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Kritik an Arbeitsbedingungen bei Foxconn in Tschechien
In Tschechien steht der Elektronikkonzern Foxconn am Pranger. 12-Stunden-Schichten und niedrige Löhne für ausländische Arbeiter, so die Vorwürfe. Menschenrechtler kritisieren: Im ganzen Land leben und arbeiten Ausländer in miserablen Verhältnissen.
12.10.2013
epd
Kilian Kirchgeßner

Das Areal ist gewaltig: Wie eine Stadt in der Stadt erheben sich die Industriehallen am Rande von Pardubice, eine Stunde östlich von Prag. Siebenstöckig ist das Verwaltungsgebäude, oben prangt dort der Schriftzug der Firma: Foxconn. In Tschechien hat der chinesische Elektronikkonzern sein einziges europäisches Werk. Die Fabrik gleicht einer Hochsicherheitszone: Zutritt zu den Hallen bekommen Besucher nur höchst selten, die Arbeiter müssen wegen der wertvollen Materialien regelmäßig durch Sicherheitsschleusen.

"Das meiste sind klassische Fließbandarbeitsplätze", schildert Tomas Formanek, Betriebsratschef von Foxconn in Tschechien: "Einer steckt die Kabel zusammen, ein zweiter baut Prozessor und Arbeitsspeicher ein, ein dritter verschraubt Festplatte und CD-Rom." Ganze Computer entstehen hier, Router, Schalter oder Tintenpatronen für Drucker.

Foxconn achtet in Europa auf sein Image

Es ist diese riesige Fabrik, die in den vergangenen Wochen nach einem Bericht der Computerzeitschrift "c't" in die Schlagzeilen gekommen ist: Die Arbeitsbedingungen seien ausgesprochen hart, die Schichten lang, die Löhne hingegen sehr niedrig - insbesondere für ausländische Mitarbeiter. Die Firma, bekannt vor allem als Hersteller von Apple-Geräten, ist bereits in ihrem Heimatland China in Misskredit geraten, nachdem mehrere Arbeiter Suizid begangen haben.

Tomas Formanek, Betriebsratschef des Elektronikkonzerns Foxconn in Pardubice, Tschechien

Foxconn halte in Tschechien alle geltenden Gesetze und EU-Regeln ein, entgegnet Unternehmenssprecher Petr Solil: "Bei Foxconn finden regelmäßig Kontrollen der Arbeitssicherheit statt, bei denen in den vergangenen Wochen keinerlei Fehlverhalten vonseiten der Firma festgestellt worden ist. Im Jahr 2013 wurden wir 26 Mal kontrolliert, jedes Mal ohne Beanstandungen."

Tatsächlich bestätigen auch Menschenrechtsaktivisten, dass sich die Bedingungen bei Foxconn in den vergangenen Jahren verbessert hätten - die Firma achte gerade in Europa stärker auf ihr Image. Das Problem, für das der Fall steht, reicht weit hinein in die Politik: Es geht um die Arbeits- und Lebensbedingungen von Ausländern in Tschechien, die so hart sind, dass Migranten nach Ansicht von Menschenrechtlern leicht erpressbar werden.

Gastarbeiter ohne Vertrag

Katerina Kotrla kennt die Lage gut: Sie arbeitet in Pardubice bei der Beratungsstelle "Most Pro", die sich an Ausländer richtet. "Wer 60 Tage ohne Arbeit ist", sagt Kotrla, "der verliert damit automatisch seine Aufenthaltsgenehmigung." Der Druck, unter allen Umständen seinen Job zu behalten, sei dadurch gewaltig. "Viele Foxconn-Mitarbeiter beschweren sich, dass die Arbeitsvorgaben gewaltig erhöht worden sind. Die Leute kommen nach zwölf Stunden nach Hause und können sich nur noch hinlegen."

Katerina Kotrla arbeitet in Pardubice, Tschechien, bei der Beratungsstelle "MOST PRO", die sich an Ausländer richtet die in Tschechien arbeiten (Foto vom 03.10.2013).

In ganz Tschechien gibt es Ausländer, die in miserablen Verhältnissen arbeiten. Vietnamesen, Mongolen und Ukrainer bilden traditionell starke Minderheiten. In jüngerer Zeit kommen auch viele Bulgaren und Rumänen hinzu. Vor allem die gute wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre sei ein großer Anreiz für viele Zuwanderer, sagt Pavel Duba vom nichtstaatlichen "Verband für Integration und Migration" in Prag.

"Die leben natürlich nicht alle unter prekären Bedingungen", sagt er. Aber einige 10.000 Menschen seien wirklich schlecht gestellt, vor allem in der Gastronomie und auf Baustellen. Pavel Duba kennt reihenweise Fälle, in denen Migranten schamlos ausgenutzt würden: "Da kommt der Bauunternehmer unter Zeitdruck und verordnet seinen Leuten doppelte Schichten, also 16 Stunden pro Tag. Die schaffen das, stellen die Baustelle doch noch rechtzeitig fertig - und sehen dann kein Geld, weil sie ja schließlich keinen Vertrag hätten."

Vermietung von Produktionsstrecken an Subunternehmer

Bei Foxconn in Pardubice ist es nach Einschätzung von Branchenkennern ein ausgeklügeltes System, das die Arbeiter unter Druck setzt: Die Firma vermietet ganze Produktionsstraßen in der Fabrik an Subunternehmer - und was die mit ihren Mitarbeitern machen, unterliegt nicht den offiziellen Regeln von Foxconn. Betriebsratschef Tomas Formanek: "Das Material stammt von Foxconn, man arbeitet in den Hallen von Foxconn, aber um die Mitarbeiter und die ganzen Verträge kümmert sich der externe Zulieferer. Im letzten Jahr kam eine Kontrolle, bei der es hieß, dass diese Praxis an der Grenze des Gesetzes sei - das heißt aber eben, es ist gerade noch so in Ordnung."

Offiziell sind insgesamt 3.700 Mitarbeiter bei Foxconn in Tschechien beschäftigt. Noch einmal mehr als 1.000 Mitarbeiter sollen bei Subunternehmern angestellt sein, darunter besonders viele Ausländer. Sie bekommen nach Angaben der Kritiker für ihre harten Zwölf-Stunden-Schichten in den meisten Fällen den gesetzlichen Mindestlohn - etwa 350 Euro monatlich.

Um die Lage der ausländischen Arbeiter in Tschechien zu verbessern, müssen bessere Gesetze her, fordert Pavel Duba. "Wir haben ein Ausländergesetz mit 200 Paragrafen", sagt er, "wir brauchen statt dessen klare, verständliche und durchsetzbare Bedingungen."