Knallgrün leuchten die Wände, es riecht nach Farbe, und ein Zettel im Foyer warnt: "Frisch gestrichen“. Vor wenigen Wochen erst, zu Beginn des Schuljahres, ist die Evangelische Grundschule Wilmersdorf in ihr neues Schulhaus eingezogen. Nach Jahren des Provisoriums hat die Schule nun einen festen Standort auf dem "Campus Daniel“ im Berliner Westen, auf dem Gelände der Evangelischen Daniel-Kirchgemeinde.
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Schule und Gemeinde rücken hier ungewöhnlich eng zusammen: Klassenräume und Kirchsaal liegen im gleichen Gebäude. Für eine Übergangszeit war die Schule vor einigen Jahren schon einmal in den Räumen der Gemeinde zu Gast. "Das wurde von der Gemeinde als sehr positiv empfunden“, sagt Pfarrer Norbert Zakrzewski-Fischer. Im Kirchsaal feierte die Gemeinde Gottesdienste, die Schule nutzte den Saal als Aula. Heute helfen Mitglieder der Gemeinde im Unterricht mit, bieten AGs an und unterstützen bei den Hausaufgaben.
Ein Ort der Begegnung für die gesamte Gemeinde
Das Gelände ist als Mehrgenerationen-Campus angelegt. Neben Kindertagesstätte und Seniorentreff wird es hier bald auch eine Diakonie-Station geben; ein Campus-Café ist in Planung. So ermöglicht der Campus Begegnungen zwischen Jung und Alt, generationsübergreifendes Lernen soll gefördert, soziales Handeln im Alltag eingeübt werden. Für das nächste Schuljahr ist ein sozialdiakonisches Praktikum geplant. Die älteren Schüler könnten dann zum Beispiel beim Gemeindekaffee mithelfen, die Küsterin unterstützen oder in der Kita vorlesen. Das Lernen auf dem Campus ergänzt das Lernen in der Schule.
Die Grundschule arbeitet nach reformpädagogischen Grundsätzen: Individueller Unterricht, jedes Kind bestmöglich fördern, selbstständiges Lernen vermitteln, das ist das Ziel. Deshalb bilden die Klassenlehrer Teams mit Co-Lehrern und Erziehern. Bis zu 24 Kinder gehen in eine Klasse, das Team kann nach Bedarf kleinere Gruppen bilden und so jeden Einzelnen besser betreuen. Monika Rehberger, Mutter einer Drittklässlerin, ist von dem Konzept überzeugt: "Hier fällt kein Kind durchs Raster, die Lehrer kümmern sich“, sagt sie.
Unterricht in der Evangelischen Grundschule Wilmersdorf. Foto: Evangelischer Kirchenkreis Wilmersdorf.
Im Jahr 2005 wurde die Grundschule gegründet, heute sind es etwa 230 Schüler von der ersten bis zur sechsten Klasse. Träger ist die Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Das Gebet zur Frühstückspause gehört ebenso zum Alltag wie Religionsunterricht, wöchentliche Andachten und Gottesdienste zu den großen Kirchenfesten. Die Schule will Werteperspektiven anbieten, ohne Zwang. Muslimische, jüdische und buddhistische Schüler lernen hier gemeinsam mit evangelischen und nicht getauften. "Wir sind eine Schule für alle Kinder“, betont Schulleiterin Jaqueline Bussée.
Auch während des Unterrichts: Die Älteren helfen den Jüngeren
Jede Klasse ist nach einem Tier benannt. Hinter einer Tür im ersten Stock lernen die "Eisbären“: Während Fabrice Matheaufgaben löst, üben Lavinia und Klara einen Vortrag zum Thema "Das Skelett“; Relinda liest in der Lesecke ein Buch. Die Unterrichtsstunde heißt "Lernwege“: Je nachdem wie weit die Schüler sind, hat der Lehrer für jedes Kind unterschiedliche Übungen zusammengestellt.
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Dabei wird jahrgangsübergreifend unterrichtet, immer zwei Jahrgangsstufen lernen gemeinsam: Wie in ganz Berlin die erste und zweite Klasse, darüber hinaus aber auch die Älteren: Bei den "Eisbären“ erklärt Ella aus der Vierten Luisa aus der Dritten gerade, wie viele Sterne sie in ihr Leseheft einkleben darf. Wenn Luisa zwei Seiten Aufgaben gelöst hat, bekommt sie einen silbernen Stern. Noten gibt es hier nicht.
Mehr als Fachwissen sollen die Kinder sich hier aneignen. "Ich möchte, dass die Kinder die Schule mit einem guten Selbstwertgefühl verlassen“, sagt Bussée. Die Schule bietet deshalb viele Möglichkeiten sich auszuprobieren: Vom Experimentier-Kurs über Capoeira bis zur Trickfilm-AG reicht das Angebot am Nachmittag - eine weitere Möglichkeit, bei der die verschiedenen Generationen auf dem Campus Daniel in Kontakt kommen.