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TV-Tipp des Tages: "Stilles Tal" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Stilles Tal", 7. August, 20.15 Uhr im Ersten
Thomas Stille ist Betreiber eines Ausflugslokals im malerischen Tal des sächsischen Flüsschens Müglitz. Bis der hessische Hotelbesitzer Konrad Huberty Besitzansprüche anmeldet. An einem Augusttag im Jahr 2002 treffen Ost und West schließlich direkt aufeinander. Huberty, der die Räumung verlangt und Stille, der sein Lokal verbarrikadiert und zur Festung erklärt.

Man hätte diese Geschichte als Komödie erzählen können, und die Fans von Wolfgang Stumph erwarten das womöglich auch; aber "Stilles Tal" ist ein Drama, das nicht bloß Züge eines Katastrophenfilms trägt, sondern zudem tragisch endet.

Stumph spielt Thomas Stille, Besitzer der nach ihm benannten (und titelgebenden) Gastwirtschaft "Stilles Tal". Das gerade erst für viel Geld sanierte Lokal liegt idyllisch im sächsischen Müglitztal. Ausgerechnet zur Wiedereröffnung im Sommer 2002 droht Stille und Gattin Barbara (Ulrike Krumbiegel) neues Ungemach: Haus und Hof gehörten früher der vor Jahrzehnten in den Westen geflohenen Familie Huberty. Nach der im Einigungsvertrag fixierten Devise "Rückgabe vor Entschädigung" und einem nach zehn Jahren endlich gewonnenen Rechtsstreit wollen Konrad Huberty (Robert Atzorn), Hotelier aus Hessen, und seine Frau (Victoria Trauttmansdorff) nun den Gasthof übernehmen. Dass Stille aus allen Wolken fällt, ist sein Anwalt schuld: Der hat sich dem Suff hingegeben, das Urteil schlummert irgendwo in seinem Poststapel.

Den Blick fürs Wesentliche verloren

"Geduld bringt Rosen", zitiert Stilles Kellnerin zu Beginn ein tschechisches Sprichwort, doch Zeit ist etwas, dass die beiden Männer nicht mehr haben. Durch ihren Streit haben sie den Blick fürs Wesentliche verloren: Aufgrund sintflutartiger Regenfälle ist die stetig gestiegene Müglitz längst zum reißenden Strom geworden. Als dann auch noch die Dämme brechen, ist das Tal im Nu überflutet.

Die Handlung (Drehbuch: Michael Illner, Alfred Roesler-Kleint) beginnt als Drama mit klar verteilten Rollen: Sympathieträger Stumph verkörpert den Sachsen mit nachvollziehbarem Zorn, der sich naturgemäß auf den Eindringling aus dem Westen richtet. Da die Geschichte ohnehin stärker aus Stilles Sicht erzählt wird, teilt man die Empörung beinahe zwangsläufig. Als das Hochwasser das Erdgeschoss flutet und zu allem Überfluss bei der hochschwangeren Tochter (Sarah Alles) die Wehen einsetzen, tritt der Konflikt angesichts der tödlichen Gefahr endlich in den Hintergrund: Überleben können die Stilles und die Hubertys nur gemeinsam.

Schließlich wechselt der Film endgültig sein Vorzeichen. Nun erweist sich Marcus O. Rosenmüller (am Freitag zeigt Arte seine Romanze "Jedes Jahr im Juni") endgültig als Meister seines Fachs. Die Fluten nehmen zwar für die Dramaturgie naturgemäß zunehmend an Bedeutung zu, zumal die Wassermassen in eindrucksvoll umgesetzten Szenen nach und nach ganze Teile des Hauses wegreißen, werden aber nie wichtiger als die Hauptfiguren. Rosenmüller nutzt den Hintergrund der Naturkatastrophe vielmehr als Folie für ein menschliches Drama, in dem zwei Männer über ihren Schatten springen müssen; bis zum bitteren Ende. Und so versteht man schließlich auch den Dialogsatz aus dem im Jahr 2005 spielenden Prolog, der im Epilog wieder aufgegriffen wird: "Was man nicht vergisst, geht auch nicht verloren."