Foto: dpa/Philipp Schulze
Wo ist Hilfe gebraucht? In den sozialen Netzwerken vernetzen sich Freiwillige.
Facebook, Twitter und die Flut
Wenn das Wasser kommt, ist es schwer, den Überblick zu behalten. Viele wollen helfen, wissen aber nicht, wo und wie. Kurzentschlossen gründen Bürger Facebook-Seiten oder twittern, wo gerade Not am Mann ist. Das birgt aber auch Risiken.
07.06.2013
evangelisch.de

Die Flut kommt, schon seit Tagen. Mancherorts steigt das Wasser unaufhörlich, in anderen Regionen kann langsam mit dem großen Aufräumen begonnen werden. In den betroffenen Gebieten an der Halle, an der Saale und an der Schwarzen Elster herrscht Ausnahmezustand. Viele Menschen wollen anpacken, etwas gegen die Wassermassen tun. Auf Facebook und Twitter vernetzen sich die Helfer. Der Vorteil: Innerhalb von wenigen Minuten bekommen sie eine Auskunft, wo ihre helfenden Hände gerade gebraucht werden.

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Auch Alexandra Bauer will anpacken. Nachmittags twittert sie: "Wird irgendwo in #dresden gerade ganz dringend #Hilfe benötigt? Sonst gehn wir wieder nach Cossebaude, Säcke füllen..." Wenige Minuten später bekommt sie als Anwort eine Google Maps-Karte geschickt, wo mögliche Einsatzorte verzeichnet sind. Auch Hilfesuchende melden sich in dem Kurznachrichtendienst, wie etwa der Museumsverband Sachsen-Anhalt. "Es werden Helfer für eine Menschenkette benötigt", twittert er. Und Niels Fock fragt: "Fährt einer aus #bonn irgendwo hin, wo #hochwasser ist und wo #hilfe benötigt wird? Ich will #helfen!!"

Die Hilfsbereitschaft ist groß, bundesweit. Besonders auf Facebook, das laut dem Allensbacher Institut 47 Prozent der Bevölkerung nutzen. "Einfach nur Wahnsinn, wie hilfsbereit die Leute sind!! DANKE!!", schreiben die Verwalter der Facebook-Seite "Deggendorf räumt auf", die sich selbst als offizielle Helferkoordinationsstelle der Stadt Deggendorf beschreibt. Studenten der Technischen Hochschule Deggendorf in Bayern betreuen die Seite, ein Foto zeigt zwölf junge Leute. Zur Veröffentlichung des Artikels hatte die Seite über 6.000 Likes - das ist viel, vor allem, da sie erst seit Donnerstag existiert.

Überwältigender Zuspruch im Netz

Die Studenten informieren über die Ausgabe von Sachspenden wie Kleidung, Babynahrung und Decken, posten aber auch Hilfsgesuche und bekommt Angebote. Irmgard Herrmann etwa stellt großzügig neben ihrer Unterstützung auch ein Zimmer zur Verfügung: "Für die, die nicht so gerne in der Turnhalle übernachten. Gerne auch mit Kind."

Ähnlich funktioniert die Seite "Passau räumt auf", die ebenfalls von Studenten betreut wird. Auch sie geben Informationen der Stadt weiter - wie etwa, dass alle Helfer umsonst Bus fahren dürfen. Mit rund 11.800 Anhängern erreicht die Seite viele mögliche Helfer. Bei all der Hilfsbereitschaft schreiben die Koordinatoren am Freitagnachmittag: "Für heute sind wir sehr gut mit Helfern ausgestattet. Bitte nicht MEHR VON EXTERN anfahren!"

Guido Herzog will sich damit nicht zufrieden geben und trotzdem in den umliegenden Dörfern helfen, was die Studenten ablehnen: "Die Ordner und Koordinatoren schicken teilweise Leute wieder zurück. Bitte hebt euch euren Einsatzwillen und eure Motivation auf."

Viel Arbeit, die Posts zu überprüfen

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Die zu große Anzahl an Helfern ist ein Problem, das Sensibilität verlangt und scheint nicht nur Passau zu betreffen. In der offenen Gruppe "Hochwasser Magdeburg - Helfer!" mit fast 300 Mitgliedern beschwert sich Steven Akabalu: "Es macht echt keinen Spaß mehr - da will man helfen und was passiert? Man wird weg geschickt." Da eine offene Gruppe von niemandem moderiert wird, fühlt sich keiner verpflichtet, ihn zu beschwichtigen.

Anders als in Deggendorf und Passau postet unter "Hochwassernews Magdeburg" keine offizielle Stelle. Die Verwalter der Seite halten aber Kontakt zu Feuerwehr und Polizei. "Hochwassernews Magdeburg" möchte für seine 28.700 Anhänger relevante Informationen für die Region filtern. Die Seite wurde von drei Bürgern gegründet, damit Helfer sich schnell und unkompliziert vernetzen können.

Christopher Koennecke gehört zu dem Trio und ist überrascht von den vielen "Gefällt mir"-Angaben. "Wir hätten nicht gedacht, dass das solche Ausmaße annimmt", sagt er.

Denn die Seite bedeutet viel Arbeit, wenn sie keine falschen Informationen weitergeben wollen. Außerdem müssten sie Kommentare prüfen: "Wir wollen keine Leute irgendwohin schicken, wo sie behindern", erklärt er.

Soziale Netzwerke können zu nah dran sein

Ursula Fuchs vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hält die Nutzung sozialer Netzwerke für eine gute Sache, warnt aber auch vor der Emotionalität. "Die Menschen sind betroffen, haben etwa Wasser im Keller. Da kann schon mal etwas zu heftig gesschrieben werden und nicht so sachlich, wie eine offizielle Stelle schreiben würde", sagt sie. Außerdem sei es schwer, die Zuverlässigkeit der Informationen zu prüfen.

Den Bürgern rät sie, sich vor Ort zu erkundigen, denn das Bundesamt verbreite nur allgemeine Lagemeldungen auf seiner Internetseite. "Nur vor Ort erfahren sie, welche Straße evakuiert werden muss", erklärt die Sprecherin. Verlässliche Informationen lieferten etwa die Seite der jeweiligen Stadt, der Gemeinde oder der Feuerwehr.