Es hätte ein spannender Tag im Bundestag werden können. Die Opposition reicht einen Gesetzentwurf zur Frauenquote ein, den sie zusammen mit einigen Politikerinnen der CDU ausgearbeitet hat. Mit den Stimmen der Abweichlerinnen – eine davon war Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) – hätte es zu einer kleinen Sensation kommen können.
Doch die Mehrheit für den Antrag und gegen die Regierungsparteien wird es wohl nicht geben. Im letzten Augenblick handelten CDU/CSU einen Kompromiss aus: Die Fraktion wird geschlossen gegen den Gesetzentwurf stimmen, dafür soll die Frauenquote Bestandteil des nächsten Wahlprogramms werden. Was widersinnig klingt, erscheint vielen als Möglichkeit, den Koalitionsfrieden zu wahren. Viele Frauen sind nun erzürnt und fühlen sich von Ursula von der Leyen verraten.
"Außerordentliche Leistung" von der Leyens
Wie sehr die Frauenquote die Partei spaltet, zeigten auch die beiden Unionspolitikerinnen, die bei Anne Will über das Thema: "Der Quoten-Streit – Koalition gerettet, Frauen verraten?" diskutierten. Da saß zum einen die Grande Dame der CDU, Rita Süssmuth, die schon seit Jahrzehnten für eine Frauenquote kämpft. Zum anderen folgte auch Katrin Albsteiger der Einladung in die Sendung. Die bayrische JU-Landesvorsitzende ist Gegnerin der Frauenquote. Bezeichnend: Die eine Politikerin sitzt nicht mehr, die andere noch nicht im Bundestag, so dass beide nicht über das Gesetz abstimmen werden.
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In dem ganzen Gerangel um die Abstimmung erkannte der Journalist Michael Spreng vor allem einen Erfolg von der Leyens. "Eine Ministerin, die nur 20 Frauen im Rücken hat, kippt einen Parteitagsbeschluss. Das ist schon eine außerordentliche Leistung", analysierte Spreng. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt sieht in dem Kompromiss eine Niederlage für Frauen. Der Arbeitsministerin unterstellt sie, vor allem für sich selbst gekämpft zu haben. Göring-Eckardt bedauert zudem, dass von der Leyen im Bundestag nichts zu dem Thema sagen wird: "Ich hätte gerne von ihr gehört, warum sie diese Schritte gegangen ist."
Rita Süssmuth fürchtet, dass der Kampf der Arbeitsministerin dieser schaden könne. Immerhin habe von der Leyen mitten im Wahlkampf gedroht, einen Gesetzentwurf der Opposition zu unterstützen. "Das wird Konsequenzen haben, bei Wahlen, im Parteivorstand und bei Entscheidungen über Ämter." Eine ganze Weile drehte sich die Diskussion allein um die Rolle von Ursula von der Leyen – bevor der eigentliche Schlagabtausch um die Frauenquote begann.
Süssmuth: "Nach 30 Jahren reicht mir das"
Dabei waren die Fronten schnell klar: Während sich Rita Süssmuth, Katrin Göring-Eckardt und Michael Spreng mit aller Entschiedenheit für eine Quote einsetzten, waren Katrin Albsteiger und der Medienwissenschaftler Norbert Bolz dagegen. Überaus interessant war es, Bolz im Verlauf der Diskussion zu beobachten. Während er sich anfangs zurückhaltend zeigte, sagte er später: "Wir haben früher alle diese sexuelle Arbeitsteilung als normal hingenommen." Auf Nachfrage von Anne Will erläuterte er, dass bei der "sexuellen Arbeitsteilung" der Mann arbeiten gehe, während die Frau Haus und Kinder versorge. Dabei machte er keinen Hehl daraus, dass ihn das konservative Familienbild überzeugt.
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Albsteiger zeigte sich deutlich moderner. Sie forderte vor allem, mehr für Frauen zu tun, die ihr Leben fernab von Aufsichtsräten führen. Göring-Eckardt wandte ein, dass sich das nicht ausschließe. Mehr Frauen in Aufsichtsräten könnten – neben wirtschaftlichen Erfolgen – Mädchen und jungen Frauen auf ihrem eigenen Karriereweg Vorbilder sein. Albsteiger machte deutlich, dass auch sie sich mehr Frauen in Führungspositionen wünscht, das allerdings ohne Eingreifen der Politik.
Hier hatte Rita Süssmuth ihre großen Momente. "Seit den 80er Jahren hoffe ich auf Freiwilligkeit. Nach 30 Jahren reicht mir das", stellte die ehemalige Bundestagspräsidentin fest. Sie forderte außerdem, mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu tun. "Das Betreuungsgeld ist kontraproduktiv. Die Frauen mit 100 Euro im Monat abzuspeisen, das finde ich demütigend. Seit 1965 diskutieren wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir waren eher auf dem Mond, als dass wir das hinbekommen." Für die CDU-Frau ist die Zeit der Worte über Freiwilligkeit längst vorbei, sie will Taten sehen.