsteppiche zum Ausleihen. Das hat neben professioneller Gastfreundlichkeit auch einen wirtschaftlichen Grund: Die Gäste aus ölreichen arabischen Ländern sind für den Tourismus finanziell hoch lukrativ.
Früh erkannt hat das auch der Winterurlaubsort Gstaad/Saas Fee im Berner Oberland. Bereits seit vielen Jahren gehören hier betuchte Touristen aus den Golfstaaten zu den Stammgästen. Hotels vermieten oft ganze Etagen an große Clans. Als Vorreiter des Halal-Tourismus bieten einige Hotels in Gstaad auch religiöse TV-Programme an, sogar Gebetszeiten werden angekündigt.
Hoteliers gegen das Vermummungsverbot
Das einige Concierges in Schweizer Hotels dieser Tage zu muslimischen Gästen noch eine Spur zuvorkommender sind, hat mit der aktuellen Debatte über ein landesweites Burka-Verbot zu tun. Ausgelöst wurde sie nach dem Ja der Stimmbürger im Tessin zu einem Vermummungsverbot.
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Nach der Anti-Minarett-Initiative 2009 machte die Schweiz damit erneut mit einer islamkritischen Aktion international Schlagzeilen. Ein landesweites Burka-Verbot würde dem Schweizer Tourismus schaden, betonen nun jedoch immer mehr Hoteliers.
Dies unterstreicht auch Hotelleriesuisse-Präsident Guglielmo L. Brentel. "Ein Burka-Verbot würde vor allem Touristen betreffen", sagte er im Interview mit der "Südostschweiz". Schützenhilfe erhalten Hoteliers auch von Amnesty International und kirchlicher Seite. Iras Cotis etwa, die Interreligiöse Arbeitsgemeinschaft der Schweiz, kritisiert das Tessiner Ja zum "Burka-Verbot". Bei den islamischen Organisationen ist die Enttäuschung in diesen Tagen sowieso groß.
Das 4-Sterne Superior Swissôtel Zürich könnte nur schwer auf arabische Gäste verzichten. Die Luxusherberge steht auf einer Liste von Zürcher Hotels wie das Beaur au Lac, das Park Hyatt Zürich oder das Radisson Blu Hotel am Flughafen Kloten, die eine ganze Palette an Dienstleistungen für arabische Gäste anbieten. Zusammengefasst sind sie in einer kleinen Broschüre für Gäste aus den Golf Staaten, die von Zürich Tourismus herausgegeben wurde und in vielen Orten aufliegt.
Kompass nach Mekka, Fruchtsäfte statt Cocktails
Im 4-Sterne Superior Swissôtel Zürich gehören arabische Gäste zum täglichen Bild, gerade bei Groß-Events wie dem soeben zu Ende gegangenen "Zürich Film Festival". Die Mitarbeiter sind auf sie eingestellt und können den Weg zu umliegenden Moscheen weisen oder geben auf Anfrage Tipps für libanesische, marokkanische und tunesische Restaurants weiter.
Eva-Maria Lindner von der Hotel-Kommunikation sagt: "Um eine optimale Betreuung zu gewährleisten, ermöglichen wir es muslimischen Gästen zum Beispiel, ihre Fastenzeit auch in den Ferien problemlos einzuhalten." Ganz oben auf der Prioritätenliste steht deshalb die Verpflegung der arabischen Gäste. Halal-Speisen werden auf Anfrage bei der Reservierung vorbereitet. Die Küche des Swissôtel bleibt daher länger als üblich offen, um sich an die Essenszeiten der arabischen Gäste anzupassen.
Manche Gäste wünschen geschächtetes Fleisch, andere wünschen Fruchtsäfte statt Cocktails. Auf Anfrage können Räume für gemeinsame Gebete genutzt werden, Gebetsteppiche und Kompasse zur genauen Ausrichtung nach Mekka gibt's auch im Hotel. In den Gästezimmern stehen arabische Fernsehsender und arabische Zeitungen zur Verfügung.
Verstärkte Weiterbildung für die Mitarbeiter
Während trotz Burka-Debatte und Minarett-Verbot immer mehr arabische Gäste in das Alpenland strömen, steigen auch die Herausforderungen an Hotelmitarbeiter. Sie müssen sich mit der Lebensweise dieser Klientel vertraut machen. Hotels investieren daher verstärkt in die interkulturelle Weiterbildung ihres Personals. So werden die Mitarbeiter des Swissôtel Zürich von muslimischen Mitarbeitern in Schulungen in ihren eigenen Räumen weitergebildet.
Sie erlernen dabei den "Muslim-Knigge". Dazu gehört unter anderem, dass man dem andern Geschlecht nicht lange in die Augen sehen darf, dass ein Kuss eines Mannes auf die Wange eines anderen eine Freundschaftsgeste bedeutet und es als rücksichtsvoll gilt, während des Ramadans vor arabischen Gästen weder zu rauchen noch Alkohol zu trinken.
Schweizer Touristiker lassen sich für Gäste aus arabischen Ländern immer Neues einfallen. Sie schaffen mit interkulturellen Events außerdem Möglichkeiten des geselligen Zusammenseins, die nicht nur auf die arabischen Gäste beschränkt sind. Die Hoteliers glauben: Nicht nur im religiösen, sondern auch im touristischen Kontext können beide Kulturen voneinander lernen. Dem Tessiner Burka-Verbot zum Trotz.