Lothar König im Gerichtssaal
Foto: dpa/Arno Burgi
Sensibel und nachdenklich sei Lothar König, sagen seine Freunde. Im Prozess vor dem Amtsgericht Dresden sagt der Angeklagte nicht viel.
"Stimmung gegen den Angeklagten"
Lothar König demonstrierte in Dresden gegen Neonazis. 2011 geriet er ins Visier der Ermittler. Seit April läuft gegen den Pfarrer ein Prozess vor dem Amtsgericht Dresden wegen Landfriedensbruchs. Doch bisher erhärtet kaum etwas den Vorwurf.
27.05.2013
epd
Katharina Rögner

Lothar König sitzt im Gerichtssaal und schüttelt den Kopf. Nur quälend langsam geht der Prozess gegen ihn voran. Dazwischen folgt immer wieder der Schlagabtausch zwischen seinem Verteidiger und der Staatsanwaltschaft. Das nervt und macht Beteiligte wie Zuschauer müde. König schüttelt wohl auch deshalb immer wieder den Kopf, weil der 59-jährige Pfarrer aus Jena den Vorwurf der Dresdner Staatsanwaltschaft nicht fassen kann: Er habe den Landfrieden gebrochen, heißt es in der Anklageschrift.

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Mit Rufen aus seinem blauen VW-Lautsprecherwagen ("Lauti") soll er am 19. Februar 2011 in Dresden Demonstranten aufgefordert haben, auf Polizisten loszugehen. Auch habe die aggressive Musik aus dem Wagen die Massen während der Anti-Nazi-Proteste aufgeheizt. König bestreitet die Vorwürfe vehement.

Am Dienstag wird der Prozess in Dresden mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt. Königs Verteidiger Johannes Eisenberg und Lea Voigt aus Berlin halten die Anklage für konstruiert. Die Staatsanwaltschaft spricht indes von schlüssigen Beweisen. Ihre Anklage stützt sich auf Videoaufzeichnungen und Zeugenaussagen.

Nur ein Polizist erinnert sich an den blauen "Lauti"

Bei den Protesten 2011 in Dresden war es zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Mehr als 100 Polizisten und etwa 150 Demonstranten wurden verletzt. Staatsanwältin Ute Schmerler-Kreuzer hält dem Pfarrer vor, Gewalt zumindest billigend in Kauf genommen zu haben. Sein "Lauti"-Kleinbus, den er selbst steuerte, soll bei den Protesten ein Treff- und Sammelpunkt für Linksautonome gewesen sein.

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Im Prozess vor dem Dresdner Amtsgericht wurden bisher vier Polizisten als Zeugen gehört. Sie konnten sich allerdings nur an wenig erinnern. Einen blauen "Lauti" hat nur einer gesehen von ihnen gesehen. Die Aussagen sind schwammig. Es scheint, als ob die Anklage im Verlauf des Prozesses mehr und mehr ausgehöhlt wird. Dies spielt Verteidiger Johannes "Jonny" Eisenberg in die Hände, der für seine messerscharfe Rhetorik bekannt ist und schon so manchen seiner Angeklagten "rausgehauen" hat.

Staatsanwältin Schmerler-Kreuzer braucht indes starke Nerven: An den ersten drei Prozesstagen wurde sie vom Verteidiger beleidigt und beschimpft, kam manchmal nicht zu Wort. Mehrfach musste der Vorsitzende Richter, Ulrich Stein, zu Disziplin ermahnen oder gar die Sitzung unterbrechen. Dazu bezieht auch er Prügel von Königs Verteidiger Eisenberg. Stein quittierte es mit den Worten: "In meinem Gehalt ist das Schmerzensgeld inbegriffen."

Verschmitztes Lächeln hinter dem Rauschebart

Eisenberg ist für seine lebhaften Diskussionen bekannt, er fällt gern ins Wort und brüskiert die Beteiligten. In Dresden will er im Laufe der Verhandlung nachweisen, dass sein Mandant die Demonstranten nicht auf Polizisten gehetzt, sondern sie vielmehr zurückgerufen hat. Er spricht von einer gemachten "Stimmung gegen den Angeklagten". Ungeklärt ist dabei, ob es am 19. Februar 2011 in Dresden Aufenthaltsverbotszonen gab oder nicht. Eisenberg hat nun beantragt, Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) als Zeugen zu vernehmen. Der Dienstherr der sächsischen Polizisten soll bekunden, dass es Aufenthaltsverbotszonen - wie es die Staatanwaltschaft behauptet - nicht gab.

Und Lothar König selbst? Gewalttätig sieht er nicht aus, wenn seine Augen ab und an blitzen, er die Mikrofone für seine Verteidiger zurechtrückt oder der Rauschebart ein verschmitztes Lächeln freigibt. Freunde und Weggefährten wissen zu berichten, dass er sensibel und nachdenklich ist. Und dass die Narbe an seiner Stirn von einer Nazi-Attacke stammt. Der Jenaer Stadtjugendpfarrer ist immer wieder dabei, wenn seine Jugendlichen demonstrieren - in Gorleben oder Dresden. Das ist seine Art von Seelsorge. Dennoch weiß er um die "Grauzone" im Einsatz an vorderster Reihe. Im Prozess hält er sich mit Aussagen zurück.