dpa/Nasa
Je dunkler das Blau, desto dünner die Ozonschicht: Eine Nasa-Aufnahme des Ozonlochs über der Arktis vor rund zehn Jahren.
Die Ozonschicht erholt sich, aber nur langsam
Vor 25 Jahren wurde das Montrealer Protokoll beschlossen
FCKW waren in Haarspray-Dosen, Kühlschränken und Schaumstoffen. Aber sie schädigten die Ozonschicht. Dank des Montrealer Protokolls wurden sie verbannt. Das Abkommen gilt als ein Meilenstein der internationalen Umweltpolitik.

16.09.2012
epd
Joachim Wille

Der Schock kam 1985: Wissenschaftler stellten fest, dass sich über dem Südpol erstmals ein regelrechtes "Loch" in der Ozonschicht auftat. Der lebenswichtige Schutzschild in der Erdatmosphäre, der die gefährliche UV-Strahlung aus dem Weltall ausfiltert, schien auch global extrem gefährdet. Aber die Politik handelte schnell: Schon zwei Jahre später, am 16. September 1987, wurde das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht beschlossen. Jetzt, ein Vierteljahrhundert danach, ist die Bilanz positiv. Die Ozonschicht regeneriert sich allmählich. Für Entwarnung ist es aber noch zu früh.

"Ozonkiller" FCKW

Ziel des Montrealer Protokolls ist, Substanzen zu verbannen, die der Ozonschicht schaden, allen voran die Fluorchlorkohlenwasserstoffe, kurz FCKW. Als sie 1929 in den USA entwickelt wurden, ahnte niemand, dass sie als "Ozonkiller" wirken würden. Sie galten als chemische Tausendsassas. Billig, unbrennbar, vielfältig einsetzbar. Man nutzte sie als Treibgas für Haarspray-Dosen, als Kühlmittel für Kühlschränke oder zur Produktion von Schaumstoffen.

Erst 50 Jahre später wurde klar, dass die FCKW durch chemische Prozesse die schützende Ozonschicht in der Stratosphäre - 15 bis 50 Kilometer über der Erdoberfläche - zunehmend ausdünnten. Höhere Hautkrebsraten und mehr Augenleiden wurden befürchtet, falls die Substanzen weiter verwendet werden.

Am 1. Januar 1989 trat das Montrealer Protokoll in Kraft. Die Unterzeichnerstaaten verpflichteten sich mit festen Fristen, auf die Ozonkiller-Produktion zu verzichten. Zuerst traten nur 24 Länder bei, inzwischen sind es 196, praktisch alle Staaten auf der Welt. Geregelt ist heute der Verzicht auf rund 100 Substanzen. Deutschland, wo der erste FCKW-freie Kühlschrank entwickelt wurde, stellte die Ozonkiller-Produktion 1994 komplett ein. Für Entwicklungsländer endete die Ausstiegsfrist erst 2010.

Ein Meilenstein in der internationalen Umweltpolitik

Der Mainzer Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen erhielt die Auszeichnung 1995 für die Entschlüsselung der ozonzerstörenden Reaktionen in der Atmosphäre. Er sagt heute, das Protokoll sei "nicht nur wichtig für die Umwelt" gewesen, sondern "auch ein bedeutender politischer Schritt". Ein Meilenstein in der internationalen Umweltpolitik eben.

###mehr-links###Doch die Erholung der Ozonschicht verläuft nur langsam, weil die FCKW und andere schädliche Substanzen extrem langlebig sind - und immer noch neue nachgeliefert werden, etwa aus der unsachgemäßen Entsorgung aus Altkühlschränken. Forscher schätzen, dass derzeit der "Ozon-Tiefpunkt" erreicht ist. Das sich alljährlich im kalten südpolaren Winter bildende Ozonloch, das zeitweise 25 Millionen Quadratkilometer umfasste, soviel wie ganz Nordamerika, dürfte sich erst bis 2060 oder 2070 wieder komplett schließen.

Und 2011 trat sogar erstmals auch über dem Nordpol ein riesiges "Loch" auf. Diese Entwicklung ist auch für Nord- und Mitteleuropa nicht ungefährlich. Im Frühjahr können ozonarme arktische Luftmassen auch nach Deutschland gelangen. Crutzen wundert sich über die langsame Regeneration. Der frühere Direktor des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie vermutet, "dass wir die dynamischen Prozesse, die in der Atmosphäre ablaufen, noch nicht vollständig verstanden haben".

Langsame Regeneration

Eine Ursache der Verzögerung könnte der Klimawandel sein. Er führt paradoxerweise dazu, dass die Luft in der Stratosphäre - wo die Ozonkiller wirken - kälter wird. Das macht die FCKW aggressiver, der Ozonabbau verstärkt sich. Die Umweltorganisation Greenpeace forderte deswegen, auch die zwar nicht mehr ozon-, aber sehr klimagefährlichen FCKW-Ersatzstoffe namens FKW (Fluorkohlenwasserstoffe) auch zu verbieten. Das sei längst überfällig.

Crutzen warnt derweil davor, das Ozonloch als erledigt zu betrachten und die Forschung einzuschränken. Auch Messstationen müssten unbedingt weiter betrieben werden: "Man sollte sie nicht schließen, wie jetzt in Kanada und Neuseeland geplant."