Zehn Jahre Irak-Krieg: Sturz der Saddam-Statue in Bagdad
Foto: Patrick Baz/dpa
Der Fall der Saddam-Hussein-Statue in Bagdad war das Symbol für das Ende der Regierung Hussein. Zehn Jahre später ist im Irakt immer noch Krieg.
10 Jahre Irak-Krieg: "Die USA haben jetzt andere Prioritäten"
Zehn Jahre sind seit dem Beginn des Irakkriegs vergangen. Welche Strategie hatte der damalige US-Präsident Bush? Was für Folgen hat Obama aus dem Einsatz gezogen? Und ist ein US-Bodenkrieg in Syrien wahrscheinlich? Ein Gespräch mit dem Friedensforscher Professor Michael Klare.

Die vergangenen 10 Jahre rückblickend betrachtet – gab es unter George W. Bush etwas, das man amerikanische Nahoststrategie nennen könnte?

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Michael Klare: Es gab keine Einzelstrategie, sondern eine Kombination aus mehreren. Die wichtigste war die Aufrechterhaltung US-amerikanischer Dominanz am Persischen Golf. Deshalb sollten Kräfte ausgeschaltet oder zurückgedrängt werden, die diese Dominanz hätten stören können – das reichte von Saddam Hussein bis zum iranischen Klerikalregime. Ergänzend dazu sollte vor aller Augen demonstriert werden: ein sogenannter vorbeugender Krieg ist legitim, wenn er Staaten ausschaltet, von denen man vermutet, sie würden Massenvernichtungswaffen gegen die USA und ihre Allierten in Stellung bringen.

Eine weitere strategische Absicht war die Niederschlagung oder zumindest substantielle Schwächung von Al-Kaida, um die USA und ihre Verbündeten Israel, Kuwait und Saudi-Arabien vor Al-Kaida-Attacken zu schützen. Außerdem: die Privatisierung der verstaatlichten regionalen Ölproduktion, um sie für amerikanische Ölfirmen zu öffnen. Präsident Bush Junior tönte des Weiteren herum, in einem "befreiten Irak" gehe es um die Errichtung einer Demokratie mit freier Marktwirtschaft amerikanischen Stils.

"Zwei Bodenkriege können nicht erfolgreich geführt werden"

Hat sich unter Obama bezüglich dieses strategischen Denkens etwas geändert?

Klare: Der Nahe und Mittlere Osten sind auf der Prioritätenliste der US-Außenpolitik nicht mehr ganz oben. Zum Epizentrum strategischer Planung wurde unter Obama die asiatische Pazifikregion. Unter anderem werden die USA deshalb Militär und Militärgut aus dem Nahen Osten dorthin verlagern. Zweitens hat Obama Bushs Ansatz des vorbeugenden Krieges, mit dem "Schurkenstaaten" bekämpft werden sollten, fallengelassen. Ersetzt hat er ihn mit einer eher zurückhaltenden, multilateralen Herangehensweise. Obama sträubt sich außerdem dagegen, im Nahen Osten und anderswo Bodentruppen einzusetzen. Stattdessen sollen diese sogenannten Antiterroroperationen von Spezialeinheiten und mithilfe von Drohnenangriffen durchgeführt werden.

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Was denken Obama und sein außenpolitischer Stab über Bushs Irak-Strategie?

Klare: Bush habe sich im Nahen und Mittleren Osten zu sehr aus dem Fenster gelehnt und wichtigere Regionen vernachlässigt, vor allem die Asien-Pazifik-Region. Die Kriege im Irak und in Afghanistan seien das Blut und das Geld nicht wert gewesen, hätten die USA noch weiter in die Verschuldung getrieben und das Militär geschwächt, lautet ihre Denkart. Sie sind darüberhinaus der Meinung, die Fokussierung auf Irak und Afghanistan habe es China erlaubt, in anderen Regionen zu Lasten Amerikas strategische Vorstöße zu machen, vor allem in Süd- und Zentralasien. Diese Vorstöße müssen laut Obama und seinen Beratern wieder zurückgedrängt werden.

Wie plant das Verteidigungsministerium heute?

Klare: Die Pentagon-Pläne gehen nur noch von einem einzigen Bodenkrieg aus, der von den USA erfolgreich geführt werden könne, nicht mehr von zwei gleichzeitig. Die Militärs planen viele eher Luftangriffe und Angriffe von Flugzeugträgern aus. In diesen Bereichen zielen sie auf die totale Dominanz ab. Ein langer Bodenkrieg ist aus dieser Sicht unwahrscheinlich geworden.

"Die Verluste waren größer als der Nutzen"

Haben die USA in irgendeiner Weise Nutzen aus dem Irakkrieg ziehen können?

Klare: In dem Sinne, dass sie eine potentielle Bedrohung der US-Dominanz am Persischen Golf, namentlich Saddam Hussein, eliminiert haben - ja. Die USA werden außerdem eine gewisse Militärpräsenz im Irak aufrechterhalten, was ihnen im Falle eines Kriegs mit dem Iran nützlich erscheint. Insgesamt aber waren die Verluste größer als der Nutzen.

Erhöhen die "Lehren", die die Militärs und die Obama-Regierung aus dem Irakkrieg gezogen haben, die Wahrscheinlichkeit für eine US-Intervention im Iran oder in Syrien?

Klare: Es herrscht große Skepsis über Operationen, um Aufstände zu bekämpfen, und Bodeneinsätze - vor allem dort, wo die Bevölkerung oder ein großer Teil der Bevölkerung den USA feindlich gesonnen ist. Das deutete sich schon an, als Obama gegen größere US-Einsätze in Libyen war. Noch deutlicher wird es jetzt in Syrien.

Stattdessen zielen die US-Strategen auf Einsätze ab, die von frei beweglichen Sondereinheiten durchgeführt werden können. Denn die kann man im Notfall ganz schnell wieder abziehen. Dazu kommen seegestützte Kräfte und natürlich die Drohneneinsätze. Genau das sehen wir heute in Nordafrika. Es dient vermutlich auch als Modell für zukünftige US-Militäreinsätze im Nahen und Mittleren Osten.