Foto: epd/Christian Brachwitz
Das Musical "Luther! Rebell wieder Willen" feiert am Landestheater in Eisenach seine Uraufführung: Matthias Jahrmärker als Martin Luther und Stefan Poslovski als Teufel.
Reformation in neuem Sound
Musicals machen um historische Persönlichkeiten längst keinen Bogen mehr. In Eisenach ist an diesem Samstag Martin Luther an der Reihe. Komponist und Autorin wollen den Besuchern mit neuen Bildern und Melodien das Zeitalter der Reformation nahebringen.
15.06.2013
epd
Thomas Bickelhaupt

Mit der landläufigen Vorstellung von Musicals hadert er. "Ich denke dabei vor allem an einen weichgespülten und immer irgendwie ähnlichen Sound", sagt der Komponist Erich Radke. Seine Skepsis ist dabei nicht zu überhören. Deshalb will der Musiker mit seinem jüngsten Werk andere Akzente setzen: Für die Uraufführung von "Luther! Rebell wider Willen" am Samstag im Landestheater Eisenach verspricht er "ein Rock-Musical, das die alten Gedanken mit neuen Melodien" erklingen lässt.

Fünf Jahre nach der Erfurter Open-Air-Produktion "Martin L." vor der imposanten Dom-Kulisse der Thüringer Landeshauptstadt erscheint Martin Luther (1483-1546) nunmehr in seiner "lieben Stadt" Eisenach ein weiteres Mal auf der Musicalbühne. Während sich Radke für seine Kompositionen lange Zeit mit den alten Kirchenliedern herumquälte, rang Librettistin und Regisseurin Tatjana Rese jahrelang um eine bühnentaugliche Geschichte über die große Zeitenwende vor 500 Jahren.

Ein Mensch voller Widersprüche

"Der Mensch Luther ist es, der für uns im Fokus steht", beschreibt sie das Ergebnis ihrer Arbeit und spricht von einer modernen Spurensuche zu den Wurzeln, die den Mann aus der Provinz zum Reformator und zum Veränderer der Weltgeschichte werden ließen. Luther versteht sie dabei als einen Menschen, "der aus dem Mittelalter kommt, das ihn nie ganz verlässt, und in die Neuzeit geht, in der er nie ganz sein wird - ein Mensch voller Widersprüche, die ihn manchmal zu zerreißen drohen".

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Die theologische Auseinandersetzung mit der damaligen Kirche und dem Ablasshandel habe ihn in den sozialen und politischen Konflikten seiner Zeit zu einer Galionsfigur werden lassen, die er nie sein wollte, sagt Rese. Sie erlernte das Theaterhandwerk einst bei Alexander Lang am Deutschen Theater in Ost-Berlin und ist derzeit Schauspieldirektorin am Landestheater Detmold.

In Eisenach erzählt sie Luthers Geschichte aus der Perspektive des alten Reformators, der als Modell in der Wittenberger Werkstatt von Lucas Cranach zurückblickt auf sein bewegtes Leben. Der Maler-Freund und Chronist der Reformation, dessen Bilder für die Nachwelt die Vorstellung vom Aussehen der damals führenden Köpfe maßgeblich prägten, will wiederum so etwas wie "den ganzen Luther" abbilden, mit aller seiner Wut und seinen inneren Kämpfen.

Viele bekannte Zitate

So führt die Bühnenerzählung vom schicksalshaften Gewittererlebnis des Erfurter Studenten bei Stotternheim und dem nachfolgenden Gang ins Augustinerkloster über Wittenberg und Worms bis in die Studierstube von Junker Jörg auf der Wartburg bei Eisenach.

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Natürlich kommt auch Katharina von Bora zu ihrem Recht - schließlich begründete Luther mit ihr das evangelische Pfarrhaus, das über die Jahrhunderte eine Vielzahl großer Geister hervorbringen und damit zu einem einzigartigen Brunnquell der deutschen Kulturgeschichte werden sollte. Luther-Kenner im Parkett können sich freuen auf viele bekannte Zitate des Reformators - egal, ob sie authentisch sind oder aber das Ergebnis späterer Legendenbildung.

Als neuen Soundtrack der Reformation kündigt Radke Klangbilder von der Renaissance bis zur Gegenwart an - mit dramatischen Chören, innigen Soli und Duetten, die begleitet werden von großem Orchester oder von hartem Rock. Einbezogen ist auch das Ballett, das die Umbruchszeit des 16. Jahrhunderts mit einem "danse macabre" charakterisiert. Doch wer auf schmissige Varianten der populären Luther-Lieder wartet, wird am Ende wohl enttäuscht sein. Dafür taucht "Ein feste Burg" gleich fünf Mal auf - wenn auch bisweilen hörbar verfremdet.