Foto: dpa/Martin Förster
In Meißen steht das Wasser auf den Straßen.
Bangen an der Elbe
Es ist wieder eine Jahrhundertflut. Viele Menschen in Sachsen erleben dieser Tage zum zweiten Mal eine Hochwasser-Katastrophe und müssen vor noch Schlimmerem bangen.
04.06.2013
Von den epd-Korrespondenten und Jana Hofmann (evangelisch.de)

Bei den routinierten Handgriffen werden schlimme Erinnerungen wach: In Dresden werden Möbel hochgestellt, Werkräume ausgeräumt, Sandsäcke befüllt. Die Stadt an der Elbe ist alarmiert vom drohenden Hochwasser. Bis Donnerstag wird mit einem Pegelstand von etwa neun Metern gerechnet. Bei der verheerenden Flut im Jahr 2002 waren es 9,40 Meter.

###mehr-artikel###Auch flussabwärts spitzt sich die Lage zu: In Magdeburg gilt Katastrophenalarm. Es wird sogar mit höheren Pegelständen als 2002 gerechnet. In Halle bedrohen die Wassermassen der Saale das Plattenbaugebiet Neustadt. Große Veranstaltungen wie die traditionsreichen Händelfestspiele wurden abgesagt.

Elbstädte schauen besorgt auf die Moldau, die derzeit riesige Wassermassen führt. Bei Melnik in der Tschechischen Republik fließt sie in die Elbe und spuckt aus, was sie im überfluteten Prag eingesammelt hat. In Dresden bangt man deshalb wieder um die historische Altstadt und ihre Museen. Der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Hartwig Fischer, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), dass derzeit noch alle Ausstellungen in der Innenstadt geöffnet sind und auch rege besucht werden. Lediglich das Pillnitzer Schloss und die Parkanlage seien geschlossen worden.

Irgendwie retten, was zu retten ist

Im Dresdner Zwinger und dem Residenzschlosses sind alle tiefer gelegenen Räume leer geräumt. "Wir sind gewappnet", sagte Fischer. Die Oper sagte eine für Dienstagvormittag geplante Vorstellung ab. Auch der Sächsische Landtag am Elbufer ist betroffen. Er verlegte eine Anhörung in die Dresdner Dreikönigskirche.

Auch die sächsische Landeskirche ist betroffen. Die Sicherungsmaßnahmen entlang der Elbe in Pirna, Dresden und Meißen laufen. Um die evangelische Kirche "Maria am Wasser" direkt am Fluss in Dresden-Hosterwitz werden Sandsäcke gestapelt. Anett Meile sitzt in Pirna im Büro und versucht, die Vorbereitungen ihrer Gemeinde irgendwie zu koordinieren. St. Marien erinnere sich noch gut an die Flut von 2002. "Das Wasser kommt und wir versuchen zu retten, was zu retten ist", sagt sie. Zum Glück liege die Marienkirche nicht direkt am Wasser. In der benachbarten Schandaukirche hätten Helfer das Gestühl und die Heizung rausgeräumt.

Auch im sächsischen Grimma wiederholen sich Szenen der Jahrhundertflut 2002. Seit Samstag wurde die Innenstadt evakuiert, Altenheime, Schulen und Kindertagesstätten geräumt. In einer Turnhalle eines örtlichen Gymnasiums reihen sich 170 Feldbetten für Evakuierte aneinander.

Angst vor Rückkehr und Schäden

Der 33-jährige Tobias Haubner musste am Sonntag seine Erdgeschosswohnung nahe der Mulde verlassen. In den Nächten in der Notunterkunft findet er keinen Schlaf. Nahezu stündlich steht er auf, geht mit anderen Flutopfern nach draußen und beobachtet den steigenden Pegel. "Man ist müde, aber schlafen kann man nicht."

Auch die anderen Bewohner finden am Abend schlecht Ruhe. "Gerade die Senioren wollten sich nicht hinlegen, weil sie Angst haben, nicht wieder hoch zu kommen. Sie schämen sich vor den Blicken der Anderen", erzählt Notfallseelsorger Tommy Schmidt. Den schwersten Einsatz für Notfallseelsorger erwartet er für Mittwoch. Der Mulde-Pegel sinkt und die ersten Bewohner dürfen an dem Tag wahrscheinlich in ihre Wohnungen zurück. "Das wird für viele ein Schock sein", sagte Schmidt, der die Bilder der Verwüstung bereits erahnt. Rund 30 bis 40 Kräfte der Diakonie werden nach Angaben der Koordinatorin Carsta Wagner die Menschen bei ihrem Weg in die Wohnungen begleiten.