Frauen vor einem Sexclub in Pattaya, Thailand.
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Frauen vor einem Sexclub in Pattaya, Thailand.
Falschware und Frauen: Ostasiens schwarze Märkte
Eine bestens organisierte Mafia betreibt in ganz Südost- und Ostasien illegalen Handel mit gefälschten Produkten. Auf den Märkten gibt es Uhren, Handtaschen und Software mit falschen Labels. Drogen, illegal geschlagenes Holz und wirkungslose Medikamente mit Milliardenwerten werden geschmuggelt, und auch mit Frauen und Mädchen werden Geschäfte gemacht - die Sexindustrie blüht.

Lady Gaga ist immer für eine Aufregung gut. So wie vor einem Jahr, als die Pop-Queen auf ihrer Asientournee die Katholische Kirche auf den Philippinen und radikale Muslime in Indonesien gegen sich aufbrachte. In Thailand war es nicht die Religion, die zu wütenden Proteststürmen führte, sondern ein Tweet der verrückten Lady über einen Einkaufswunsch: "Ich bin gerade in Bangkok gelandet, Baby! Bereit für 50.000 schreiende Thai-Monster. Ich werde mich auf einem 'lady market' umtun und mir eine gefälschte Rolex kaufen."

Auf dem Markt der birmanischen Stadt Tachilek ist so ziemlich alles an Produkten von Tierarten zu haben, was als "gefährdet" oder "vom Aussterben bedroht" eingestuft wird.

Gott, war die Aufregung groß. Viele Thais und auch die Regierung sahen ihren Nationalstolz gekränkt und das Image des Landes besudelt. Sie forderten eine Entschuldigung von Lady Gaga für den Rolextweet und die implizite Unterstellung, auf Thailands Märkten seien gefälschte Markenprodukte im Angebot.

Dabei sind falsche Rolex, nachgemachte Gucci-Handtaschen, raubkopierte Software, schwarzgebrannte DVDs mit aktuellsten Blockbustern auf den Märkten ebenso eine Realität in Thailand wie die blühende Sexindustrie. Beides sind Faktoren für Thailands anhaltende Beliebtheit als Reiseziel. Andererseits ist Thailand nur das prominenteste Beispiel für den lukrativen illegalen Handel, den eine bestens organisierte Mafia in ganz Südost- und Ostasien betreibt.

Schwarzmärkte generieren 90 Milliarden Dollar

Auf 90 Milliarden Dollar pro Jahr schätzt das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) den Wert des Handels mit illegalen Produkten in Asien. Das entspreche in etwa dem Doppelten des Bruttosozialprodukts von Birma, hieß es in dem jüngst veröffentlichten ersten umfassenden UNODC-Report "Transnationales organisiertes Verbrechen in Ostasien und der pazifischen Region: eine Einschätzung der Gefahr".

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"Diese transnationalen kriminellen Aktivitäten sind zu einem globalen Problem geworden", sagt Jeremy Douglas, UNODC-Repräsentant für Südostasien. "Die Profite aus diesen Verbrechen können Gesellschaften rund um den Globus destabilisieren. Die Dollars aus den Schwarzmärkten Ostasiens werden zum Kauf von Immobilien und Firmen sowie zur Korruption eingesetzt."

Gehandelt wird mit allem, was fette Profite verspricht: mit Drogen und Menschen, gefälschten Waren und illegal geschlagenen Bäumen, mit falschen Medikamenten und geschmuggeltem Elektroschrott. Während Birma und Afghanistan die beiden Hauptakteure bei der Produktion von Heroin sind, der Handel mit illegal geschlagenem Holz in Malaysia und Indonesien boomt, Kambodscha, Thailand und Birma einen Spitzenplatz beim Menschenhandel einnehmen, taucht in dem Report ein Staat immer wieder als Hersteller-, Transit- und Konsumland der illegalen Waren auf: China.

Die Summen, um die es geht, sind gewaltig: gefälschte Markenware bringt pro Jahr 24,4 Milliarden US-Dollar; illegal geschlagenes Holz 17 Milliarden; Heroin 16,3 Milliarden; Methamphetamine 15 Milliarden; gefälschte Medikamente fünf Milliarden; der Schwarzmarkt für Elektroschrott zur Umgehung des teureren legalen Recycling ist 3,75 Milliarden wert; illegaler Handel mit Tieren und Tierprodukten 2,5 Milliarden; Menschenhandel 1,5 Milliarden. Rücksicht auf die Gesundheit der Menschen, die Umwelt oder so etwas Abstraktes wie das Gemeinwohl wird nicht genommen.

Malariapillen aus Mehl

Zwei der widerlichsten Aktivitäten der asiatischen Mafia – wenn überhaupt eine Rangordnung zulässig ist – sind Medikamentenfälschungen und Menschenhandel. Ein besonders gefährliches Beispiel für falsche Medikamente aus den Untergrundlaboren in China sind Malariamittel. Malaria ist weitgehend eine Krankheit der Armen, der Slumbewohner, der legalen und mehr noch der illegalen Wanderarbeiter, der Subsistenzbauern und der benachteiligten ethnischen Gruppen in den abgelegenen Regionen Kambodschas, Thailands, Laos und Birmas – und die können sich teure echte Arzneien nicht leisten.

