Foto: dpa Picture-Alliance/Carlo Allegri
Schöne Frau: Die 37-jährige Angelina Jolie.
Angst oder Amputation? Jolie und der Brustkrebs
Angelina Jolie gilt als Powerfrau: Sie ist Mutter von sechs Kindern, Schauspielerin, Botschafterin für das UN-Flüchtlingswerk UNHCR. Und sie hat ihre Mutter an den Brustkrebs verloren, ist Trägerin eines "Brustkrebsgens". Damit der Krebs bei ihr nicht ausbrechen kann, ließ Jolie ihre Brüste entfernen. Auch in Deutschland sind solche vorbeugenden Operationen schon üblich. Krankenhausseelsorgerin Manuela Quester aus Bonn spricht mit Patientinnen vor allem über deren Ängste.
14.05.2013
evangelisch.de
Jana Hofmann, mit dpa

Es ist, als würde einem der Boden unter den Füßen weggezogen. Brustkrebs. Eine Diagnose, nach der nichts mehr sicher ist, sagt Krankenhausseelsorgerin Manuela Quester. Der Krebs konfrontiere einen mit dem eigenen Tod, der Endlichkeit des Lebens. Als Pfarrerin im Bonner Johanniter-Krankenhaus begleitet sie seit 30 Jahren vor allem Krebspatienten. Viele von ihnen haben Brustkrebs, wie auch eine junge Frau, die gerade mit dem zweiten Kind schwanger war.

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"Der Krebs führt die Menschen in Konfliktsituationen, in denen sie extrem durchgerüttelt werden", sagt Pfarrerin Quester. Die Patientin habe sich fragen müssen: Kann ich das Kind austragen? Was bedeutet das für mich und meine Gesundheit? "Am Ende des Nachdenkens stand die Entscheidung für das Leben", erinnert sich die Seelsorgerin und meint damit: für ihr eigenes Leben. Die junge Frau trieb ab und machte eine Chemo-Therapie. 

"Jede Frau muss ihren Weg finden"

Wenn Frauen in Deutschland Krebs bekommen, dann ist es vor allem Brustkrebs. Rund 50.000 Frauen erkranken jedes Jahr neu daran. Etwa sieben Prozent haben Verwandte, die bereits an Brustkrebs erkrankten oder gestorben sind. Wie die Schauspielerin Angelina Jolie tragen sie die "Brustkrebsgene" BRCA 1, BRCA oder das jüngst entdeckte RAD51C in sich – und haben damit eine Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent, Brustkrebs zu kriegen. Sie leben mit der ständigen Angst, dass die Krankheit ausbrechen könnte.

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Jolie will auch anderen Frauen die Angst nehmen. Ohne Brüste ist ihr Risiko, jemals an Brustkrebs zu erkranken, auf weniger als fünf Prozent gesunken. In der "New York Times" ruft sie andere Frauen mit "Brustkrebsgenen" auf, es ihr gleich zu tun. Sie hoffe, es helfe ihnen, zu wissen, dass sie Wahlmöglichkeiten hätten, schreibt Jolie. "Ich will jede Frau ermutigen, besonders wenn sie eine Familiengeschichte mit Brust- oder Eierstockkrebs hat, Informationen und medizinische Experten, die einem bei einer informierten Entscheidung helfen können, zu suchen."

Auch in Deutschland ist die Brustamputation üblich, wenn Frauen stark familär vorbelastet sind und mit der Angst nicht leben können, erklärt Susanne Volpers, Bundesvorstandsmitglied der "Frauenselbsthilfe nach Krebs". Sie hält Angelina Jolies Entscheidung für nachvollziehbar, aber höchst individuell. "Jede Frau sollte sich umfassend informieren und ihren eigenen Weg finden", sagt Volpers. Dass Angelina Jolie ihre Brüste amputieren ließ, solle dabei keine Rolle spielen. Daniel Haidinger von "Brustkrebs Deutschland e.V." warnt, dass eine Amputation immer eine schwierige Entscheidung sei. "Man kann zwar einen Brustaufbau anstreben, aber das Körpergefühl ist später anders."

Krankenhausseelsorgerin Quester findet, es sei ein sehr harter Schnitt, sich zu einer Amputation zu entscheiden. "Ich beschneide mich ja im Vorhinein", erklärt sie. Die Frage sei: Wie sehr kann ich mich mit dem Eingriff wirklich schützen? "Eine Amputation ist ein Einschnitt in mein Frausein. Die Brust ist mit meiner Weiblichkeit und meiner Sexualität verbunden", sagt die Pfarrerin.

Das wichtigste ist, die Angst loszuwerden

Deshalb würde sie Frauen, die vor der schwierigen Entscheidung stehen, fragen, was sie dazu bringe, welche Ängste sie haben. Eine Patientin habe sich gleich beide Brüste amputieren lassen, als in einer Krebs gefunden wurde. "Das war für sie so stimmig", erklärt Quester. Wichtig sei, wie die Frau den Eingriff verkrafte. Und ob sie nach der Operation ihre Angst loswerde.

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In den letzten Jahren hat die Seelsorgerin einen Wandel in der Gesellschaft bemerkt. Bis vor kurzem war Krebs ein Tabu, heute gehen immer mehr Frauen - auch berühmte - offen und selbstbewusst mit ihrer Krankheit um. Sie kenne Lehrerinnen, die ihren Schulklassen von ihrem Brustkrebs erzählen. "Viele haben auch Angst und sagen: 'Aber in der Nachbarschaft möchte ich nicht, dass jemand das weiß!'", erzählt Pfarrerin Quester. Diesen Frauen könne Angelina Jolie vielleicht ein Beispiel sein, mutig zu leben.