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Die Scheidung muss im Erzbistum Freiburg kein Grund mehr sein, nicht mehr am katholischen Kirchenleben teilzunehmen.
Wiederverheiratete zwischen Kirchenrecht und Barmherzigkeit
Das Zugehen des Freiburger Erzbistums auf nach einer Scheidung wiederverheiratete Menschen entspricht dem von Papst Franziskus gewiesenen Weg der Barmherzigkeit. Doch die Zulassung zur Kommunion bleibt ein Spagat zwischen Kirchenrecht und Seelsorge. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) freut sich über die Entscheidung. Der Vatikan reagierte zurückhaltend.

Bislang sind wiederverheiratete Geschiedene von der Eucharistie in der katholischen Kirche ausgeschlossen. Mit der am Montag veröffentlichten Freiburger Handreichung zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung soll ihnen der Weg zur Kommunion (Abendmahl) unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet werden. Die vorgeschlagene Praxis ist freilich schon jetzt in einigen katholischen Diözesen in Einzelfällen möglich.

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Der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Friedrich Weber, bezeichnete den Schritt daher als überfällig. Es sei "eine Öffnung, die in meinen Augen mehr als selbstverständlich ist", sagte der braunschweigische Landesbischof dem epd. Zugleich kritisierte er, dass Eheleute mit unterschiedlichen Konfessionen weiterhin nicht gemeinsam an der Eucharistie teilnehmen können. "Das es hier noch immer keine Lösungen gibt, kann ich nicht mehr nachvollziehen."

Das Ökumene-Institut der evangelischen Kirche in Bensheim wertete die Handreichung als positives Signal: Es sei keine Revolution, aber ein "vorsichtiges Vorpreschen", sagte Referent Martin Bräuer. Der Vizepräsident im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Thies Gundlach, erklärte: "Der Freiburger Vorstoß ist unter seelsorgerlichen Gesichtspunkten ein wichtiger Schritt."

ZdK-Präsident Glück: "Wege zur vollen Teilnahme am kirchlichen Leben"

Nach Ansicht von ZdK-Präsident Glück werden durch die Freiburger Initiative "Wege aufgezeigt, wie für Menschen, denen der Glaube wichtig ist, wieder der Weg geöffnet werden kann zur vollen Teilnahme am kirchlichen Leben". Der Grundsatz der Unauflösbarkeit der Ehe sei durch den Freiburger Beschluss nicht aufgehoben, betonte Glück im Radiosender Bayern2.

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Die Erzdiözese Freiburg selbst reagierte zurückhaltend auf die zahlreichen Reaktionen zu dem Text. Es sei "eine Handreichung unter vielen, die für Einzelfälle gilt, sagte Sprecher Robert Eberle am Dienstag dem epd. Der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki ergänzte: "Wir dürfen auch nicht aus dem Blick verlieren, dass wir dem Willen Jesu verpflichtet sind, der die Unauflöslichkeit der Ehe betont hat."

Die katholische Reforminitiative "Wir sind Kirche" wertete den Schritt als "zukunftsweisend". Damit werde der "von Papst Franziskus gewiesene Weg der Barmherzigkeit" beschritten. "Das gibt vielen betroffenen Ehepaaren wieder Hoffnung und befreit nicht wenige 'ungehorsame' Pfarrer davon, weiterhin etwas zu tun, was pastoral notwendig und auch getan wurde, aber 'offiziell' nicht erlaubt war", erklärte Sigrid Grabmeier vom Bundesteam der KirchenVolksBewegung. Das Signal aus Freiburg sollte den anderen deutschen Diözesen Mut machen, sagte Grabmeier.

Der Vatikan teilte mit, da das Dokument auf eine eigenständige Initiative eines Büros der Erzdiözese zurückgehe, habe es "keinen Einfluss". Vatikansprecher Federico Lombardi verwies auf die "Dringlichkeit", mit der Papst Franziskus die Vorbereitungen für die nächste Bischofssynode vorantreibe. Bei der Versammlung soll es auch um den Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen gehen.

Vatikan: Eine "göttliche Norm", über die die Kirche nicht verfügen kann

In einigen katholischen Bistümern dürfen wiederverheiratete Geschiedene schon lange die Eucharistie mitfeiern. Doch das findet immer in einer Grauzone statt, denn das römisch-katholische Kirchenrecht schließt in zweiter Ehe lebende Menschen vom Kommunionempfang, also dem Abendmahl, aus. Kirchliche Mitarbeiter können sogar entlassen werden, wenn sie nach einer Scheidung erneut zivil heiraten. Ausnahme: Die erste Ehe wurde von der Kirche selbst für ungültig erklärt.

Der Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, hatte noch im Juni 2013 in einem Interview mit der "Tagespost" an der bisherigen Form des Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen festgehalten. Er sehe keine Möglichkeit zur Zulassung zur Kommunion und den Sakramenten. Denn es handle sich um eine "göttliche Norm", über die die Kirche nicht verfügen könne. In anderen Äußerungen hatte Müller allerdings angedeutet, dass er sich in der Frage der Kommunion wiederverheirateter Geschiedener durchaus Einzellösungen in begründeten Fällen vorstellen könne.

Die katholischen Bischöfe der oberrheinischen Kirchenprovinz hatten bereits 1993 in ihren "Grundsätzen für eine seelsorgerliche Begleitung von Menschen aus zerbrochenen Ehen und von Wiederverheirateten Geschiedenen" - damals von Erzbischof Oskar Saier, Bischof Walter Kasper und Bischof Karl Lehmann unterzeichnet - das Thema als drängendes Problem benannt. Die römische Glaubenskongregation unter der Leitung von Kardinal Ratzinger stellte damals allerdings fest, dass sich die oberrheinischen Bischöfe "in offenem Gegensatz zur Lehre der Kirche befänden", erinnert das Ökumene-Institut der evangelischen Kirche in Bensheim an diesen Abschnitt jüngster Kirchengeschichte.