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Je nach Region sind in Südostasien zwischen einem Drittel und 90 Prozent der Antimalariamedikamente gefälscht. Die falschen Pillen enthalten entweder nur eine geringere Dosis des Originalwirkstoffs oder sind einfach komplett aus Mehl gepresst. Die Folgen sind fatal: die Patienten werden kränker und sterben; es entstehen Mutationen des Malariaerregers und  Resistenzen gegen die echten Mittel, was wiederum die Ausbreitung der Malaria fördert. "Viele der in diesem Report dargestellten kriminellen Aktivitäten können global schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit haben", heißt es in dem Dokument.

Mit großer Sorge sieht die Weltgesundheitsorganisation WHO die Ausbreitung der therapieresistenten Malaria in andere asiatische Länder wie Vietnam oder Indonesien, einem der größten Malariahotspots der Welt. Angekommen sind die gefälschten Malariamedikamente zudem in mindestens elf Ländern Afrikas, wie eine Anfang 2012 im "Malaria Journal" veröffentlichte Untersuchung zeigt. Die Wissenschaftler forderten "entschiedene Maßnahmen" gegen die Fälscher, die "das Leben von Millionen von Menschen, insbesondere aber von Kindern und schwangeren Frauen aufs Spiel setzen".

Frauen und Flüchtlinge – der Menschenhandel blüht

Der Schmuggel von illegalen Arbeitern, der Frauen- und Mädchenhandel sowie der Schmuggel von Flüchtlingen nach Europa, Australien und Nordamerika sind die drei großen "Geschäftsfelder" der skrupellosen Menschenhändler. Bei illegalen Arbeitern und dem Frauenhandel spielt Thailand laut UNODC eine große Rolle als "Markt". "Thailand ist der regionale Magnet für Arbeit" heißt es in dem Report. Jährlich werde etwa eine Viertelmillion illegaler Arbeiter – die übergroße Mehrheit davon aus Birma - nach Thailand geschmuggelt, schätzt UNODC.

Prostituierte in Pattaya warten im Rotlicht auf Kundschaft.


Thailand ist mit geschätzten 250.000 Sexarbeiterinnen das wichtigste Zielland der Frauen- und Mädchenhändler. UNODC warnt dabei vor dem Irrglauben, die Hauptnachfrage nach sexuellen Dienstleistungen komme von westlichen Sextouristen. "Die asiatischen Sextouristen sind offensichtlich zahlreicher." Jährlich werden geschätzte 4025 Frauen und Mädchen vor allem aus Laos und Kambodscha an Bordelle in Südostasien verkauft, weit über 3000 davon nach Thailand. "Jede dieser Frauen generiert ein Einkommen von 45.000 Dollar pro Jahr oder einen Gesamtumsatz von 181 Millionen Dollar für die Schmuggler", rechnet UNODC vor.

Ähnlich lukrativ ist der Schmuggel von Flüchtlingen aus dem Irak, aus Sri Lanka und aus Afghanistan, von denen die Mehrheit Australien zum Ziel hat. Durch seine geographische Nähe zu Australien ist in diesem Fall Indonesien die Drehscheibe des Menschenhandels. Von den durchschnittlich 6000 Flüchtlingen, die jährlich auf Schmuggelbooten die australische Küste erreichen wollen, zahlt laut UNODC jeder einzelne etwa 14.000 US-Dollar an die Schmuggler.

"Zur Bekämpfung eines Netzwerks werden Netzwerke benötigt"

Ob Menschenhandel, falsche Medikamente, Handel mit Drogen oder geschützten Tierarten - jede dieser kriminellen Aktivitäten ist mit einem hohen organisatorischen und logistischen Aufwand verbunden. Holz aus illegalen Rodungen in Malaysia und Indonesien machen laut UNODC bis zu 40 Prozent des Holzhandels dieser Länder aus. Und ganze illegal gerodete Regenwälder schmuggelt man nicht mal eben unterm Trenchcoat über Grenzen. Die lukrativen Schmuggelnetzwerke funktionieren nur mit tatkräftiger Unterstützung korrupter Beamter, Polizisten, Militärs und Politiker.

Angesichts der engen Verflechtungen von organisierter Kriminalität, Politik und legaler Wirtschaft mahnt UNODC: "Wir müssen darüber sprechen und eine koordinierte Reaktion organisieren. Zur Bekämpfung eines Netzwerks werden Netzwerke benötigt." Diese Empfehlung mutet allerdings ebenso unfreiwillig komisch an wie der Appell so mancher Thais an Lady Gaga, statt sich auf gefälschte Rolex zu freuen solle sie doch lieber ihre Fans mahnen, keine Fälscherware zu kaufen.