13 Tage lang hat die älteste Wahl der Christenheit unseren Blick nach Rom gelenkt. Die vatikanische Inszenierung war perfekt - wie immer, denn das kann die katholische Kirchenbürokratie in Rom: Den Menschen sagen, wo sie hingucken sollen. 5.700 akkreditierte Journalisten waren während des Konklave in Rom, Zehntausende Pilger, Gläubige, Hoffnungsvolle - sie alle mit ihrer eigenen Idee, was der neue Papst alles angehen müsse.
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Jede Zeit der Veränderung bringt die Hoffnung auf das Neue mit sich. Das gilt auch für die Sedisvakanz, die Tage ohne Papst, in der sich die katholischen Gläubigen ihren Wunschpapst ausmalen konnten und die evangelischen Beobachter ihrer Hoffnung Ausdruck gaben, dass der neue Papst vielleicht ein bisschen offener gegenüber den Kirchen der Reformation sein würde.
Nur gehen die Hoffnungsbekundungen oft ins Leere. Vor acht Jahren, als Papst Johannes Paul II. gestorben war und ein neuer Papst gesucht wurde, wünschte sich die damalige hannoversche evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann vom nächsten Papst den Mut zu Reformen. Denn das Pontifikat von Johannes Paul II. habe keine Fortschritte gebracht bei Frauenordination und Ökumene.
Heute sagt die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus: "Nach dem Pontifikat Benedikts XVI. sind unsere ökumenischen Erwartungen gedämpft. Wir freuen uns aber über jeden kleinen Fortschritt." Und auch Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der EKD, wünscht sich, dass mit dem neuen Papst die Ökumene der Gaben "sichtbarer" gelebt werde.
Der Papst soll seinen Einfluss nutzen
Schön wäre es. Aber nachdem 13 Tage der Papstrummel in Rom seine blendende Faszination austrahlte und die ganze Medienwelt sich auf einen Schornstein fixierte, steht am Ende doch wieder ein konservativer alter Mann an der Spitze der katholischen Kirche. Eigentlich war das zu erwarten. Und trotzdem haben viele gewagt, zu hoffen, es könnte diesmal auch anders sein. Es könnte jemand sein, der die Rolle der Frau in der katholischen Kirche stärkt, die uralte Sexualmoral modernisiert, den katholischen Laien den Rücken stärkt, eine Lösung fürs gemeinsame Abendmahl findet, vielleicht sogar jemand unter 70! Warum hängen wir solche Hoffnungen an diese archaische Show, die doch immer gleich ausgeht?
Ein Grund: Der Papst ist jemand, dem immer noch sehr viele Menschen zuhören, nicht nur die eine Milliarde katholischer Christen. Der Papst hat Einfluss. Wir evangelische Christen wünschen uns, dass er diesen Einfluss einsetzt, um den Katholiken Selbstverständlichkeiten zu erlauben, die wir Protestanten schon haben. Vom Umgang mit Wiederverheirateten bis zur Kondomfrage: Der Papst könnte das Leben von vielen Menschen leichter machen. Darauf hoffen wir.
Ob Benedikt oder Franziskus: Es bleibt ein alter Mann
Ein anderer Grund ist: Wir evangelischen Christen wollen Anerkennung vom Bischof von Rom, ein Zeichen, dass wir Christen auf Augenhöhe sind, dass die Existenz der Kirchen der Reformation ebenso legitim ist wie die Existenz der katholischen Kirche.
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Ein umgekehrtes Dominus Iesus, mit dem Johannes Paul II. bekräftigt hatte, dass die protestantischen Kirchen nur kirchliche Gemeinschaften sind. Brauchen wir das? Eigentlich nicht. Aber Menschen werden halt gern respektiert. Das wäre schön.
Und so war in den 13 Tagen ohne Papst die Hoffnung immer mit dabei. Vielleicht wird Papst Franziskus, der "Anwalt der Armen", einen Teil davon erfüllen. Immerhin ist er kein Europäer, der erste Papst der Neuzeit, der aus einem anderen Kontinent kommt. In Südamerika leben immerhin die meisten Katholiken. Aber umgekehrt auch nur wenige Protestanten. Und so ändert sich nur wenig: Der Papst heißt jetzt Franziskus statt Benedikt, aber er bleibt, wie gesagt, ein konservativer alter Mann. Der Wahlzirkus im Vatikan ist vorbei, als nächstes kommt der Alltag. Was bleibt, ist die Hoffnung - vielleicht auf den nächsten Versuch.