Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Geneigt und getrennt: EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider (links) und Papst Benedikt XVI. bei ihrer Begegnung vor einem Jahr im Erfurter Augustinerkloster.
Und die Ökumene?
Ein Jahr nach dem Papstbesuch
Vor einem Jahr begann Papst Benedikt XVI. seinen Besuch im Kernland der Reformation. Ökumenisches Highlight war ein Treffen mit Mitgliedern des EKD-Rates in Erfurt. Doch die apostolische Reise war kein Meilenstein im Dialog der Kirchen.
23.09.2012
epd
Stephan Cezanne

Für Papst Benedikt XVI. waren es "intensive und wunderschöne Tage", die er vom 22. bis 25. September 2011 in seinem Heimatland verbrachte: "Ich habe Deutschland von Nord nach Süd, von Ost nach West durchquert: von der Hauptstadt Berlin nach Erfurt und zum Eichsfeld und schließlich nach Freiburg, einer Stadt nahe der Grenze zu Frankreich und zur Schweiz", sagte er kurz danach in Rom in einem Rückblick. Seine Predigten und Ansprachen während des Besuchs werden bis heute höchst unterschiedlich bewertet.

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Mit der Deutschlandreise des Papstes, so der katholische Theologe Hans Küng, habe sich deutlich gezeigt: "Benedikt XVI. will keine Reformen, keine echte ökumenische Annäherung an die Kirchen der Reformation und auch keine Öffnung gegenüber der säkularen Welt." Er meine, seine Position durchsetzen zu können, sagte der 84-Jährige der ökumenischen Zeitschrift "Publik-Forum" (Septemberausgabe), "weil er Organisationen wie das Opus Dei hinter sich hat und tausende von Jubelkatholiken sich für ihn und seine Auftritte begeistern".

Der Philosoph Robert Spaemann verteidigte Benedikt gegen die Kritik nach seinem Deutschlandbesuch. "Er sagte, was ein Papst sagen muss", erklärte er in einem Interview der Zeitung "Die Welt". Vorwürfen, der Papst hätte die Ökumene mehr voranbringen müssen, hielt Spaemann entgegen, Benedikt könne weder etwas verordnen oder dekretieren: "Der Papst ist doch kein absoluter Monarch. Alle Menschen dürfen mehr als der Papst. Er ist gebunden durch das Evangelium und die Auslegung des Evangeliums in der Tradition. Durch die Dogmen der Kirche, die er nicht verändern kann."

Das Trennende und das Gemeinsame

"Die Frage nach der Bedeutung Benedikts XVI. für die Ökumene ist schwer zu beantworten", sagt der lutherische Catholica-Experte, der braunschweigische Landesbischof Friedrich Weber, dem Magazin "Zeitzeichen" (Septemberausgabe). Nicht zuletzt habe er während seines Besuchs in Erfurt gesagt, "dass wir weithin nur das Trennende gesehen und gar nicht existenziell wahrgenommen haben, was uns mit den großen Vorgaben der Heiligen Schrift und der altchristlichen Bekenntnisse gemeinsam ist", fügte Weber hinzu.

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Bischof Weber würdigte Benedikt zudem als "Cheftheologen seiner Kirche". Seine "geistige Präsenz, er ist immerhin 85 Jahre alt, finde ich erstaunlich und bewundernswert". Weber: "Das habe ich auch voriges Jahr, beim Treffen des Papstes mit Vertretern der EKD in Erfurt, beobachten können." Dort habe der Papst gezeigt, dass er die reformatorische Theologie gut kennt. Was die Ökumene angeht, gehen Weber zufolge von Rom derzeit jedoch keine "richtig starken Impulse" aus.

Die ökumenische Messlatte lag damals hoch. Das "Gipfeltreffen" zwischen dem Papst und Mitgliedern des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland fand im Erfurter Augustinerkloster statt. "Es war mein inniger Wunsch, einen ökumenischen Augenblick in Erfurt zu erleben, weil in eben dieser Stadt Martin Luther in die Gemeinschaft der Augustiner eingetreten ist und dort zum Priester geweiht wurde", hatte Benedikt betont. Doch auf ökumenische Streitfragen wie das gemeinsame Abendmahl, das unterschiedliche Amtsverständnis in den Kirchen oder den Umgang mit konfessionsverschiedenen Ehepaaren ging das katholische Kirchenoberhaupt nicht ein.

Reformkatholiken: Wenig hilfreich

Für die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" war der aufwändige Staats- und Pastoralbesuch für die Kirche in Deutschland "daher wenig hilfreich". Papst Benedikt habe wenig Bereitschaft gezeigt, die innerkirchliche Krisensituation wenigstens zur Kenntnis zu nehmen, hieß es in einer Bilanz der Reise: "Dass er nicht zur Weiterführung des von den Bischöfen begonnenen Gesprächsprozesses ermutigt hat, ist alarmierend und zeigt, dass er seiner Aufgabe als Leiter der Weltkirche nicht gerecht geworden ist."

Aber auch das bleibt zurück: Bei seinem viertägigen Deutschland-Besuch im Erzbistum Berlin, im Bistum Erfurt und im Erzbistum Freiburg konnte Papst Benedikt XVI. Hunderttausende katholische Christen begeistern. Der Besuch wirkt unter ihnen bis heute fort. Man könne einen Papstbesuch aber nicht festhalten, sagte der Erfurter katholische Bischof Joachim Wanke bei einer Bistumswallfahrt: Wanke: "Das Leben geht weiter."