König hatte sich gemeinsam mit der Jungen Gemeinde Jena und anderen Demonstranten an Protesten gegen einen Aufmarsch von Neonazis am 19. Februar 2011 in Dresden beteiligt. Der 59-jährige Jenaer Jugendpfarrer war auch am Ort, als die Demo eskalierte. Es flogen Steine, Barrikaden wurden errichtet. Gegendemonstranten wie Polizisten erlitten Verletzungen.
###mehr-artikel###Was wirft die Staatsanwaltschaft Lothar König vor?
Die Staatsanwaltschaft Dresden wirft dem 59-jährigen Theologen "schweren Landfriedensbruch in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung in zwei Fällen und Beihilfe zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tatmehrheit mit versuchter Nötigung" vor (Aktenzeichen: 205 Js 19573/11). Der Fahrer und Halter des blauen VW T4 Transporters habe Gewalt zwar nicht angestrebt, jedoch billigend in Kauf genommen. Er sei aktiv daran beteiligt gewesen, "dass aus seinem Fahrzeug heraus die Gegendemonstranten zu Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen aufgewiegelt wurden". Sein Transporter habe als Führungszentrale fungiert. Auch habe er für die Durchsage "Deckt die Bullen mit Steinen ein!" seine Lautsprecheranlage zur Verfügung gestellt.
Weiter verweist die 18-seitige Anklageschrift auf gewalttätige Personen, denen König in seinem blauen "Lauti" zur Flucht vor der Polizei verhelfen wollte. Zudem habe er hingenommen, dass "die seinen Ansagen folgende Menge Barrikaden errichtet und Gewalt gegen die Polizeibeamten einsetzen wird". Die Anklage führt in insgesamt fünf Tatziffern verschiedene Orte und Zeiten des Demo-Geschehens vom 19. Februar 2011 auf.
Warum hatte der Prozess später begonnen?
Kurz vor dem für den 19. März festgelegten Beginn der Hauptverhandlung tauchten bis dahin unbekannte Akten auf. Bei der Akteneinsicht fanden die Verteidiger eine lose beigelegte Blattsammlung. Es soll sich um etwa 170 Seiten ungeordneten Materials gehandelt haben. Der Prozess begann mit Verspätung am 4. April.
Wegen zahlreicher Beweisanträge der Verteidigung und mehrfachen heftigen Schlagabtauschs kam es immer wieder zu Unterbrechungen der Hauptverhandlung. Beteiligte und Zuschauer mussten Pausen zwischen 10 Minuten und mehr als einer Stunde hinnehmen. Wegen technischer Probleme konnten wiederholt Videos erst verspätet vorgeführt werden. Zudem fehlten offenbar Ermittlungsunterlagen in den Prozessakten, die von den Zeugen während der Befragung beschrieben wurden. So war ein Vernehmungsprotokoll eines Polizisten nicht zu den Akten gelangt.
Welches belastende Material gegen König tauchte auf?
Sowohl die Videos der Polizei als auch die vom Dach des blauen "Lauti" aus gemachten Filmsequenzen belegen, dass Lothar König am Ort des Geschehens war. Er nahm zu verschiedenen Zeitpunkten an der Demo teil. Ein Video hatte auch gezeigt, dass ein inzwischen verurteilter Steinewerfer auf den Wagen aufgesprungen war. Allerdings hatte die Polizei ihn - wie im Film zu sehen war - aus dem Auto gewaltsam herausgezogen und mit Gummiknüppeln niedergeschlagen.
###mehr-info###Was ist strittig?
Die Anklage geht davon aus, dass König bereits um 8.45 Uhr an den umstrittenen Protesten teilnahm. Die Verteidigung erklärte, dass er erst zu einem späteren Zeitpunkt an dem von der Staatsanwaltschaft beschriebenen Tatort eingetroffen ist. Zu den Details vom späteren Demonstrationsgeschehen gab es zum Teil sehr widersprüchliche Aussagen der Zeugen verglichen mit den Videos des Wagens, welche die Verteidigung während der Verhandlung einführte. Als Zeugen wurden vor allem Polizisten befragt, die am 19. Februar im Einsatz waren, und Beamte, die das Videomaterial der Polizei für den Prozess zusammengestellt hatten.
Wie wurde die Verhandlung geführt?
Der Vorsitzende Richter Ulrich Stein musste sich gegen den rhetorisch gewandten und erfahrenen Verteidiger Johannes Eisenberg durchsetzen. Oft kam es nicht nur zum Schlagabtausch zwischen der Staatsanwältin Ute Schmerler-Kreuzer und der Verteidigung, sondern auch zwischen Eisenberg und dem Richter. Stein war wegen mangelnder Rededisziplin der Verfahrensbeteiligten mehrfach gezwungen, Verhandlungspausen einzulegen. Einen der Zeugen, der sehr gegensätzliche Aussagen zu einem Beweis-Video gemacht hatte, zeigte Eisenberg inzwischen wegen Falschaussage an.
Welches Strafmaß droht dem Angeklagten?
Bei einer Verurteilung droht König ein Strafmaß von bis zu vier Jahren. Bei schwerem Landfriedensbruch droht laut Gesetz eine Strafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Freiheitsentzug. Vor einem Schöffengericht wie im Fall König können jedoch höchstens vier Jahre Freiheitsentzug verhängt werden.
###mehr-links###Warum ist der Prozess vorerst geplatzt?
Die Verteidigung stellte am siebten Verhandlungstag den Antrag, das Verfahren auszusetzen. Zuvor waren ihr 200 Stunden unsortiertes Videomaterial von einer Polizei-Sonderkommission übergeben worden war. Verteidiger Johannes Eisenberg begründete den Antrag mit dem hohen Bearbeitungsaufwand für die Sichtung des Filmmaterials. Das Verfahren soll nun in vier bis sechs Monaten neu aufgerollt werden.