Eine Clownin vom "Organtheater Regenbogen" beim Austeilen des Abendmahls
Foto: epd-bild/Stefan Arend
Eine Clownin vom "Organtheater Regenbogen" beim Austeilen des Abendmahls
Clowns beim Abendmahl unterm Regenbogen
"Feierabendmahl unter dem Regenbogen" am Freitagabend im Hamburger Multikulti-Stadtteil St. Georg. Lesben- und Schwulengruppen hatten eingeladen. Die bunt gedeckten Tische auf dem Hansaplatz füllten sich mit den unterschiedlichsten Menschen – nicht nur mit Kirchentagsbesuchern.
04.05.2013
evangelisch.de

Regenbogen-Transparente bildeten die "Eingänge" zum Hansaplatz, farbige Tischdecken ließen die Mahlgemeinschaft von oben wie einen großen Regenbogen erscheinen. Die Sonne schien und das "Organtheater Regenbogen", eine Clown-Gruppe in den Farben des Regenbogens, ulkte den ganzen Abend durch die Menge, verteilte Rosenblüten und Fröhlichkeit. Farben für die gute Laune.

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Die Theologin Kerstin Söderblom beschrieb den Regenbogen in ihrer befreiungstheologischen Auslegung zu 1. Mose 9, 1-17 als Schutzzeichen: Gott sichere damit Schutz vor Diskriminierung, Gewalt und Respektlosigkeit zu. Auch hier in einem unbekannten Umfeld in Hamburg fänden Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle (LGBTI) an diesem Abend "Geborgenheit und eine sichere Heimat". Genauso war es. Zwischen den Tischen trafen sich Menschen aus der christlichen LGBTI-Szene wieder. Umarmungen, frohe Gesichter. "Fühlt sich an wie ein kleiner CSD auf dem Kirchentag", freute sich Freya aus Halle.

Bewegende Geschichten

Trotzdem wurde nicht ausgeblendet, dass es für viele – besonders in Afrika und Osteuropa, aber auch hier - noch schwierig ist, in ihrem Anderssein anerkannt zu werden. Der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Volker Beck, berichtete über Uganda, wo Homosexualität mit Haft bestraft wird. In Deutschland sei die Akzeptanz gestiegen, nicht zuletzt wegen der vielen Familienfeiern, die seit dem Lebenspartnerschaftsgesetz gefeiert werden. Doch Beck fordert die völlige Gleichstellung mit der Ehe: "Wer den Menschen nicht die gleichen Rechte gibt, spricht ihnen auch die gleiche Würde ab!"

Vier Menschen erzählten mutig und offen ihre persönlichen Lebens- und Liebes-Geschichten: Ein HIV-infizierter Mann aus Hamburg berichtete, wie er nach völliger körperlicher und geistiger Erschöpfung mit Hilfe der Aids-Seelsorge in St. Georg zurück ins Leben fand. Eine lebische katholische Seelsorgerin erzählte, wie sie die Lüge an ihrem Arbeitsplatz nicht mehr aushielt und ihren geliebten Job zugunsten eines offenen Lebens aufgab. Zum Schluss erklärte ein glücklicher Familienvater, 36 Jahre verheiratet, mit bewegenden Worten die Liebe zu seiner Frau: "Ich möchte leben für sie - für meine Renate." Der Familienvater war Reinhard Höppner,  früherer Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt.

Füße, Hände, Bäuche und Hinterteile

Menschen sind unterschiedlich, und das ist gut so. Auch dafür steht der Regenbogen in der Lesben- und Schwulenbewegung. Den Gedanken der Unterschiedlichkeit hat der Apostel Paulus mit einem sehr körperbetonten Bild beschrieben – freilich meinte er in 1. Korinther 12, 12-31 die Gemeinde, nicht die "Szene".

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Die Regenbogen-Clowns machten das Bild mit einer witzigen Glieder-des-Leibes-Performance "passend", streckten den Feiernden Füße, Hände, Bäuche und Hinterteile entgegen und zitierten Redewendungen zu dem jeweiligen Körperteil.

Beim Abendmahl wurden Regenbogen-Armbändchen als "Friedengruß" verteilt (und später untereinander getauscht). Jede Tischgemeinschaft teilte ein Fladenbrot und einen Krug Traubensaft unter sich. An einigen Tischen kamen Menschen aus St. Georg, deren Lebensraum offenbar der Hansaplatz ist und die sich schüchtern ganz an den Rand gehockt hatten, unverhofft in den Genuss von Brot und Wein: "Die waren aufgestanden zum Vater Unser, da haben wir denen was gebracht", erzählt Jens Martin Kleem aus Knüllwald fröhlich.

"Unser Gastgeber ist Gott. Er selbst ist die Liebe"

Bischöfin Kirsten Fehrs sang in ihrer Tischrede ein poetisches Loblied auf die Liebe: "Der Mensch vergeht ohne dieses zärtliche Gefühl. Der Mensch vergeht, wenn er nicht lieben darf." Gewiss hat die Hamburger Bischöfin schon theologisch tiefgründigere Predigten gehalten, diese hier setzte sich leider zunehmend aus sehr einfachen Wahrheiten, man könnte auch sagen: romantischen Plattitüden zusammen: "Unser Gastgeber ist Gott. Er selbst ist die Liebe." Doch der Ton traf die Stimmung in der Abenddämmerung auf dem Hansaplatz.

Höhepunkt war der Kanon, den Kirsten Fehrs den Feiernden beibrachte: "Gott ist bei uns alle Tage, bis die Erde endet." An den Tischen sollte man einander umarmen, sich singend an den Händen halten und in die Nacht schunkeln, während die Clown-Gruppe Rosenblüten auf die Menschen regnen ließ. Für manche nüchternen Protestanten war dieser Overflow an kitschigen Liebes-Symbolen etwas zu viel des Guten.