"Entwicklungshilfe wirkt wie ein süßes Gift, das süchtig macht und die Eigeninitiative lähmt." Das sagt der Filmemacher Peter Heller. In seinem Kinofilm "Süßes Gift - Hilfe als Geschäft" prangert er manigfaltige Verfehlungen der Entwicklungspolitik an. Nicht die Armen profitierten von ihr, sondern die Unternehmen aus den reichen Ländern. Seine Forderung ist deshalb eindeutig: die staatliche Entwicklungshilfe muss gestoppt werden!
###mehr-artikel###Ausschnitte aus seinem Film wurden in der aktuellen "Tacheles"-Ausgabe eingespielt und sollten zeigen, dass Hilfe auch Schaden kann. In Kenia beispielsweise wurde ein traditionell nomadisches Hirtenvolk zu Fischern gemacht. So sollten sie vor den Folgen der Dürre bewahrt bleiben. Mit Hilfe Norwegens wurde eine Fabrik errichtet, um den Fisch zu vermarkten. Doch es fehlte an sauberem Wasser und ausreichend Strom, um den Fang zu kühlen. Die Fabrik wurde nicht in Betrieb genommen und die Menschen leben weiter von Geschenken aus dem Westen.
Reicht Hilfe zur Selbsthilfe?
"Man zwang diese Leute, einige Jahrhunderte zu überspringen. Das ist Kulturimperialismus auf gut gemeinte Art", kritisierte Heller in der "Tacheles"-Runde. Dass Hilfe kontraproduktiv sein kann, glaubt auch Heinrich Bedford-Strohm. Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern verwehrt sich allerdings gegen pauschale Kritik. Dabei verwies er darauf, dass etwa bei "Brot für die Welt", wo er im Aufsichtsgremium sitzt, Projekte immer wieder auf ihre Wirksamkeit überprüft würden. Bei kirchlichen Projekten stünde zudem immer die Hilfe zur Selbsthilfe im Mittelpunkt.
Ähnlich versuchte auch Gudrun Kopp zu argumentieren. Die FDP-Politikerin ist Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium und betont, dass es auch bei staatlichen Hilfen darum gehe, vor Ort mit den Menschen zusammenzuarbeiten und ihnen nichts überzustülpen. Doch hier griff Heller gleich ein. Er kritisiert, dass viele Entwicklungsgelder in Länder rohstoffreiche Länder wie Namibia fließen. Er warf der staatlichen Entwicklungshilfe vor, immer auch egoistische Ziele zu verfolgen.
###mehr-links###Hitzig wird die Debatte, als Kopp den freien Handel unterstützte. Veye Tatah, Chefredakteurin des Magazins "Africa Positive", kritisierte, dass die europäischen Länder ihre Märkte lange geschützt hätten. Diesen Schutz bräuchten auch die afrikanischen Märkte, um sich zu entwickeln. Aktuell könnten sie nicht konkurrieren. Auch Bedford-Strohm findet hier klare Worte: „Das große Problem an der Globalisierung war, dass sie neoliberal war. Der Markt wurde zum Dogma erklärt.“
Weißer Retter, schwarzes Opfer
Bei Tatah geht die Kritik an Europa und der Entwicklungshilfe weiter. Für sie ist Afrika ein reicher Kontinent und sie empfindet es als unerträglich, dass er immer wie ein Bettler dargestellt wird. In ihren Augen geht es bei der Entwicklungspolitik vor allem um den Profit der westlichen Länder. Ihre Kritik macht aber auch vor den christlichen Organisationen nicht Halt. So würde diese Bilder schwarzer Menschen benutzen, um auf erniedrigende Weise Spenden zu sammeln – nicht zuletzt, um die eigenen weißen Mitarbeiter zu finanzieren. Für Tatah gibt es nicht einen Grund, dass sich die Europäer verpflichtet fühlen, Afrika zu helfen Elend gebe es auch auf ihrem Kontinent, auch in Deutschland genug. „Wie würden sich die Deutschen fühlen, wenn Afrikaner sich um Obdachlose in Hamburg kümmern?“
###autor###Die Sendung griff viele wichtige Aspekte der Entwicklungshilfe auf. Doch vieles, was man differenziert betrachten müsste, landete in einen Topf und manche Aspekte kamen viel zu kurz. Die Gäste lieferten trotz ihrer unterschiedlichen Blickwinkel allesamt Argumente, über die es nachzudenken lohnt. Wie sinnvoll oder sinnlos die Entwicklungshilfe für Afrika ist, kann der Zuschauer schwer entscheiden. Doch eines ist am Ende klar: Alles Reden der reichen Länder über Entwicklungshilfe ist so lange mehr Schein als Sein, wie etwa Agrarsubventionen und einseitiger Handel den Fortschritt von Entwicklungsstaaten behindern.