Die Medien stellen immmer häufiger die Frage, welche Banken und Staaten als nächstes in Schwierigkeiten geraten. Neben Malta werden immer wieder eine drohende neue Krise in Portugal oder auch die schwierige Situation in Frankreich genannt.
###autor###
Wieso kommt es - um den Blick auf die Euroländer zu beschränken - immer wieder zu diesen Banken- und Finanzkrisen? Im Kern sind es drei Faktoren, welche die bisherigen Finanzkrisen ausgelöst haben: Zunächst ist die Abhängigkeit vieler nationaler Ökonomien von ausländischem Kapital zur Finanzierung von Investitionen und der Haushaltsdefizite zu nennen. Wer - wie Griechenland oder zeitweilig auch Spanien und Italien - keine Gelder auf den internationalen Finanzmärkten bekommt (oder nur zu sehr schlechten Bedingungen), steht unmittelbar vor einer Überschuldung.
Eng verknüpft mit den Möglichkeiten der Finanzierung von Staatsdefiziten und Investitionen ist zweitens das Problem der prozentualen Verschuldung der jeweiligen Nationalstaaten im Blick auf das BIP. Schließlich kommt als dritter Faktor die Größe des Finanzsektors hinzu. Speziell Staaten mit einem überdimensionierten Bankensektor, wie Island, Zypern, Malta oder auch Irland, geraten aufgrund der Abhängigkeit ihrer nationalen Ökonomien von den Banken bei einer Bankenkrise in unmittelbare Zahlungsschwierigkeiten. Dies hat insbesondere der Fall Zypern deutlich gezeigt.
Kredit als Versprechen auf Zukunft
Warum sind gerade Banken, ausgehend von der Insolvenz der Lehman-Bank, die Auslöser der andauernden Krise? Indem Banken mit Geld handeln, vereinfacht gesagt: Spareinlagen einsammeln und Kredite gewähren, handeln sie genau genommen mit Risiken. Jeder gewährte Kredit ist ein Versprechen auf die Zukunft, da in einem bestimmten zukünftigen Zeitraum Zinsen bedient und Kredite zurückgezahlt werden sollen. Dies ist mit größeren oder kleineren Risiken verknüpft, deren Bewertung sich in den Zinsen niederschlägt. Dies gilt in besonderer Weise, weil Banken deutlich mehr Kredite gewähren dürfen als Einlagen halten und somit wesentlich an der Geldschöpfung beteiligt sind.
###mehr-artikel### Letztlich setzen Kredite Vertrauen voraus, Vertrauen in die zukünftige Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Kreditnehmers. Die Prüfung der Kreditwürdigkeit erfolgt in der Regel so, dass Informationen aus der Vergangenheit und Gegenwart des Kreditnehmers auf die Zukunft hochgerechnet werden. Wer Vertrauen in der Form des Kredits gewährt, riskiert somit letztlich eine Bestimmung der Zukunft. Wer Vertrauen erweist, handelt nämlich so, als ob die Informationen der Vergangenheit und Gegenwart auch für die Zukunft gelten. Dies war im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit der eigentlich Grund für die Skepsis vieler Theologen gegenüber Bankgeschäften, da die Zukunft, über die allein Gott verfügt, durch solche Geschäfte zumindest teilweise berechenbar und verfügbar gemacht werden. Zudem eröffnete dies die Möglichkeit, immer mehr "mit Vorschuss" auf die Zukunft zu wirtschaften und zu handeln.
Vertrauen als Bestimmung und Garantie auf die Zukunft ist in den letzten fünf Jahren im internationalen Finanzsystem jedoch dramatisch geschwunden. Nach der Lehman-Insolvenz vertraute kaum noch eine Bank der anderen, da niemand wusste, wer mit welchen sogenannten toxischen Krediten handelt. In dieser Situation sind die Nationalstaaten und internationale Institutionen, wie der Internationale Weltwährungsfonds (IWF) oder auch die Europäische Zentralbank (EZB) in die Bresche gesprungen und haben durch die Bereitstellung und Garantie von Geldern versucht, die sich ausweitende Misstrauenskrise zu beheben. Dies ist bisher nur punktuell gelungen, da immer neue Problemfälle Notfallpläne erforderlich machten.
