In Deutschland wird es vorerst keine Frauenquote für die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen gaben. Der Bundestag hat die Quote mehrheitlich abgelehnt. SPD und Grüne wollten, dass von 2018 an 20 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder weiblich sein sollen, fünf Jahre später 40 Prozent. Die Union will jetzt noch nicht entscheiden, aber eine 30-Prozent-Quote ab 2020 in ihr Wahlprogramm schreiben.
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Die Evangelische Kirche in Deutschland will noch mehr, nämlich eine Frauenquote von 50 Prozent für ihre Gremien. Schon vor mehr als 20 Jahren, 1989, hieß es auf der Synode der EKD: "Es ist anzustreben, dass in die Leitungs- und Beratungsgremien der evangelischen Kirche Frauen und Männer in gleicher Zahl gewählt oder berufen werden. Dies gilt auch für Dienststellen sowie die Einrichtungen und Werke im Bereich der EKD. (…) Die Synode sieht einen Anteil von mindestens 40 Prozent Frauen als Zielvorgabe an, die in zehn Jahren erreicht werden sollte." Die 40 Prozent-Quote war nur ein Etappenziel, erläutert Kristin Bergmann, Referentin für Chancengerechtigkeit im Kirchenamt der EKD. Es wurde bis 1999 nicht erreicht.
Auch im Jahr 2010 musste Kristin Bergmann noch feststellen: Von 50 Prozent Frauenanteil in den Leitungsebenen ist die EKD noch weit entfernt. Laut ihrem jüngsten Gleichstellungsbericht sind die Beschäftigten in den Dienststellen, Einrichtungen und Werken der EKD insgesamt zu zwei Dritteln weiblich. Doch je höher die Ebene, desto mehr Männer: Während die Frauen im einfachen Dienst 84 Prozent ausmachen, sind es im höheren Dienst nur noch 43 Prozent. "Gleichstellungslücken" machen sich besonders in den Leitungsgremien der mittleren und großen Dienststellen und Werken bemerkbar: "Vorsitzende" sind zu zwei Dritteln männlich. "Je größer die Einrichtung und je höher der Einfluss der Gremien, desto seltener wird der Vorsitz von einer Frau wahrgenommen", heißt es in dem Bericht. Diese Zahlen sind drei Jahre alt, der nächste Gleichstellungsbericht wird der Synode im Jahr 2014 vorgelegt.
Mehr Gleichstellung per Reißverschluss
Im Kirchenamt der EKD hat sich die Lage seit 2010 allerdings verbessert: Nächstes Jahr wird mit der neuen Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber zum ersten Mal eine Frau in die Leitungsebene rücken, sie ist dann neben Thies Gundlach und Friedrich Hauschildt auch Vizepräsidentin im Kirchenamt der EKD. Eine Ebene darunter, im so genannten Kollegium, saßen vor drei Jahren sieben Männer und eine Frau, Dine Fecht. Heute, im Frühjahr 2013, sind es zwei Frauen (Dine Fecht und Birgit Sendler-Koschel), und auch Petra Bosse-Huber wird ab 2014 Mitglied des Kollegiums sein.
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"Im Moment ist einige Bewegung in der Sache", freut sich Kristin Bergmann. Der Rat der EKD habe Ende vergangenen Jahres beschlossen, das so genannte Reißverschlussverfahren anzuwenden, wenn er Mitglieder zum Beispiel für Kammern, Kommissionen und Ad-hoc-Arbeitsgemeinschaften beruft. Reißverschluss bedeutet: Es werden abwechselnd Männer und Frauen in diese Gremien aufgenommen. Allerdings gibt es Ausnahmen "aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen" - dazu zählt auch der Fall, dass für eine Position keine Frau oder kein Mann mit der passenden Qualifikation gefunden wird.
Der Rat der EKD besteht aus 15 Personen und kann daher nicht ganz paritätisch besetzt werden, ist aber nah dran: Zurzeit sind sieben Frauen und acht Männer in dem Leitungsgremium. Die EKD-Synode hat zurzeit einen Frauenanteil von 45,6 Prozent. Sie wird vom Präsidium geleitet, das aus drei Männern und vier Frauen besteht, Präses ist eine Frau, nämlich Katrin Göring-Eckardt*.
Die Synode hat sich das Thema Frauenquote fest vorgenommen und will auf der Herbsttagung 2013 ein Gesetz beschließen, das in den Gremien - auch in Synode, Rat und Synodenpräsidium - immer zu einer paritätischen Besetzung führen soll. Wie das praktisch funktionieren kann, muss noch diskutiert werden. Denn paritätisch zu wählen ist nicht ganz einfach, schließlich kann man den Synodalen nicht vorschreiben, nach Geschlecht zu wählen. "Man könnte aber zum Beispiel getrennte Wahllisten aufstellen, eine mit Männern und eine mit Frauen, und je sieben werden von jeder Liste gewählt", schlägt Kristin Bergmann vor. "Dann käme man in jedem Fall zu einem ausgewogenen Wahlergebnis."
Weniger Freiwillige in den Landeskirchen
Während die Referentin für Chancengerechtigkeit sich über die aktuellen Entwicklungen in den Gremien in der EKD und im Kirchenamt durchaus freut, blickt sie mit Sorge auf die regionalen Ebenen. "In manchen Landeskirchen sieht es schlechter aus", bedauert Bergmann. Zum Teil gehe der Frauenanteil in Synoden und Kirchenleitungen zurück. "Früher gab es für ehrenamtliche Aufgaben mehr Frauen, heute sind sie aber häufiger berufstätig und haben neben Job und Familie keine Zeit. Aber auch die Männer achten jetzt mehr auf ihre Work-Life-Balance." Generell werde es schwieriger, für Ehrenämter Freiwillige zu gewinnen.
"Aber auch auf den hauptamtlichen Posten sind immer noch mehr Männer", stellt Kristin Bergmann fest, zum Beispiel bei den geistlichen Leitungen der Landeskirchen. Nur zwei von zwanzig dieser Stellen sind zurzeit mit Frauen besetzt: Ilse Junkermann ist Landesbischöfin in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und Annette Kurschus ist Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Würde man das Verhältnis in eine Quote umrechnen, läge sie bei zehn Prozent.
* Für die Dauer des Bundestagswahlkampfes lässt Katrin Göring-Eckardt ihre Ämter in der EKD ruhen. Sie ist Spitzenkandidatin der Grünen.