Der Bundestag hat mit der Mehrheit der Regierungskoalition die Einführung gesetzlicher Frauenquoten für Aufsichtsräte abgelehnt. 277 Abgeordnete stimmten am Donnerstag in einer namentlichen Abstimmung für den Antrag von SPD und Grünen, 320 lehnten ihn ab, ein Parlamentarier enthielt sich der Stimme.
SPD und Grüne hatten einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach von 2018 an 20 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder weiblich sein sollen, fünf Jahre später 40 Prozent. Die Union will eine 30-Prozent-Quote von 2020 an. Sie will die gesetzlichen Regelungen aber erst nach der nächsten Bundestagswahl treffen.
"Gleich zu Beginn der Legislaturperiode"
In einer turbulenten Debatte im Bundestag lehnte es der Fraktionsvorsitzende der Union, Volker Kauder (CDU) am Donnerstag ab, heute schon gesetzliche Quoten festzulegen. Die Union wolle der Wirtschaft bis 2020 Zeit geben, einen Frauenanteil von 30 Prozent in Aufsichtsräten zu erreichen.
Erst wenn dieses Ziel nicht erreicht werde, solle die gesetzliche Quote greifen, die CDU und CSU in ihr gemeinsames Wahlprogramm schreiben wollen, sagte Kauder weiter. Er versicherte, dass sich die Unionsspitze dafür einsetzen werde: "Dieses Gesetz machen wir gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode." Die Union will nach der Wahl die Koalition mit der FDP fortsetzen.
Das Ziel mit der eigenen Fraktion erreichen
Für die FDP-Fraktion wies Nicole Bracht-Bendt indes jeden Versuch zurück, gesetzliche Quoten zu verankern. Das werde es mit der FDP auch in Zukunft nicht geben. Quoten seien "nichts anderes als Planwirtschaft", sagte sie. Die Wirtschaft sei längst auf dem Weg, mehr Frauen in Führungspositionen zu berufen und müsse nicht mit Quoten geschurigelt werden.
Familienministerin Kristina Schröder (CDU), die feste Quoten ebenfalls ablehnt, warf SPD und Grünen vor, ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen habe Führungsposten ausschließlich mit Männern besetzt. Die Chefin der CSU-Landesgruppe Gerda Hasselfeldt nannte den Oppositionsantrag für eine gesetzliche Frauenquote "ein billiges Wahlkampfmanöver". Es gehe SPD und Grünen allein darum, "einen Keil in die Koalition zu treiben".
Zwei Quoten-Befürworterinnen aus der CDU, Elisabeth Winkelmeier-Becker und Rita Pawelski, begründeten, warum sie nun doch mit ihrer Fraktion gegen das Quotengesetz der Opposition stimmen. Sie sehe jetzt die Möglichkeit, ihr Ziel mit der eigenen Mehrheit zu erreichen, sagte Wikelmeier-Becker.
Überzeugung "für nichts" abkaufen lassen
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier warf Kauder und der Union "Volksverdummung und Heuchelei" vor. Niemand könne verstehen, dass CDU und CSU eine gesetzliche Quote in ihr Wahlprogramm schreiben wollen, im Bundestag aber dagegen stimmten. Steinmeier griff Familienministerin Schröder und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) direkt an. Die eine ignoriere mit "diesem Flexi-Quoten-Quatsch" das Problem, die andere stimme im Bundestag gegen ihre eigene Überzeugung.
Der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, stieß in dasselbe Horn. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Kauder und der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle zwängen die Frauen in ihren Reihen, "gegen Frauenrechte zu stimmen". Statt eines Gesetzes bekämen sie "nur ein Stück Papier". Arbeitsministerin von der Leyen, die sich seit Jahren für feste Quoten starkmacht, habe sich ihre Überzeugung "für nichts" abkaufen lassen.
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Die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, sprach von einer großen Enttäuschung für die Frauen in der Republik. Die Union sei weder verlässlich noch vertrauenswürdig. Jahrelang hätten Fachpolitikerinnen um Kompromisse gerungen. Das Ergebnis sei ein Gesetzentwurf aus dem Bundesrat für eine Quote von 20 Prozent von 2018 an und von 40 Prozent ab 2023, dem die Union nun im Bundestag nicht zustimmen wolle.
Die Grünen hatten kurzfristig einen Änderungsantrag eingebracht, der die Position der Union aufgreift. Göring-Eckardt appellierte an die Unionsabgeordneten, doch noch zuzustimmen: "Die Wirklichkeit ändert sich mit Gesetzen - und nicht mit dem, was die Union in ihr Wahlprogramm schreibt", sagte sie.