Der 76-jährige Papst erhält das weiße Scheitelkäppchen
Foto: epd/Cristian Gennari
200 000 Gläubige feierten mit dem neuen Papst die zweistündige Messe
Aufruf zum Schutz der Schöpfung - Papst Franziskus tritt Amt an
Nun ist es ganz offiziell: Franziskus ist Papst. Vor Zehntausenden und bei strahlendem Sonnenschein rief er auf dem Petersplatz dazu auf, den Ärmsten und Schwächsten zu helfen und die Schöpfung zu bewahren.

Sechs Tage nach der Papstwahl hat das Pontifikat von Franziskus offiziell begonnen. Zehntausende Pilger und Staatsgäste aus aller Welt kamen zur Einführungsfeier des neuen Papstes am Dienstag auf den Petersplatz in Rom. Einem feierlichen Ritus folgend erhielt das Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken weltweit den traditionellen Fischerring und das Pallium, eine Art Schal. Der 76-jährige Argentinier ist der 266. Papst der Weltkirche und Nachfolger des zurückgetretenen Benedikt XVI..

Franziskus wollte keinen Fischer-Ring aus massivem Gold, sondern einen vergoldeten Silberring, den Kardinaldekan Angelo Sodano übergab. Den Wollschal bekam er von Protodiakon Jean-Louis Tauran umgelegt. Dieses Pallium hatte bereits Benedikt getragen. Auch trug er wieder nicht die päpstlichen roten Schuhe, sondern blieb bei seinem schwarzen Schuhwerk.

Die Überreichung der päpstlichen Insignien markiert den Beginn des Pontifikats. Stellvertretend für alle Kardinäle gelobten sechs Purpurträger, darunter der Kölner Kardinal Joachim Meisner, Franziskus anschließend feierlich ihren Gehorsam.

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In seiner ersten großen Predigt rief der Papst aus Argentinien die Menschen dazu auf, die Schöpfung zu bewahren. Die "Berufung zum Hüten" betreffe alle: "Sie besteht darin, Achtung zu haben vor jedem Geschöpf Gottes und vor der Umwelt, in der wir leben", sagte der 76-Jährige. "Im Grunde ist alles der Obhut des Menschen anvertraut, und das ist eine Verantwortung, die alle betrifft. Seid Hüter der Gaben Gottes", sagte Franziskus, der seinen Papstnamen von dem Heiligen Franz von Assisi entliehen hat.

"Die wahre Macht ist der Dienst"

Komme der Mensch dieser Verantwortung nicht nach, dann gewinne die Zerstörung Raum, "und das Herz verdorrt", mahnte Franziskus. "In jeder Epoche der Geschichte gibt es leider solche "Herodes", die Pläne des Todes schmieden, das Gesicht des Menschen zerstören und entstellen." Hass, Neid und Hochmut verunreinigten das Leben, beschwor der Papst die Menge.

Franziskus sagte, es sei auch seine Aufgabe, "mit Liebe und Zärtlichkeit die gesamte Menschheit anzunehmen, besonders die Ärmsten, die Schwächsten, die Geringsten". "Vergessen wir nie", so der Papst, "dass die wahre Macht der Dienst ist."

Trotz des vorherigen Aufrufs des 76-Jährigen an seine Landsleute, nicht nach Rom zu kommen und das Geld für eine Reise lieber zu spenden, wurden zahlreiche argentinische Fahnen auf dem Petersplatz geschwenkt. "Das ist eine Revolution, ein Papst aus Argentinien. Er gibt unserem Land mehr Bedeutung", jubelt Jimmy Bravo aus Córdoba in Argentinien. "Der erste südamerikanische Papst, das ist ein historischer Moment für uns", sagt seine Landsfrau Marisa Molinero.

Papst sucht Nähe der Menschen

Dutzende Staatspräsidenten, Regierungschefs, hochrangige Vertreter der Königshäuser sowie anderer Kirchen reisten zur Amtseinführung nach Rom. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die zur Amtseinführung in Rom war und zusammen mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vom Papst im Petersdom begrüßt wurde, sprach von ergreifenden Momenten. "Es war sehr bewegend, (...) seine Predigt ganz direkt an die Menschen in einer verständlichen, einfachen Sprache", sagte die protestantische CDU-Politikerin in Rom. Schon die ersten Amtstage des neuen Papstes seien sehr bewegend gewesen.

