Christoph (li.) und Rüdiger Zimmermann nach ihrer Segnung
Foto: epd-bild/Thomas Hanel
Christoph (li.) und Rüdiger Zimmermann nach ihrer beurkundeten Segnung in Seligenstadt-Mainhausen (Hessen).
Die schwierige Öffnung der Kirche für homosexuelle Paare
Seligenstadt ist nicht Deutschland, doch von der ersten beurkundeten evangelischen Segnung eines schwulen Paars geht ein Impuls aus. Die protestantische Debatte um gleichgeschlechtliche Paare werde am Ende auch den Katholiken Beine machen, hoffen homosexuelle Christen.

Das Paar vor dem Traualtar war sich natürlich einig, in der großen Kirche aber herrscht weiterhin ein Stimmengewirr beim Thema "Ehe für alle". Auch nach der ersten beurkundeten evangelischen Segnung eines schwulen Paares in Hessen gibt es bei den Protestanten keinen einheitlichen Kurs. Selbst ein Bischof äußerte grundlegende Kritik. Dabei gibt es an der Kirchenbasis Hoffnung, dass das evangelische Vorpreschen zu Bewegung im Umgang mit Homosexuellen auch in der katholischen Kirche führen könnte. Die Offenheit des neuen Papstes macht manchem Hoffnung.

Nachdem die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) im Juni einen entsprechenden Leitfaden verabschiedet hatte, kam es am Samstag in Seligenstadt bei Frankfurt zur ersten offiziellen Segnung eines Homopaares, das auch eine kirchliche Beurkundung erhielt. "Die Gottesdienste zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren sollen nach dem Willen des Kirchenparlaments mit den traditionellen Trauungen weitgehend gleichgestellt werden", so heißt die hessische Regel. In der bayerischen Heimatkirche des Paares gibt es so eine Regel nicht, deswegen kam das Paar für die bundesweite Premiere nach Hessen. Eine Einheitsregel, wie mit homosexuellen Trauwilligen zu verfahren ist, will und kann die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) den Landeskirchen nicht vorschreiben.

Von skeptischen Mienen seiner katholischen Kollegen bei einem Treffen in Mainz am Wochenende berichtete der Braunschweiger Bischof Friedrich Weber: "Die Katholiken waren in hohem Maße überrascht." Für die Ökumene sei die weitgehende Gleichstellung homosexueller Paare mit einer klassischen Eheschließung nicht hilfreich, warnte er. Eine Segnung könne zwar stattfinden, sie dürfe aber keine Gleichsetzung mit der Institution Ehe bedeuten. Wenn schon, solle die EKD eine Regelung im Konsens mit den Landeskirchen finden, so der Bischof.

Eher traditionell oder liberal - da die protestantische Landkarte in Deutschland bunt ist, überlässt die EKD den Landeskirchen manche Detailfrage und kommt am Ende doch als Ganzes voran. Vor zwölf Jahren gab es um die Segnung homosexueller Paare, die ebenfalls von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vorangetrieben wurde, noch großen Wirbel. Inzwischen ist sie in 14 der 20 Landeskirchen gängige Praxis.

Keine Vorschriften für Landeskirchen, aber eine klare Richtung

In ihrem neuen Positionspapier zur Familie ruft die EKD unter anderem auch zur Unterstützung von Patchworkfamilien und gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften auf, zum Thema Sexualität ist ebenfalls ein neues Grundsatzpapier in Arbeit. Auch zum Thema Homosexualität sind dort andere Worte als im Vorgängerpapier von 1973 zu erwarten. Auch wenn damit den Landeskirchen keine Vorschriften gemacht werden, wird doch die künftige Linie der Kirche deutlich. Ähnlich geschah dies 2010 bei einer deutschlandweiten Rahmenregelung für das Zusammenleben homosexueller Pfarrer mit ihren Partnern im Pfarrhaus. Sie ist keine Pflicht, kann aber als Richtschnur dienen.

"Von der EKD könnte ein wichtiger Impuls kommen, der ist richtungsgebend", meinte der Sprecher der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexualität und Kirche (HuK), Markus Gutfleisch. Ziel müsse eine Gleichstellung von Homosexuellen sein mit einer kirchlichen Trauung, die nicht in die Sakristei oder ein Hinterzimmer verlegt werde. "Auch in der katholischen Kirche gibt es Hoffnung auf Veränderung", sagte Gutfleisch. Die Bewegungen in der evangelischen Kirche würden von den Katholiken genau beobachtet.

Für Aufsehen sorgte jüngst Papst Franziskus mit seinen Äußerungen auf dem Rückflug vom Weltjugendtag Ende Juli. Über einen Homosexuellen, der Gott suche und guten Willens sei, könne er nicht den Stab brechen, sagte er vor Journalisten.

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Dennoch wird die römisch-katholische Kirche nicht von ihrem Weltkatechismus abrücken, nach dem homosexuelle Handlungen "in sich nicht in Ordnung" sind, weil sie gegen das natürliche Gesetz der Weitergabe des Lebens verstoßen. "Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen", heißt es weiter. Man müsse ihnen dennoch mit Achtung und Takt begegnen. So eindeutig äußern sich auch Vertreter der orthodoxen Kirche.

In der Bibel wird Homosexualität verurteilt, insbesondere das erste Kapitel des Römerbriefs wird dafür gern herangezogen (Röm 1, 26-32). Moderne Theologen betonen jedoch, dass die biblischen Autoren aufgrund der Zeitumstände und der Kenntnisse geurteilt haben, die ihnen damals zur Verfügung standen. In biblischen Texten werde homosexuelles Verhalten ausschließlich als Element des "religiös Fremden und Bedrohlichen gesehen, nicht aber als Lebensform von Menschen, die sich bewusst zum christlichen Glauben bekennen", heißt es in einer kirchlichen Stellungnahme.