Foto: epd/Steffen Schellhorn
Kinder der Evangelischen Kindertagesstaette Sankt Georgen in Halle an der Saale beobachten Feuerwehrmänner beim Abpumpen des Hochwassers.
"Wir sind entschlossen, wieder aufzubauen"
Nach der Flut sind viele soziale Einrichtungen existenziell bedroht
Sie betreuen Kinder, unterstützen Senioren oder pflegen Behinderte: Soziale Einrichtungen leisten wichtige Arbeit, für viele Menschen sind sie unverzichtbar. Das Hochwasser hat die sozialen Dienste hart getroffen. Viele brauchen finanzielle Hilfen.
22.06.2013
epd
Jana Hofmann

Gut, dass sie die vier Stunden hatten. Vier Stunden, um das Wichtigste vor den gierigen Wassermassen zu retten. Das Spielzeug, die Bücher. Auch ein Teil der Möbel und viele der Elektrogeräte konnten rechtzeitig weggebracht werden. Aber der Schaden, den die Flut in der Kindertagesstätte Sankt Georgen in Halle angerichtet hat, ist trotzdem enorm.

###mehr-artikel###"Das ganze Gebäude, alle Räume standen unter Wasser", erzählt Hendrik Kluge, Geschäftsführer des kirchlichen Trägers der Kita. Die Saale habe 70 Zentimeter hoch in den Räumen gestanden. Das größte Problem: Der Fußboden wurde von den Fluten mitangehoben, bewegte sich auf Wasserspiegelhöhe. Jetzt muss er rausgerissen und erneuert werden. "Das heißt, dass wir auch die neu eingebaute Fußbodenheizung austauschen müssen", sagt Kluge.

Vorübergehend ist die Kita in Räumen einer benachbarten Gemeinde untergekommen. "Dort können wir alle 46 Kinder normal betreuen", sagt Kluge. Er hofft, dass sie bis Ende des Jahres wieder umziehen können. Doch das wird teuer: Die Sanierung werde nach Schätzungen der Baufirmen etwa 350.000 Euro kosten, sagt er.

Die Kita ist eine von 14 sozialen Einrichtungen, die sich bisher bei der Diakonie Mitteldeutschland gemeldet haben. In Magdeburg musste etwa eine Klinik und eine Einrichtung der Alten- und Behindertenhilfe evakuiert werden.

"Wir hatten einen Notstromaggregat"

Auch das Haus Wappenhensch im sächsischen Döbeln, eine Anlage für betreutes Wohnen, versank teilweise im Wasser. Die Bewohner konnten aber im Haus bleiben. "Die sind gut versorgt worden. Wir hatten einen Notstromaggregat", erzählt der Geschäftsführer der Volkssolidarität in Döbeln, Winfried Schneider.

Das Wasser ist raus, aber der Betrieb im Haus Wappenhensch eingeschränkt: Der Aufzug funktioniert nicht. "Für die älteren Bewohner ist dies ein großes Problem, da über die Hälfte auf ihn angewiesen ist", sagt Schneider. Einige Bewohner können langsam die Treppe hinunter steigen, andere müssen mit Gurten getragen werden.

###mehr-links###Die Bewohner reagierten gelassen und verständnisvoll auf die Einschränkungen. "Manche haben sich engagiert, die Keller freigeräumt und den Schlamm rausgekehrt", erzählt Schneider. Die Zukunft macht ihm aber Sorgen, denn er weiß nicht, wie er die Reparaturen bezahlen soll. Allein die neuen Fahrstühle kosten über 90.000 Euro. Insgesamt brauche man etwa 320.000 Euro, mögliche Schäden an der Statik des Gebäudes noch nicht eingerechnet.

Vereine erhalten keine Soforthilfe

Als Verein erhalte die Einrichtung nicht die Soforthilfen des Freistaats Sachsen, sagt Schneider. Er hofft deshalb auf Fluthilfe. "Es ist bedrohlich, wenn wir keine Unterstützung bekommen. Wenn wir alles selbst finanzieren müssen, treibt uns das an unsere wirtschaftlichen Grenzen", erklärt er.

Die Landesgeschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Sachsen, Birgitta Müller-Brandeck, wünscht sich staatliche Unterstützung. "Wir verstehen nicht, dass dieser Bereich im Moment nicht im Blick ist", sagt sie. Es sei dringend nötig, dass die Einrichtungen ihren Betrieb wieder aufnähmen. Dem Landesverband sind bisher 30 Einrichtungen bekannt, die nicht mehr oder nur eingeschränkt arbeiten können.

Gauck besuchte Kita in Halle

Etwas optimistischer zeigt sich die Kita in Halle. "Wir sind fest entschlossen, wieder aufzubauen", sagt Kluge. Die Eltern unterstützten die Einrichtung, viele Menschen spendeten. Der Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck habe ihren Fall auch bundesweit bekanntgemacht. "Wir erleben eine tolle Spendenbereitschaft für unser Projekt", erzählt Kluge. Eine Schulklasse aus der Pfalz habe beispielsweise einen Basar für die Kita veranstaltet und so 213,41 Euro gesammelt.

"Diese Unterstützung tut uns sehr gut", sagt Kluge. Erst vor drei Jahren wurde die Kita saniert. Deshalb gebe es eine hohe Kreditbelastung. Einen zusätzlichen Kredit könne sich der Träger nicht leisten.