Foto: dpa/Christian Charisius
Gerhard Ulrich, erster Landesbischof der Nordkirche
Er ist ein Küstenmensch, er ist neugierig und denkt, dass Kirche politisch sein muss: Am Montag nimmt Gerhard Ulrich in Schwerin sein Amt als Landesbischof der Nordkirche auf. Die feierliche Einführung ist erst im August.
03.06.2013
epd
Nicole Kiesewetter

Der Arbeitsbeginn des neuen Landesbischofs ist nicht von besonderer medialer Aufmerksamkeit begleitet. Dennoch ist der 3. Juni für Gerhard Ulrich ein "Datum mit emotionaler Bedeutung". Damit werde "nach Innen und Außen sichtbar, dass etwas Neues beginnt", sagt er. Die Nordkirche, Pfingsten 2012 entstanden aus der Fusion der nordelbischen, mecklenburgischen und pommerschen Landeskirche, schließt damit ihren Strukturwandel ab. Der Hauptsitz der Verwaltung bleibt in Kiel, der Sitz des Landesbischofs wird in Schwerin sein.

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In Schwerin wird der 62-Jährige, der vor seiner Wahl zum Landesbischof im Februar Bischof des Sprengels Schleswig und Holstein war und mit seiner Frau Cornelia in Schleswig lebt, eine Dienstwohnung haben. Doch die Pendelei sei für das Privatleben der Ulrichs nichts Neues: "Ich bin mehr als 200 Tage im Jahr unterwegs. Meine Frau ist es gewohnt, dass ich nicht zu Hause bin". Der konkrete Ort spiele dabei keine Rolle.

Die Erwartungen sind hoch

Warum hat er sich mit 62 Jahren überhaupt noch einmal zu Wahl gestellt - in einem Alter, in dem andere lieber heute als morgen aufhören würden zu arbeiten? "Ich habe den Ruhestand als neuen Lebensabschnitt im Blick, aber nicht das Ziel, dort so schnell wie möglich hin zu kommen", sagt Ulrich. Da sei das Gefühl, noch einen Beitrag leisten zu können zum weiteren Zusammenwachsen der Nordkirche.

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Er weiß, dass die Erwartungen hoch sind. Da gebe es einerseits die Residenzpflicht, also die Verpflichtung, an seinem Dienstsitz zu wohnen. Andererseits werde zu Recht erwartet, dass der Bischof in der gesamten Landeskirche präsent ist. Und die ist mit über 40.000 Quadratkilometern und über 1.000 Gemeinden nun eine der flächenmäßig größten innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Dass sein Privatleben dabei nicht zu kurz kommt, sei Sache seiner Frau, sagt Ulrich. Sie habe Zugriff auf seinen Terminkalender und trage private Termine mit der Familie oder mit Freunden ein. "Ich bin dankbar, dass sie unser soziales Leben organisiert. Sonst würde ich wahrscheinlich vereinsamen", gibt der Vater von vier erwachsenen Söhnen offen zu.

Jugendjahre ohne innere Gottesnähe

Und wohin fährt ein Bischof in den Urlaub, wenn er sich einmal von seiner Landeskirche erholen muss? Müsse er gar nicht, versichert Ulrich: Er sei "ein Küstenmensch" und liebe die Weite. "Dort, wo wir leben, zwischen den Meeren, kann man die Kraft der Schöpfung spüren". Deshalb gehts auf die Nordsee-Insel Pellworm, schon seit vielen Jahren.

Und auch theologisch bleibt Ulrich seinen Auffassungen treu: "Kirche muss politisch sein, aber sie darf nicht parteipolitisch sein", sagt er und erzählt, dass er für diese Meinung auch schon Kritik habe einstecken müssen. Doch das sei nur die logische Konsequenz, wenn man sich in seinem Leben und Handeln an der Bibel, "diesem hochpolitischen Buch" orientiere. Dabei fand Ulrich den Weg zur Kirche selbst auch erst über Umwege.

"Ein Ort, an dem Menschen verweilen"

Seine Jugendjahre habe er ohne innere Gottesnähe gelebt, sagt er von sich. Sein Elternhaus sei nicht sehr kirchlich geprägt gewesen. Sein Bekehrungserlebnis hatte er mit 23 Jahren im Hamburger Ernst-Deutsch-Theater: Als Schauspielschüler spielte er in dem Stück "Abaelard und Héloise", als dort eine Kollegin den 139. Psalm rezitierte. Diese Worte hätten ihn so bewegt, dass er sein Studium der Theaterwissenschaften aufgab, um Theologie zu studieren.

Kirche sei zwar "nicht beauftragt, sich an die Spitze jeder Bewegung zu stellen, aber sie gehört an die Seite der Menschen", ist Ulrich überzeugt. Deshalb sei es auch wichtig gewesen, dass es beispielsweise in Stralsund Andachten für die von Entlassung bedrohten Werftarbeiter gab.

Gerhard Ulrich freut sich auf Schwerin, wo es ihn besonders zum Pfaffenteich zieht: "Das ist ein Ort, an dem Menschen verweilen". Und er ist gespannt auf die für ihn bisher wenig bekannten Gebiete der Nordkirche, die es für ihn nun zu entdecken gilt. "Das ist ja das Schöne an meinem Beruf: Ich werde überall hin gelockt. Da habe ich es besser als andere."