Foto: epd/ Gustavo Alàbiso
Sommerlektüre: Dicke Wälzer für den Strand oder Balkonien
Egal ob man verreist oder zu Hause bleibt: Die Redaktion von evangelisch.de schlägt sechs dicke Wälzer vor, die einen auf langen Flügen bei Laune halten oder ferne Länder nach Balkonien bringen.
19.07.2013
evangelisch.de
Franziska Fink, zusammengestellt von Franziska Fink

Markus Bechtold, evangelisch.de-Redakteur, empfiehlt: "Das Mädchen, das den Himmel berührte" von Luca di Fulvio

"Das Mädchen, das den Himmel berührte" ist eine atemberaubende Sommerlektüre, die im Taschenbuchformat trotz ihrer 973 Seiten in jeden Urlaubskoffer passt. Luca Di Fulvio erzählt von mutigen Lebensträumen und von einer grenzenlosen Liebe. Wer sich ins Labyrinth der Gassen und Kanäle Venedigs im 15. Jahrhundert lesen möchte, liegt mit diesem Roman richtig. Auch wer den Sturm und Drang einer zarten Liebe mitfühlen will. Denn Mercurio und Giuditta erobern im Flug gegenseitig ihre Herzen. Zumal der Junge, ein Tagedieb und ein glühender Verfechter der Freiheit, es schafft, seine Liebe vor der Inquisition zu retten und verhindert, dass sie lichterloh auf dem Scheiterhaufen brennt.

Der Roman verbindet Eifersüchteleien, Intrigen, Mord und Raub mit Freundschaft, Abenteuer, Liebe und einem aufrichtigen Miteinander. Der Blick des Autors fällt auch dorthin, wo gemeinhin weggeschaut wird: Prostituierte, die an der Syphilis sterben und mit ihrem Schicksal allein gelassen werden. Bis sie im Roman von einem Mann gerettet werden, der ebenfalls im Abseits steht. So helfen sich Außenseiter gegenseitig, um zusammen in die Zukunft zu blicken.

 

Franziska Fink, freie Mitarbeiterin bei evangelisch.de, empfiehlt: "Das geraubte Leben des Waisen Jun Do“ von Adam Johnson

Was, wenn dein Leben nicht dir, sondern dem Staat gehört? Jun-Do, der Held des Romans, lebt in Nordkorea und ist am Anfang der Geschichte noch ein vorbildlicher Bürger des totalitären Regimes, doch das ändert sich.

Es sind die Details in Adam Johnsons Erzählung, die verstören und einen manchmal auch ungläubig auflachen lassen, weil sie zeigen: Dieses Land gibt es wirklich.

Johnsons Nordkorea ist eine wahrgewordene 1984-Utopie, ein Science-Fiction-Staat mit Propaganda-Lautsprechern in jeder Wohnung, in dem alle Frauen der Hauptstadt dieselbe Lippenstift-Farbe tragen und der kleinste Zweifel am Vaterland ins Arbeitslager oder in den Tod führen kann.

Adam Johnson stellt in seinem Roman, der mit dem Pulitzer Preis 2013 augezeichnet wurde, die großen Fragen: Ist in einer totalitären Gesellschaft Freundschaft oder gar Liebe möglich? Gibt es Vertrauen, Intimität, Lebensglück und wenn ja, zu welchem Preis?

 

Claudius Grigat, freier Mitarbeiter bei evangelisch.de, empfiehlt: "Bass Culture. Der Siegeszug des Reggae“ von Lloyd Bradley

Für alle, die wissen wollen, warum Reggae mehr ist, als Sonne, Strand und Palmen, ja sogar mehr als Bob Marley oder UB 40 – für die ist dieses Buch eine echte Empfehlung. Aber auch für alle, die sich für die Kultur- und Sozialgeschichte einer ganz besonderen Insel in der Karibik interessieren. Lloyd Bradley nämlich schildert die Geschichte der Reggae-Musik als Geschichte der Menschen in Jamaica und den Orten, wo die Not sie hintrieb.

Bradley erzählt mithilfe vieler Zeitzeugen von Verbrechen und Business, Rassismus und Drogen, Kreativität und Spiritualität. Trotzdem - oder gerade deswegen - liest sich der Wälzer nicht wie eine viel zu lang geratene Gesellschaftsreportage, sondern wie ein spannender historischer Roman. Und deshalb eignet er sich auch sehr wohl für die Lektüre in der Sonne, am Strand und unter Palmen!

 

Frank Muchlinsky, Pfarrer bei evangelisch.de, empfiehlt: "Moby Dick" von Herman Melville

Wer im Urlaub auf das Meer blickt, sollte wissen, dass es dort draußen Ungeheuer gibt, die so groß und gefährlich sind, dass kein Mensch ihnen die Stirn bieten kann.

Sie meinen, Sie kennen schon alles, was sich zwischen "Nennt mich Ismael" und "Es war die schweifende, kreuzende Rahel" geschieht? Dann lesen Sie das Buch eben noch einmal. Wer noch nie die unzähligen Details über Wale, Schiffe und Harpunen genossen hat, wem die Unmenge biblischer Anspielungen vielleicht bisher entgangen sind, auch der lese Moby Dick.

Aber greifen Sie unbedingt zum Original oder zur ungekürzten Übersetzung wie von Mathias Jendis, btb Verlag.

 

Hanno Terbuyken, Portalleiter von evangelisch.de, empfiehlt: "Die Brüder Karamasow" von  Fjodor Dostojewski

In Russland ist es kalt. Das weiß man spätestens, wenn man "Die Brüder Karamasov" von Fjodor Dostojewski gelesen hat. Darum hilft sein letztes Romanwerk dabei, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn man am sommerlichen Mittelmeerstrand liegt und sich voll in die moralbehaftete, von der Gottesfrage durchzogene Erzählwelt Dostojewskis versenkt. Dahinter verblasst die sonnendurchflutete Urlaubswelt zum Hintergrund.

Dostojewski hat viele dicke, gleichwohl lesenswerte Wälzer geschrieben: "Schuld und Sühne", "Der Spieler", "Ein grüner Junge" oder "Die Dämonen". Die Religion spielt in allen seinen Werken eine wichtige Rolle. Auch die Geschichte von den Brüdern Dimitri, Iwan und Aljoscha Karamasow stellt ständig die Frage: Wer bin ich, und was glaube ich? Das beschäftigt einen auch dann noch, wenn der Sonnenbrand vom Strand schon längst wieder vergessen ist.

 

Juliane Ziegler, evangelisch.de-Redakteurin, empfiehlt: "Die hellen Tage" von Zsuzsa Bánk

Der Klatschmohn blüht am Wegesrand, die Sommertage scheinen unendlich – in "Die hellen Tage" beschreibt Zsuzsa Bánk das Leben dreier Kinder in einer süddeutschen Kleinstadt. Auf den ersten Blick: unbeschwert, eine Sommeridylle.

Bánk erzählt einfühlsam von der Freundschaft zwischen den Mädchen Aja und Seri, später kommt noch Karl dazu. Doch es geht auch um die Beziehung zwischen ihren Müttern, um ihre Familiengeschichten und –geheimnisse. Manchmal auch melancholisch, traurig. Ein Roman über Freundschaft und Familie, Verlust und Verrat, die erste Liebe, Heimat und Entwurzelung.