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Seelsorge zur Sommerzeit
Ostdeutsche Kirchengemeinden erhalten in der Ferienzeit Hilfe von pensionierten Pfarrern
Wenn Pfarrer in Ostdeutschland im Sommer ihren Urlaub nehmen, findet sich oft keine Vertretung. Damit Seelsorge und Gottesdienst dennoch gesichert sind, hilft die Evangelische Zehntgemeinde Jerichow mit pensionierten Pastoren aus.
20.07.2013
epd
Luise Poschmann

Peter Diederichs ist in das brandenburgischen Falkensee gereist, um nach dem Rechten zu sehen. "Manche landen ja richtig in der Pampa, da ist es gut, wenn ich mal vorbeischaue", scherzt der pensionierte Pfarrer im Gemeindezentrum der evangelischen Heilig-Geist-Kirche. Als "Pampa" lässt sich der Ort unweit der Hauptstadt nur schwerlich bezeichnen, doch Diederichs hat trotzdem allen Grund, die Gemeinde zu besuchen. Er hat dafür gesorgt, dass der ebenfalls pensionierte Pfarrer Johann Beneke für einige Wochen zu Gast in dem blauen, hölzernen Pfarrhaus ist. Nun muss die Gemeinde in der Ferienzeit nicht auf Gottesdienst und Seelsorge verzichten.

"Den Zehnten geben wir in Form von Zeit"

Möglich ist dies durch die Evangelische Zehntgemeinschaft Jerichow aus Sachsen-Anhalt, die Diederichs seit etwa zehn Jahren leitet. Die Gemeinschaft besteht aus knapp 60 pensionierten Pfarrerinnen und Pfarrern, von denen in diesem Jahr etwa 40 ihren Sommer in ostdeutschen Kirchengemeinden verbringen. Denn dort ist es während der Schulferien oft nicht möglich, Vertretungen über Pfarrer in der Urlaubszeit zu organisieren. "Den Zehnten geben wir in Form von Zeit", erklärt Diederichs das Konzept.

Dass pensionierte Pfarrer in den Sommermonaten aushelfen, ist gar nicht ungewöhnlich, doch meistens unterstützen sie Geistliche während der Hochsaison in klassischen Urlaubsorten. Der Einsatz der Zehntgemeinde bedeutet meist das Gegenteil - sie werden in der Ferienzeit gerade in den dünn besiedelten Regionen gebraucht.

Für den ehemaligen Pfarrer Beneke aus dem westfälischen Minden ist es bereits der zehnte Einsatz in den vergangenen sechs Jahren. In Falkensee wird der 72-Jährige sogar zweieinhalb Monate bleiben, da die dortige Pfarrstelle erst wieder im September besetzt wird. "Es ist schön, mal etwas länger als nur drei oder vier Wochen an einem Ort zu sein", sagt Beneke. So sei es viel einfacher, die Menschen tatsächlich kennenzulernen und ihnen auch bei Problemen angemessen  beiseite zu stehen.

Üblicher Alltag eines Gemeindepfarrers

Er genieße die Begegnung mit neuen Menschen und einer zuvor unbekannten Region, fügt der pensionierte Pfarrer hinzu. So lerne er viel über die jüngere Vergangenheit der Gemeindeglieder in der ehemaligen DDR. "Bei mir zu Hause hat niemand wegen seines Glaubens Nachteile haben müssen, das war hier teilweise anders", sagt Beneke.

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Die Aufgaben des "Aushilfspfarrers" unterscheiden sich nicht sehr vom üblichen Alltag eines Gemeindepfarrers: Besuche im Altersheim, die Geburtstagsfeiern langjähriger Gemeindemitglieder und die Vorbereitung auf die sonntägliche Predigt prägen Benekes Tage in Falkensee. Genau wie andere Seelsorger auch führt er Tauf- und Traugespräche und spendet Trost bei Beerdigungen.

Für den Gemeinderatsvorsitzenden Gotthelf August ist es ein großes Glück, dass Beneke der Gemeinde auch in der Vakanz der Pfarrstelle Stabilität gibt. "In den vergangenen Monaten haben wir das Gemeindeleben nur durch die immense Einsatzbereitschaft von Ehrenamtlichen und pensionierten Pfarrern aus der Gegend aufrecht erhalten können", erzählt August.

Betreuung von bis zu zehn Gemeinden

Nach Angaben der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz gibt es in ihrer Landeskirche rund 940 Pfarrer in etwa 1.350 evangelischen Kirchengemeinden. "In ländlichen Regionen sind Pfarrer aber oft für viel mehr als eine oder zwei Gemeinden zuständig", sagt Landeskirchensprecher Volker Jastrzembski. Im Einzelfall könne ein Geistlicher sogar bis zu zehn Gemeinden betreuen.

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Eben diese Kollegen will Diederichs entlasten und ohne schlechtes Gewissen in den Urlaub schicken. Wichtig ist ihm aber auch, wie die ehrenamtlichen Helfer in den Gemeinden aufgenommen werden. "Auf die Unterkunft lege ich sehr viel Wert", sagt Diederichs. Der Rest ergebe sich ganz natürlich, je nach Charakter der Gemeindemitglieder, der Pfarrer und der Gastgeber, meint Diederichs und fügt hinzu: "Manche Gemeindemitglieder fragen sogar schon, ob der Aushilfspfarrer denn nicht im nächsten Sommer wiederkommen könne."