Der Totgeprügelte hatte einem alten Fahrgast geholfen, den die Jungs schikaniert hatten. Der Film zeigt zwar, was sich zuvor abgespielt hat, spart die Tat selbst jedoch aus. Um so interessanter sind die Bemühungen der Polizei, den Ablauf mit Hilfe der Bilder aus den Überwachungskameras am Bahnsteig zu rekonstruieren.
Die Identität der Täter ist rasch geklärt, und einer der beiden stellt sich schließlich auch. Er behauptet allerdings, sein Kumpel habe auf den Mann eingetreten. Der wiederum sagt das Gegenteil, und da das bloß 33 Sekunden dauernde Verbrechen im toten Winkel der Kameras stattfand, sind die Kommissare Ritter und Stark (Dominic Raacke, Boris Aljinovic) auf die Aussagen der Zeugen angewiesen; und die widersprechen sich.
Spannende Polizeiarbeit
Schon die Vorgeschichte ist frustrierend, ein Gefühl, dass sich im Verlauf des Films noch verstärken wird: Ein einziger Fahrgast hat in der U-Bahn den Mut, dem alten Mann beizustehen, und als er seine Zivilcourage später bitter bereuen muss, erstarren die Menschen auf dem Bahnsteig wie unter Schock. Die Rekonstruktion des gesamten Tathergangs ist filmisch ausgesprochen fesselnd umgesetzt, weil Stephan Wagner (Buch und Regie), im Früjahr für "Der Fall Jakob von Metzler" mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet, die Abläufe mit Hilfe von Überwachungsbildern und Zeugenaussagen aus immer wieder anderen Perspektiven zeigt; auf diese Weise wirkt der Film optisch äußerst aufwändig, zumal das Gesamtbild ständig um neue Details ergänzt wird.
Entsprechend spannend ist die Polizeiarbeit, und dass den Beamten aller Akribie zum Trotz einige haarsträubende Fehler unterlaufen, macht den Film nur noch glaubwürdiger. Weniger gelungen sind einige Dialogpassagen. Zunächst müssen Ritter und Stark der Staatsanwältin erklären, wie Polizeiarbeit funktioniert, damit man als Zuschauer ihr Vorgehen versteht. Ziemlich steif wirkt auch der Versuch, das Thema des Films um gesellschaftspolitische Relevanz anzureichern, wenn sich das Duo über die Omnipräsenz der Kameras, den Überwachungsstaat und die Volkszählung auslassen muss, und dies selbstredend in einer Art und Weise, wie sie auch für die "Tatort"-Teams aus Köln und München typisch ist.
Klischeehafte Züge
Der eine ist empört, der andere wiegelt ab. Ähnlich unvermeidlich, aber dafür völlig angebracht sind die bösen Bemerkungen über die Boulevardjournalisten ("Schmeißfliege", "Witwenschüttler"), die wie Aasgeier nach Einzelheiten gieren. Dass die Presse ausgerechnet von einem der Ermittler mit Informationen versorgt wird, ist allerdings recht grimmige Ironie. Seine Motive bleiben allerdings völlig im Unklaren, zumal der Verrat überhaupt nicht zu seinem sonstigen Engagement passt.
Ansonsten aber ist die Entwicklung der Geschichte durchaus stimmig, selbst wenn auch sie klischeehafte Züge trägt: Einer der beiden Täter stammt aus gutem Hause, er ist auch derjenige, der sich stellt, und selbstredend hat er einen mit allen Wassern gewaschenen Anwalt im Schlepptau. Die Besetzung des jungen Mannes ist gleichfalls wenig originell: Jannik Schümann ist mit seinen weichen Gesichtszügen als Typ zwar ein reizvoller Kontrast zur begangenen Untat, hat ganz ähnliche Rollen aber schon in "Homevideo" und einem "Polizeiruf" aus Potsdam ("Eine andere Welt") gespielt. Davon abgesehen ist "Gegen den Kopf" ein spannender, aber natürlich auch bedrückender Krimi, weil ein mutiger Mann für seine Zivilcourage bestraft wird.