Schuldirektor Hassan Adawe Ahmed stößt die Fensterläden auf, im Strahl des Sonnenlichts wirbelt Staub. "Das ist eins von fünf Klassenzimmern, die wir gerade reparieren", erklärt der Schulleiter in der somalischen Hauptstadt Mogadischu - einer privaten Einrichtung, denn in dem zerbrochenen Staat am Horn von Afrika fehlt seit Jahrzehnten ein staatliches Bildungssystem. Elterninitiativen und Organisationen haben daher zur Selbsthilfe gegriffen. Und das nicht ohne Erfolg: Nach Schätzungen der UN gehen immerhin 40 Prozent der somalischen Kinder in die Schule, etwa ein Drittel davon sind Mädchen.
Direktor Ahmed weist stolz auf die neuen Klassenräume. "Im letzten Jahr haben wir auch schon sieben instand gesetzt", berichtet er. Das Geld kommt von der somalischen Hilfsorganisation DBG ("Hilfe für alle"), mit Unterstützung aus Deutschland: von der Caritas und der Diakonie Katastrophenhilfe, aber auch von der Bundesregierung. Geld vom somalischen Staat sieht Direktor Ahmed nicht. Zwar gibt es nach mehr als zwei Jahrzehnten jetzt wieder eine Regierung und mit Präsident Hassan Sheikh Mohamud ein legitimes Staatsoberhaupt, aber die jungen Behörden haben die Verantwortung für das Bildungssystem noch nicht wieder übernommen.
Jeder gibt so viel er kann
Die Schule, die Hassan Adawe Ahmed leitet, wurde von Eltern gegründet. Auf einem Stuhl im Arbeitszimmer des Direktors nimmt Maryam Saleban Abokor Platz. Die mittlerweile 50-jährige Mutter von fünf Kindern gehörte vor 18 Jahren zu denen, die die Schule aufbauten. "Ich kam auf die Idee, weil ich die Kinder um mich herum beobachtete: Sie streunten durch die Straßen, weil mit dem Sturz der Regierung alle Schulen geschlossen worden waren", sagt Abokor. "Sie stellten allen möglichen Unfug an, und ich hatte Angst, dass sie kriminell werden, wenn sie nicht beschäftigt werden und nichts lernen."
###mehr-artikel###
Abokor wandte sich an andere Eltern und schlug vor, die Schule im Viertel zu renovieren und dann mit dem Unterricht anzufangen. Die anderen waren schnell überzeugt. Alle beteiligten sich auf ihre Weise, erzählt Abokor. "Jeder gab so viel Geld, wie er konnte. Wer gar nichts zahlen konnte, half bei der Renovierung, manche halfen auch einfach beim Putzen." Die Eltern legten die Höhe des Schulgeldes fest, die Gehälter der Lehrer und den Lehrplan.
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Und weil das alle somalischen Schulen zwangsläufig so machen, unterrichten alle etwas anderes. Die einen haben Elemente des Lehrplans der Vereinigten Arabischen Emirate übernommen, andere orientieren sich mehr an Kenia oder anderen afrikanischen Ländern. Inzwischen haben die Schulen zwei Dachverbände gegründet, die nach der Abschlussprüfung die Zeugnisse vergeben, so dass die Ergebnisse wenigstens innerhalb des Landes annähernd vergleichbar sind.
Ausschließlich private Universitäten
Unterstützung kommen die Eltern an Ahmeds Schule immer wieder von humanitären Organisationen. "Sie haben uns in den letzten Jahren schon öfter geholfen hat, wenn die Schule in den Kämpfen wieder mal zerstört worden war", sagt der Direktor. "Nach dem letzten Angriff 2011 waren alle Dächer kaputt, die Fensterläden und Türen geklaut. Aber sehen Sie? Dieser Klassenraum hat schon wieder ein Dach, die Schulbänke und Pulte sind frisch gestrichen." In den Räumen, die nicht so schwer betroffen waren, ging der Unterricht trotz der Zerstörungen weiter. 600 Schülerinnen und Schüler sind eingeschrieben.
Direktor Ahmed versichert, dass die Absolventen durchaus in Kenia oder den arabischen Ländern studieren könnten, wenn sie dort die Aufnahmeprüfung bestehen. An den somalischen, ebenfalls ausschließlich privaten Universitäten sei das sowieso kein Problem. Und wenn sich jetzt noch die politische Lage stabilisiert, kann die somalische Jugend in die Zukunft starten.