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Ein Tropfen auf den heißen Stein
Einige Länder in Europa und anderen Regionen planen kleine Aufnahmeprogramme für syrische Flüchtlinge. Angesichts der gewaltigen Flüchtlingszahlen werden die Initiativen kaum Wirkung haben - dennoch sind auch sie schon schwierig zu bewerkstelligen.
06.09.2013
epd
Isabel Guzmán

Die jüngsten Zahlen der Vereinten Nationen haben für Betroffenheit gesorgt: Derzeit kommen jeden Tag rund 5.000 verzweifelte Menschen über die syrischen Grenzen in die Nachbarländer, wie die UN berichten. In den Notunterkünften in Libanon, Jordanien, Türkei, Irak und Ägypten, wohin sich rund zwei Millionen Menschen geflüchtet haben, wird das Elend täglich größer. Mehrere Länder inner- und außerhalb Europas wollen zusätzliche Aufnahmeplätze für Flüchtlinge aus Syrien schaffen.

###mehr-galerien### "Im Moment bitten wir die europäischen Länder, etwa 10.000 Flüchtlingen zusätzlich Schutz zu gewähren", sagt Stefan Telöken, Sprecher der deutschen Abteilung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Deutschland, das 5.000 Aufnahmeplätze eingerichtet hat, deckt die Hälfte dieses Appells ab. Österreich hat nun die Aufnahme von 500 Menschen angekündigt. "Betrachtet man die Bevölkerungszahl Österreichs, hat die Initiative ungefähr den gleichen Umfang wie das deutsche Programm", erläutert Telöken.

Die österreichischen Bundesländer debattieren derzeit noch darüber, wo die Flüchtlinge wohnen sollen. Die Schweiz möchte ab Oktober ebenfalls 500 Syrer ins Land holen. Auch dies ist ein Tropfen auf den heißen Stein - aber für die Schweiz ein bedeutender Schritt. 2005 hatte das Land beschlossen, generell nur noch kleine Flüchtlingsgruppen von wenigen Dutzend Menschen aufzunehmen.

Großzügig: in Schweden dürfen alle bleiben

Schweden möchte seine Hilfe für Syrer ebenfalls weiter aufstocken. Die Regierung hat entschieden, die Schutzregeln großzügiger zu gestalten: Wer es als Flüchtling geschafft hat, sich bis nach Schweden durchzuschlagen, kann künftig mit einem dauerhaften Bleiberecht rechnen, nicht nur mit einer dreijährigen Aufenthaltserlaubnis wie bisher. Er darf außerdem seine Familie nachholen.

###mehr-artikel### Die USA wollen indessen 2.000 Menschen, Kanada 1.300 Menschen per Umsiedlung Schutz bieten. "Die USA haben generell ein großzügiges System für die Umsiedlung von Flüchtlingen", sagt UNHCR-Sprecher Telöken. "Syrien gehörte aber bisher nicht zu ihrer Priorität."

An dem Grundproblem der Flüchtlinge aus Syrien ändert sich nichts: Es ist für sie sehr schwierig, auf eigene Faust nach Europa oder andere Weltregionen zu gelangen. Wer es nicht in eines der kleinen Aufnahmeinitiativen schafft, muss es mit einem regulären Asylantrag versuchen. Diesen kann jedoch nur stellen, wer sich bereits auf europäischem Boden befindet. Er muss dafür meist illegal einreisen, denn Visa bekommen Syrer in der Regel nicht.

Wie wählt man Menschen aus?

Die europäischen Grenzpolizeien schieben irregulären Migranten einen Riegel vor. "Wir setzen Streitkräfte ein und haben die Luftüberwachung verstärkt", berichtet etwa das bulgarische Innenministerium. Auch andernorts, etwa in Griechenland, verhindern Patrouillen und Zäune die Einreise von Syrern und anderen Migranten. Wer es schafft, dem kann es passieren, als irregulärer Einwanderer monatelang inhaftiert zu werden.

###mehr-links### Mit seinem Appell an Europa, 10.000 Menschen Schutz zu gewähren, verhält sich das UN-Hilfswerk UNHCR selbst recht zurückhaltend. Er spiegelt die verschiedenen Dilemmata der westlichen Welt wider: Wie findet man gerechte Kriterien, um aus den vielen Not leidenden Menschen bestimmte auszuwählen? Wie lassen sich Unruhen unter den Zurückgebliebenen verhindern? Wie vermeidet man es, Konflikte und gar Terror zu importieren? Viele Menschen möchten zudem ihre Heimatregion gar nicht verlassen.

Die politischen Anstrengungen konzentrieren sich daher nach wie vor auf die Unterstützung der Nachbarländer Syriens. Flüchtlingsorganisationen und Kirchen sind indessen der Ansicht, dass sich die europäischen Länder bei einer Aufnahme noch großzügiger zeigen können. "Es wäre wünschenswert, wenn noch mehr europäische Staaten sich der deutschen Initiative anschließen", meint etwa Katrin Hatzinger vom Brüsseler Büro der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). So wäre es etwa zu begrüßen, wenn mehr Menschen ihre Familien nach Europa nachholen könnten.