Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand
Felix Brunner will mit seinem geländetauglichen Handbike in zehn Tagen die Alpen überqueren.
Als Rollstuhlfahrer in zehn Tagen die Alpen überqueren
"Die Lebensqualität mit Armen ist immens hoch", sagte der 24 Jahre alte Felix Brunner, der nach einem Unfall vor knapp fünf Jahren im Rollstuhl sitzt. 480 Kilometer mit 12.000 Höhenmetern will er nun allein mit der Kraft seiner Arme zurücklegen
03.08.2013
epd
Christiane Ried

Der 17. Januar 2009 hat das Leben von Felix Brunner aus Hopferau bei Füssen auf den Kopf gestellt. Der bergerfahrene und sportbegeisterte Allgäuer ist mit Freunden beim Eisklettern in den Alpen unterwegs. Beim Abstieg auf einem Wanderweg dann der Schock: Felix Brunner rutscht aus und fällt 30 Meter tief einen Abhang hinunter. Der damals 19-Jährige wird mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Die Ärzte geben Felix' Eltern keine Hoffnung. Sie sollen sich von ihrem schwerverletzten Sohn, der vier Liter Blut verloren hat, verabschieden.

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Doch Felix überlebt. Nach 13 Monaten auf der Intensivstation, davon acht im Wachkoma, mehreren hundert Blutspenden und 60 Operationen ist er wieder einigermaßen hergestellt. Er sitzt im Rollstuhl, zahllose Narben zieren seinen Körper, seine Ausbildung zum Krankenpfleger musste er aufgeben. Seinen Sportsgeist aber hat er behalten. Von Samstag an will Felix mit seinem Handbike - ein dreirädriges Mountainbike für Rollstuhlfahrer - in rund zehn Tagen die Alpen überqueren. Nicht auf Straßen, sondern größtenteils auf unasphaltiertem Gelände. Die Tour von Füssen an den Gardasee nennt Felix "Von der Transfusion zur Transalp". Unterstützt wird sie von einem seiner Lebensretter, dem Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes.

Erster Europäer mit Handbike

Seit rund einem Jahr bereitet sich Felix auf den Trip vor. Angefangen habe alles mit einer "Schnapsidee" an Pfingsten 2012, aus der schnell ernst wurde, erzählt der heute 24-Jährige. Felix legte sich als wohl erster Europäer ein Handbike zu, das ein Rollstuhlfahrer aus Colorado extra für gehbehinderte Mountainbike-Freaks entwickelt hat. Weltweit sind bisher nur eine Handvoll verkauft. Das besondere Handbike hat hinten ein Rad, vorne zwei und ist damit im Gelände stabiler als die herkömmlichen Straßenfahrräder für Gehbehinderte, bei denen die Räder genau andersrum aufgeteilt sind. Statt Pedale gibt es eine Handkurbel.

480 Kilometer mit 12.000 Höhenmetern müsse er überwinden, erklärt Felix seine Tour. Der höchste Pass, der Passo Gavia, ist 2.600 Meter hoch. "Meine Arme werden da ganz schön dick werden", sagt Felix. Er habe sich viel im Kraftraum vorbereitet und habe viele Testfahrten unternommen. "Ich mache sicher nicht schlapp." Er sei wahrscheinlich der erste Rollstuhlfahrer, der die Alpen nicht auf Straßen, sondern off-road überquert.

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"Felix hat einen unglaublichen Drive"

Begleitet wird Felix von einem achtköpfigen Team, darunter auch sein Vater Manfred. Er ist selbst ein erfahrener Mountainbike-Fahrer und hat die Route mit ausgesucht. Er ist begeistert von der Idee seines Sohnes: "Das ist eine unheimlich tolle Geschichte, darüber kann man nur glücklich sein." Denn nach dem Unfall hätte Felix auch in Depressionen verfallen können. "Felix hat einen unglaublichen Drive, da bin ich froh", sagt Manfred Brunner.

Felix erzählt, dass er zeigen wolle, was alles für Rollstuhlfahrer möglich ist. "Die Lebensqualität mit Armen ist immens hoch." Er könne weiterhin Basketball spielen, Ski- oder Autofahren. Nur aufs Klettern müsse er jetzt verzichten, "alles dauert ein bisschen länger", bedauert er. Er wolle andere Betroffene motivieren, erzählt Felix. Inzwischen hat er sich auch selbstständig gemacht und hält Motivations-Vorträge in Unternehmen. "Jeder hat seinen Rucksack zu tragen, sei es wegen eines Jobverlusts oder einer Trennung. Ich will zeigen: Der Horizont ist nicht das Ende. Es lohnt sich zu kämpfen."