Verschärft wird die Lage dadurch, dass manche Euro-Staaten aufgrund ihrer eigenen Haushaltsprobleme und hoher Schuldenquoten nur bedingt als Garanten für die ausgezahlten Notfallgelder glaubwürdig sind. Dementsprechend kommt alles darauf an, dass ökonomisch starke Nationen, vorrangig Deutschland, und die europäischen Institutionen sowie der IWF die Notfallgelder garantieren und so Vertrauen stabilisieren. Bisher ist dies im Sinn eines "Fleckenteppichs" von Notmaßnahmen für die betroffenen Länder einigermaßen gelungen, insbesondere ist sehr viel staatlich garantiertes Geld in die Märkte geflossen. Ein großer Plan zur Behebung der Krise fehlt jedoch.
Steuerzahler und Sparer zahlen die Zeche
Wer zahlt nun aber die Zeche für diese Notfallgelder und wie kann es gelingen, aus diesem Kreislauf von faulen Krediten, Misstrauen und der ständigen Bereitstellung von Notfallgeldern heraus zu kommen? Die Zeche zahlen zunächst die Steuerzahler der EU-Länder, die aufgrund ihrer ökonomischen Stärke in besonderer Weise Garantien abgeben können, nicht zuletzt Deutschland. Die hohen Summen zur Rettung der Banken und für europäische Notfallgelder fehlen jedoch immer mehr für Investitionen in die Infrastruktur oder auch für Bildungs- und Sozialausgaben.
Dies gilt in verschärfter Weise für die Länder, die in besonderer Weise zu Sparanstrengungen herausgefordert sind, weil ihr Haushaltsdefizit seit längerer Zeit aus dem Ruder gelaufen ist. Hier schlägt die Krise unmittelbar um in den Abbau sozialer Standards, so spricht man, wie aktuell in Frankreich, auf Grund immer neuer Defizite und Sparrunden von einem Sozial-Fatalismus. Ferner zahlen die Sparer die Zeche, da sie kaum noch Zinsen in Höhe der Inflation erhalten und somit ihr Geld faktisch im Durchschnitt immer weniger wert sein wird.
Immerhin hat man inzwischen - zuletzt in Zypern und ansatzweise auch in Griechenland - entschieden, Anleihenbesitzer und reichere Kunden mit mehr als 100.000 Euro Einlagen auch direkt an den Rettungsaktionen zu beteiligen. Allerdings kann die bisherige Form des Krisenmanagements nicht endlos weitergetrieben werden, weil auf diese Weise nach und nach wohl auch das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit der bisher solventen Geldgeber in Frage gestellt wird. Auch sie können nicht unbegrenzt Gelder bereit stellen, andernfalls überziehen auch sie ihre Vertrauenswürdigkeit im Blick auf zukünftige Rückzahlungen. In diesen Ländern werden schließlich die Proteste gegen die EU-Solidarhaftung immer lauter, in Deutschland ist es bisher, trotz der soeben erfolgten Gründung einer "Alternative für Deutschland", vergleichsweise ruhig.
Schluss mit dem Wirtschaften auf Kosten der Zukunft
Daher bedarf es endlich institutioneller Reformen, insbesondere einer besseren Kontrolle und vor allem Regulierung des Finanzsystems. Durch solche Regulierungen muss es ermöglicht werden, dass Banken, die offensichtlich mit zu großen Risiken gehandelt haben, das heißt ihre Versuche der Bestimmung der Zukunft waren deutlich überzogen, geordnet in die Insolvenz gehen können, ohne dass das Finanzsystem eines Landes oder gar im weltweiten Ausmaß in Bedrängnis gerät. ###mehr-links### Zahlen sollten die Anteilseigner und Kunden dieser Banken, auch wenn dies zu Härtefällen führt. Eine solche Regulierung setzt unter anderem die Einführung eines Trennbankensystems, höhere Sicherungseinlagen, die Verkleinerung des überdimensionierten Bankensektors in bestimmten Ländern oder auch die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer voraus. Dass es in dieser Hinsicht seit fünf Jahren Krise bisher kaum zu nachhaltigen Reformen gekommen ist, lässt sich als der eigentliche Skandal der andauernden Finanzprobleme begreifen.
Die Politik der punktuellen Rettungspläne versucht immer wieder neu die Vertrauenswürdigkeit der europäischen Politik sowie der EZB und des IWF unter Beweis zu stellen, wodurch Vertrauen aber letztlich nicht stabilisiert, sondern unterminiert werden könnte. Je länger, je mehr wird dies immer teurer werden, insbesondere für die Steuerzahler in Europa. Vor allem aber kommt es darauf an, nicht länger auf Kosten der Zukunft, konkret der zukünftigen Generationen, zu wirtschaften und zu handeln.