Vor der Messe suchte der neue Mann auf dem Stuhl Petri die Nähe der Gläubigen. Er fuhr in einem offenen Jeep einige Runden durch die Menge, ließ den Wagen anhalten, steig aus, schüttelte Hände, segnete einen behinderten Pilger, küsste ein Baby. Ein Meer von Fahnen aus aller Welt und Spruchbändern war auf dem Platz vor dem Petersdom zu sehen, auf dem nach Angaben des Vatikans 150 000 bis 200 000 Menschen zusammengekommen waren. Die Menschen stehen dichtgedrängt und sind begeistert vom neuen Papst und seiner Art. Sie winken, klatschen, schwenken Fahnen. "Die Atmosphäre ist toll, das ist etwas sehr Besonderes", sagt der 24-jährige Matthias Mischo aus Stuttgart. Viele haben Transparente mitgebracht, dort ist zum Beispiel zu lesen "Willkommen Papst Franziskus". Nach dem Segen feierten sie ihn mit lauten "Viva il Papa"-Rufen.

So freundlich und volksnah wie sich der Papst präsentiert, so hoch sind auch die Erwartungen an ihn. "Ich hoffe, dass er in seiner Amtszeit viele Probleme lösen wird und zum Beispiel gegen die Armut kämpft", sagt der Argentinier Gustavo Vazquez. "Ich glaube, er hat die Kraft, einige Bereiche der Kirche zu reformieren." Auch Mario Haberl aus München, der in Rom Theologie studiert, erhofft sich viel von Franziskus: "Ich denke, es ist eine gute Wahl. Ich hoffe, dass er in der Kurie ein bisschen aufräumt", sagt er. "Und ansonsten denke ich, dass er für die Leute da ist, viele Reisen unternehmen wird."

Nächtliche Feiern in Argentinien

Die ganze Zeremonie dauerte etwa zwei Stunden, die Messe war etwas kürzer als vom Vatikan angekündigt. Mehr als eine Stunde lang begrüßte der 76-Jährige anschließend Staatsgäste und Mitglieder von mehr als 130 internationalen Delegationen. Der Papst, der ein schlichtes weißes Gewand trug, setzte sich nicht auf den vorgesehenen Stuhl, sondern sprach mit den Gästen im Stehen. Vor der Messe stieg Franziskus in die Grotten unter dem Petersdom, um am Grab des Apostels Petrus zu beten, als dessen Nachfolger er gilt. Franziskus war am vergangenen Mittwoch zum Nachfolger von Benedikt XVI. gewählt worden, der aus Altersgründen zurückgetreten war.

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Auch 33 Delegationen anderer Kirchen waren nach Rom gereist. Erstmals seit fast 1000 Jahren nahm mit Patriarch Bartholomäus I. auch das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Kirche an der Amtseinführung eines Papstes teil. Für Kritik sorgte die Anwesenheit von Simbabwes Präsidenten Robert Mugabe, dem Menschenrechtsverletzungen vorgehalten werden. Das Einreiseverbot in die Europäische Union für den afrikanischen Machthaber galt nicht, weil die Feierlichkeiten auf dem zum Vatikanstaat gehörigen Petersplatz stattfanden.

In Argentinien, dem Heimatland von Franziskus, feierten zahlreiche Gläubige die Amtseinführung des Papstes. In der Hauptstadt Buenos Aires versammelten sich bereits in der Nacht Menschen vor der Kathedrale gegenüber der zentralen Plaza de Mayo. Gegen 3.30 Uhr Ortszeit verkündete Kantor Carlos Seoane den um die Kathedrale versammelten Gläubigen einen überraschenden Telefonanruf von Papst Franziskus. Darin rief Franziskus zum Schutz der Familien und der Umwelt auf.

Als in Rom die Strapaze der Begrüßungen im Petersdom beendet war, wischte sich Franziskus wie erleichtert mit der Hand über die Stirn. Er war an dem Tag seiner Amtseinführung damit insgesamt weit mehr als vier Stunden öffentlich im Einsatz gewesen. In zwei Twitter-Kurzmeldungen fasste Franziskus seine Predigt noch zusammen: "Achten wir darauf, Christus in unserem Leben gegenwärtig zu halten. Achten wir aufeinander und haben wir sorgsam Acht auf die Schöpfung", heißt es darin.