Foto: epd-bild/privat
"Ich will vor allem meine Mutter entlasten"
Drei Fragen an die contergangeschädigte Reiterin Bianca Vogel zur Erhöhung
An diesem Donnerstag wollte der Bundestag die Erhöhung der Contergan-Renten beschließen. Bianca Vogel (52) ist eine von mehreren tausend Betroffenen. Als 16-Jährige kaufte sie sich von der Contergan-Rente ihr erstes Pferd. 2004 gewann Vogel, die ohne Arme geboren wurde, zwei Silbermedaillen bei den Reitwettkämpfen der Paralympics in Athen. Sie lebt in Sinzig in Rheinland-Pfalz.
25.04.2013
epd
Bettina Markmeyer

Wofür brauchen Sie das Geld am dringendsten?

Bianca Vogel: Ich zum Beispiel bräuchte eigentlich eine 24-Stunden-Assistenz. Wenn mein Pferdeschwanz aufgeht, kann ich ihn nicht zusammenbinden, Knöpfe auf- und zumachen, das Kochen, der Hausputz - das alles kann ich nicht mehr. Ich konnte mir auch früher nicht die Haare kämmen, aber putzen war zum Beispiel teilweise möglich. Das ist nun wegen der Folgeschäden seit Jahren nicht mehr machbar.

Bis jetzt macht das alles meine Mutter. Aber ich will sie entlasten, sie ist 75 Jahre alt. Natürlich frage ich auch Freunde um Hilfe. Aber ich kann diese Abhängigkeit nicht leiden. Die Erhöhung der Rente bedeutet für viele von uns ein bisschen mehr Unabhängigkeit.

Reicht das Geld?

###mehr-artikel###Vogel: Ich kann wegen der zunehmenden Schmerzen nur 18 Stunden pro Woche arbeiten. Ich bin Erzieherin und hoffe, dass ich noch eine Weile in meinem Beruf bleiben kann. Wenn ich nun aber doch aufhören muss, dann hilft mir die höhere Rente. Denn die Erwerbsminderungsrente, die ich bekommen werde, ist sehr niedrig.

Ich vermute aber, dass das Geld bei vielen nicht reichen wird. Bei mir vielleicht auch nicht: Wenn ich demnächst zum Beispiel eine Assistenz bezahlen muss, kann man sich leicht vorstellen, dass es mit ein paar Stunden am Tag nicht getan ist.

Sie haben als Jugendliche von der Contergan-Rente ihr erstes Pferd gekauft. Was würden Sie jetzt tun, wenn Geld übrigbliebe?

Vogel: Oh, ich würde eine Reise machen. Mein Traum wäre Neuseeland. Da lebt ein guter alter Freund von mir. Reiten kann ich ja nicht mehr. Ich musste mich vor zwei Jahren von meinem Sport verabschieden, was für mich bis heute sehr schmerzhaft ist. All das, was ich so gerne gemacht habe, ist mir genommen worden.

Zunächst ist es aber am wichtigsten, meinen Alltag so zu regeln, dass meine Mutter entlastet wird. Sie ist so pflichtbewusst - und das tagtäglich seit 52 Jahren. Ich würde ihr gern sagen können: Dass sie nun ohne schlechtes Gewissen einmal verreisen und jeden Tag für sich genießen sollte. Sie war immer die Assistenz - ohne Bezahlung. Da fehlt auch noch eine Entschuldigung des Staates für diese Riesenbelastung.