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Fast 500 Jahre nach der Spaltung: Die Lutheraner und Katholiken haben ihr erstes gemeinsames Papier zur Reformationsgeschichte vorgelegt.
Neues Ökumene-Papier: Bislang unbekannte Eintracht
Lutheraner und Katholiken wollen mit einem neuen Ökumene-Papier gemeinsam auf den 500. Jahrestag der Reformation im Jahr 2017 zugehen. Die ungewohnte Harmonie wird die Praxis der Kirchen - etwa beim Abendmahl - aber nicht verändern.
17.06.2013
epd
Stephan Cezanne

Auf hohem Sockel, mit ins Weite gerichteten Augen und einer Bibel in den starken Armen wurde Martin Luther noch bis ins 20. Jahrhundert hinein gefeiert. Der Reformator galt Protestanten lange als Nationalheld und Befreier vom Joch des Papsttums. Für katholische Christen dagegen war Luther vor allem der Spalter der abendländischen Christenheit - viele denken so bis heute. Runde Reformationsjubiläen wurden gerne zur Abgrenzung zwischen Protestanten und Katholiken genutzt.

Doch im Jahr 2017 soll alles anders werden: Zum ersten Mal nach Jahrhunderten wechselseitiger Verurteilungen wollen beide Konfessionen in vier Jahren gemeinsam an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren erinnern. Zugleich bekennen beide Seiten selbstkritisch, damals "die Einheit der Kirche beschädigt" zu haben.   

"Vom Konflikt zur Gemeinschaft"

Christen müssten in Zeiten von Ökumene und Globalisierung mit einer Stimme sprechen, heißt es in dem Dokument "Vom Konflikt zur Gemeinschaft". Der "Ökumene-Minister" des Vatikan, Kurienkardinal Kurt Koch, sowie der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Munib Younan, stellten das Papier am Montag in Genf vor. Es wurde von der "Internationalen Lutherisch/Römisch-Katholischen Kommission für die Einheit" erarbeitet. Die Kommission wurde vom Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen und dem Dachverband der Lutheraner in Genf eingesetzt. Eine gemeinsame Expertengruppe arbeitete drei Jahre an dem knapp 100 Seiten starken Dokument.

###mehr-info-85093### Skeptisch ist der evangelische Theologieprofessor Ulrich H. J. Körtner von der Universität Wien. Es sei zwar anzuerkennen, dass sich der Bericht um eine gemeinsame Darstellung der Theologie Luthers bemüht. Körtner: "Das geschieht aber um den Preis einer weichgespülten Lesart reformatorischer Theologie". Zudem werde die Reformation ganz auf Luther reduziert, moniert der renommierte Theologe. Auch die Rolle der übrigen Reformatoren wie Zwingli, Melanchthon, Bucer oder auch Calvin sei zu würdigen. 

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist mit dem Text grundsätzlich zufrieden. Sie mahnt aber zugleich, nicht nur die dunkle Seite der Reformation im Blick zu haben. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider kritisierte, dass die mit dem religiösen, sozialen und gesellschaftlichen Umbruch im 16. Jahrhundert einhergehenden Errungenschaften in dem Text nicht ausreichend gewürdigt werden: "Neben der Last der Erinnerung sollte die gemeinsame Freude über die geistlichen Gaben der Reformation an die Christenheit nicht aus dem Blick geraten."

Kein lehramtliches Dokument

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz steht dem neuen Ökumene-Dokument positiv gegenüber. "Ich freue mich auf diesen Text. Sicher enthält er Impulse, die uns auch in Deutschland in der Ökumene weiterbringen können", erklärte der Bischofskonferenz-Vorsitzende Robert Zollitsch. Er wolle im Gespräch mit den evangelischen Partnern überlegen, welche "konkreten Schritte sich daraus in unserem weiteren Zugehen auf das Reformationsgedenken 2017 ergeben."

###mehr-artikel### Bei "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" handele es nicht um ein lehramtliches Dokument, strich der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, heraus. Dennoch sei der Text eine Wegmarke. Um das Ziel, die Einheit der Kirche zu erreichen, bleibe "noch einiges zu tun". Der Leiter des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn, Wolfgang Thönissen, hielt zudem fest, dass die Rezeption Martin Luthers den Graben zwischen Katholiken und Lutheranern vertieft habe. Die Schrift "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" führe die Kirchen wieder enger zusammen.