Muslime wollen auf einem öffentlichen Platz das abendliche Fastenbrechen im Ramadan feiern. Das Bezirksamt genehmigt das Fest nicht. Christopher Lauer, der für die Piratenpartei im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, verteidigt bei "Peter Hahne" die Entscheidung der Kreuzberger: Dort gebe es 150 Veranstaltungen im Jahr und gleichzeitig wenig Grünflächen. Ein vierwöchiges Fest wäre deshalb nicht praktikabel gewesen. "Es ging nicht darum, dass es Muslime waren", sagt Lauer.
Ein Argument, dass überzeugen kann – wenn das Fest nicht doch genehmigt worden wäre. Allerdings nicht als Fest zum Fastenbrechen, sondern als Sommerfest für alle Anwohner. Der zuständige Ordnungsstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Peter Beckers (SPD), sagte dann auch der taz, man wolle die Selbstdarstellung von Religiosität in der Öffentlichkeit nicht befördern. Das gilt auch für christliche Feste.
"Das ist keine Religionsfreiheit"
Das stellt Lauers Argument, man könne nicht jedes Fest genehmigen, auf tönerne Füße. Hahne konfrontiert ihn mit der Frage: "Wird ein Weihnachtsmarkt auch erst dann zugelassen, wenn man ihn Wintermarkt nennt?" "Interessant, dass sich alle darüber aufregen", antwortet Laue, "ich habe das nie als etwas empfunden, wo viel Religiosität stattfindet." Dafür erntet er Kopfnicken von Peter Lütz, Arzt, Theologe und Mitglied im päpstlichen Rat für Laien.
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So windet sich Lauer geschickt aus der Widersprüchlichkeit seiner Antwort und Hahne fragt nicht weiter nach. Tatsächlich geht es in dem Streit nicht hauptsächlich darum, wie ein öffentliches Fest benannt ist, sondern darum, ob Religion allein Privatsache sein sollte – wie es unter anderem die Piratenpartei fordert. Für Lutz eine unmögliche Vorstellung: "Das ist keine Religionsfreiheit. Caritas gehört zum christlichen Leben." Hinzu komme, dass der demokratische Staat auf Werte angewiesen sei, der er selbst nicht produzieren könne. Von den Kirchen fordert Lütz: "Wir müssen mehr in die Welt. Allerdings nicht mit Macht, sondern in dienender Funktion."
Eine Instanz über dem Richter
Auch Pirat Lauer möchte die Religion nicht verbannt wissen: "Ich finde es besser, wenn sie in der Gesellschaft stattfindet statt in Hinterhöfen." Aber er sagt auch: "Der Staat soll keine Institutionen fördern, die im Menschenbild hinter dem (gesellschaftlichen) Standard zurückbleiben", und bezieht sich damit etwa auf die Haltung gegenüber homosexuellen Menschen. Er sei deshalb gegen staatliche Förderung der Religionen. Lütz stimmt ihm zumindest in Teilen zu. Es gäbe zu viele christliche Einrichtungen: "Die Kirche hat über zu viele Menschen Arbeitgebermacht, die sich nicht mit ihr identifizieren wollen".
Allerdings ist Lütz gegen einen Rückzug der Kirchen aus der Öffentlichkeit. Wenn Lauer sagt, dass er den Sinn eines Kreuzes in Schulen oder im Gericht nicht erkennen könne, hält er dagegen. Das Kreuz sei im Gericht ein Symbol dafür, dass es eine Instanz gibt, die über dem Richter steht. "Ein Gericht kann Recht sprechen und nicht Gerechtigkeit herstellen." Doch über den Köpfen der Richter schwebe immer (mahnend) einer der größten Justizirrtümer der Geschichte: Jesus am Kreuz.
Bei Hahne trafen mit Lauer und Lütz zwei Diskutanten aufeinander, die zwar unterschiedlicher Meinung waren, aber sich mit viel Respekt begegneten. Trotzdem wirkte die Diskussion manchmal diffus. Zu viele Gesichter hat die Religion in unserer Gesellschaft – sie dient als Symbol, sie dient als Orientierung, sie hilft, sie übt Macht aus. Hahne fiel es schwer, da eine Struktur zu schaffen. Trotzdem diskutierte er ein wichtiges Thema, dem sich sowohl die gläubigen Menschen als auch die Atheisten stellen müssen: Wie viel Religion soll in der Öffentlichkeit sein?