In wenigen Tagen ist es soweit: Eltern von Kindern unter drei Jahren haben dann einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) präsentierte vor zwei Wochen Zahlen, wonach der Bedarf wohl fast überall gedeckt sein wird. Zweifel daran bleiben. Der Rechtsanspruch weckt aber bereits nächste Begehrlichkeiten: Eltern und die Lehrergewerkschaft GEW wollen auch einen Rechtsanspruch für Ganztagsschulen.
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Auf dem Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei der Anspruch auf einen Krippenplatz "nur ein Baustein", sagt die Vorstandsvorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter, Cornelia Spachtholz. Es gebe Eltern, die wüssten ihre Kinder in der Kita versorgt, müssten aber mit Lücken bei der Betreuung in der Grundschule rechnen. Spachtholz fordert einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung bis zum 14. Geburtstag des Nachwuchses "oder sogar darüber hinaus".
Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung angemahnt
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fürchtet, dass Eltern ein Problem bekommen, sobald die Kinder in der Schule sind und forderte kürzlich einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Ein Ansatz, der parteiübergreifend viel Zustimmung erfährt - auch von der Kanzlerin. "Ich kann nicht einen Kindergarten anbieten und in dem Moment, wenn es in die Schule kommt, steht es froh gelaunt um 10.45 Uhr vor der Haustür", sagte sie vor wenigen Tagen. Ein konkreter Plan für das Problem findet sich im Wahlprogramm noch nicht, gab sie zu. Lieber verwies sie auf den Kraftakt Kita-Ausbau, der nun erst einmal geschafft sei.
###mehr-links### Daran gibt es aber Zweifel. Der Deutsche Städtetag fürchtet nach wie vor, dass in Ballungszentren die Krippenplätze knapp bleiben. Präsident Ulrich Maly (SPD) traut den Zahlen der Familienministerin nicht, wonach am 1. August mehr als 800.000 Krippenplätze bereitstehen sollen.
Bundesfamilienministerium rechnet mit Klagen
Zudem werden Probleme in Detailfragen befürchtet, wenn beispielsweise die Öffnungszeiten der Kita nicht zu den Arbeitszeiten passen. Im Kinderförderungsgesetz des Bundes, der Grundlage für Rechtsanspruch und Kita-Ausbau, ist nur von "bedarfsgerechten" Plätzen die Rede. Die Ausgestaltung dessen, was vor Ort "bedarfsgerecht" ist, müssen die Länder in ihren Kita-Gesetzen festschreiben, sagt ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums. Er gehe davon aus, dass viele Einzelfälle wie beim Rechtsanspruch auf den Kita-Platz für über Dreijährige vor Gericht landen werden.
Ist bei den vorhandenen Aufgaben also an einen Rechtsanspruch auf Ganztagschule gar nicht zu denken? Cornelia Spachtholz vom Verband berufstätiger Mütter bleibt optimistisch und formuliert klare Anforderungen. Wie bei den Kitas gehe es nicht nur um die Anzahl der Plätze, sondern auch um Qualität, sagt sie. Sie fordert eine Aufwertung des Erzieherberufs: Höhere Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Fort- und Weiterbildung sowie psychologische Betreuung durch Supervisionen.
Zu wenige Erzieher für zu viele Kinder
Sozialverbände machen immer wieder darauf aufmerksam, dass eine Fachkraft in Krippen und Kindergärten oft zu viele Kinder betreuen muss. Einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge betreut ein Erzieher im bundesweiten Durchschnitt 4,5 Krippenkinder, in ostdeutschen Krippen sogar sechs Ganztagskinder. Der von der Stiftung empfohlene Schlüssel liegt bei eins zu drei.
"Erzieher arbeiten mit den schutzbedürftigsten Wesen überhaupt", mahnt Verbands-Vertreterin Spachtholz. Das gelte für die Jüngsten besonders, aber auch für ältere Kinder. Auch nach Inkrafttreten des Anspruchs auf einen Krippenplatz in wenigen Tagen wird damit das Thema Kinderbetreuung sicherlich auch in der nächsten Wahlperiode auf der politischen Agenda bleiben.