Behandlung eines Patienten in Syrien
Foto: dpa/Sana
Giftgas? Und wenn ja: Wer hat es eingesetzt? Im Syrienkrieg sind momentan viele Fragen offen. Fest steht nur: Die Bevölkerung leidet und flieht.
Syrien: Giftgas und das Leid der Menschen
Während die Weltgemeinschaft über ein militärisches Eingreifen in Syrien diskutiert, mussten die UN-Chemiewaffeninspekteure am Montag unverrichteter Dinge zurückkehren: Sie gerieten unter Beschuss. Es bleibt also weiter ungewiss, ob und von wem in der vergangenen Woche Giftgas eingesetzt wurde. Eines ist jedoch klar: Das Leiden der Menschen in Syrien nimmt kein Ende. Sie brauchen Hilfe.

Die in der Aktion Deutschland Hilft zusammengeschlossenen Organisationen haben zu vermehrten Spenden für syrische Flüchtlinge aufgerufen. Die Lage von Millionen Menschen in Syrien und den Nachbarländern spitze sich dramatisch zu, erklärte das Bündnis am Montag in Bonn. "Die schrecklichen Giftgasangriffe werden eine erneute Flüchtlingswelle auslösen", mahnte der SPD-Politiker Christoph Strässer, Mitglied im Kuratorium des Bündnisses.

###mehr-info###Vor allem die Kinder, von denen viele ihre Eltern verloren hätten, seien traumatisiert. Es sei eine "humanitäre Pflicht", diesen Menschen zu helfen.

Das Bündnis verwies darauf, dass nach UN-Berichten die Zahl der unter Terror und Krieg leidenden Menschen in der Region von 2,5 Millionen vor rund einem Jahr auf mittlerweile 6,8 Millionen angestiegen sei. Für humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge in Syrien, Jordanien, dem Libanon, der Türkei und dem Irak würden inzwischen gut 1,4 Milliarden US-Dollar (umgerechnet gut eine Milliarde Euro) benötigt. Davon seien aber erst 29 Prozent von den Geberländern zugesichert worden, darunter 10,9 Prozent von der Europäischen Union.

Giftgas: Keine Anhaltspunkte für Assads Unschuld

Angesichts sich verdichtender Hinweise auf den Einsatz von Giftgas im syrischen Bürgerkrieg setzt die Bundesregierung auf eine geschlossene Reaktion der Weltgemeinschaft. "Der mutmaßliche großflächige Einsatz von Chemiewaffen ist ein Tabubruch und eine schwere Verletzung der UN-Chemiewaffenkonvention", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Es handele sich ohne Zweifel um ein entsetzliches Verbrechen, das geahndet werden müsse.

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Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte in Berlin: "Wenn sich ein solcher Einsatz bestätigen sollte, muss die Weltgemeinschaft handeln. Dann wird Deutschland zu denen gehören, die Konsequenzen für richtig halten." Ziel müsse aber eine politische Lösung bleiben. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wollte sich zu den Spekulationen über einen möglichen Militärschlag nicht äußern.

Konkrete Schritte würden in enger Absprache mit Großbritannien, Frankreich und anderen europäischen Partnern abgesprochen, sagte Regierungssprecher Seibert. Das syrische Regime habe erst sehr spät einer Untersuchung des Vorfalls durch UN-Chemiewaffeninspektoren zugestimmt. Alle Indizien müssten nun geprüft werden. Es gebe allerdings keine Anhaltspunkte für die Unschuld des syrischen Diktators Baschar al-Assad.

UN-Inspekteure mussten umkehren

Der Konvoi der UN-Chemiewaffeninspekteure ist am Montag nach Angaben der Weltorganisation in der Region Damaskus unter Feuer geraten. Das Team war aufgebrochen, um den mutmaßlichen Giftgasangriff im Raum Damaskus in der vergangenen Woche zu untersuchen.

###mehr-links###Noch nicht identifizierte Heckenschützen hätten mehrere Schüsse auf das erste Fahrzeug des Konvois abgegeben, teilte ein UN-Sprecher am Montag in New York mit. Der Sprecher machte keine Angaben darüber, ob Inspekteure Verletzungen erlitten hätten. Das Fahrzeug sei nicht mehr einsetzbar, betonte der Sprecher. Die UN-Inspekteure seien zu einem Checkpoint der Regierungstruppen zurückgekehrt und würden ihre Arbeit fortsetzen.

Belege für den Einsatz von Sarin

Die syrische Armee verfügt nach Einschätzung von Experten über das größte Chemiewaffenarsenal im Nahen Osten. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad hat den Besitz von Giftgas indirekt eingeräumt, allerdings ohne Einzelheiten zu nennen. Es unterstellt den Aufständischen, sie hätten sich inzwischen ebenfalls Chemiewaffen beschafft.

Schon vor dem mutmaßlichen Großeinsatz von Giftgas am Mittwoch voriger Woche sind mehr als ein Dutzend konkrete Verdachtsfälle für den Einsatz von Giftgas in Syrien bekanntgeworden. Frankreich, die Türkei und die USA haben nach eigenen Angaben Belege dafür, dass unter anderem Sarin eingesetzt wurde, dazu zählen Blut- und Bodenproben. In einem Verdachtsfall soll Chlorgas als chemischer Kampfstoff verwendet worden sein. Was gegen die Berichte über den Einsatz von Sarin in früheren Verdachtsfällen spricht, ist die relativ niedrige Zahl der Todesopfer.