Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt, der am Mittwoch im Kabinett auf den Weg gebracht wurde. Der Entwurf sieht vor, dass die Frauen nach der Geburt ihren Namen in einem Umschlag versiegeln lassen können. Nach einer Frist von 16 Jahren hat das Kind aber das Recht, den Namen seiner Mutter zu erfahren. Die Daten werden solange sicher beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben aufbewahrt. Frauen, die anonym bleiben wollen, soll damit die Angst genommen werden, bei einer Geburt im Krankenhaus ihre Daten offenlegen zu müssen.
Damit wird allein die vertrauliche Geburt auf eine saubere Rechtsgrundlage gestellt. Babyklappen und anonyme Geburten dürften nicht im juristischen Niemandsland bleiben, fordern Kritiker. Seit Jahren hört der Meinungsstreit über Babyklappen und anonyme Geburt nicht auf. Befrieden ließ sich das Terrain nicht, denn die heikle Abwägung zweier zentraler Rechtsgüter gleicht der Quadratur des Kreises. Ist die Lebensrettung eines Neugeborenen, das dem sicheren Tod per Babyklappe entgeht, höher anzusiedeln als das im Grundgesetz geschützte Recht des Säuglings auf Kenntnis seiner Abstammung?
Keine Rechtsgrundlage
Die Politik hat sich seit Jahren vor einer Antwort auf diese Frage gedrückt. Gleich mehrere Gesetzesinitiativen scheiterten an verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Folge: Rund 100 Babyklappen und etwa 130 Kliniken, die die anonyme Geburt anbieten, existieren ohne Rechtsgrundlage und werden stillschweigend geduldet. Das soll Schröders Gesetzentwurf zufolge auch so bleiben - ein transparentes Verfahren zeichnet sich allein bei der vertraulichen Geburt ab.
###mehr-artikel###Die Kirchen, in großer Zahl selbst Anbieter von Babyklappen und somit Partei, verteidigen ihren humanitären Service beharrlich. Babyklappen seien ein Gebot der christlichen Nächstenliebe und oft die letzte Rettung für Frauen, die andernfalls ihr Kind töten oder aussetzen würden.
Dabei ist unklar, ob die umstrittenen Angebote überhaupt ihre Zielgruppe finden. Folgt man einer Studie des Deutschen Jugendinstituts im Auftrag des Familienministeriums vom vergangenen Jahr, sind Zweifel angebracht: schwangere Prostituierte, Drogenabhängige sowie sehr junge Mädchen und Frauen würden nur bedingt erreicht.
Der Untersuchung zufolge wurden zwischen 1999 und 2011 mindestens 973 Kinder in Babyklappen gefunden oder anonym zur Welt gebracht. Dauerhaft anonym blieben 314 dieser Kinder. Allerdings konnten die befragten Einrichtungen nur zu einem Teil der Kinder Angaben über deren weiteres Schicksal machen.
So schockierend diese Erkenntnisse selbst für Experten waren, sie hatten auch etwas Gutes: Der öffentliche Druck auf die Regierung stieg, endlich einen Rechtsrahmen für die anonyme Kindesabgabe zu schaffen. Dabei musste das Familienministerium das Rad nicht neu erfinden: Schon 2009 hatte der Deutsche Ethikrat empfohlen, eine vertrauliche Kindesabgabe zu ermöglichen. Allerdings ging das Gremium noch einen Schritt weiter: Im Gegenzug sollten anonyme Geburt und Babyklappen aufgegeben werden.
Halbherziger Umgang?
Künftig soll die vertrauliche Geburt ein sicheres medizinisches Umfeld bieten, das der werdenden Mutter die Möglichkeit gibt, ihre Identität zu verbergen. Die Kinderrechtsorganisation terre des hommes sieht darin einen vernünftigen Ansatz. Doch sie kritisiert auch, "dass ein Angebot zur vertraulichen Geburt keinen Sinn macht, wenn gleichzeitig die illegalen Angebote von Babyklappen und anonymer Geburt geduldet werden". Das Gesetz sorge dafür, dass das Recht des Kindes auf Kenntnis der Identität weiter verletzt wird: "Das ist inakzeptabel."
Der Deutsche Ethikrat begrüßt ausdrücklich die vertrauliche Geburt, doch spart er auch nicht mit Kritik an Schröders Vorgehen. Dessen Vorsitzende, die Mediziner Christiane Woopen, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Was mich an dem Gesetzentwurf stört, ist die Halbherzigkeit im Umgang mit den anonymen Angeboten. Da hätte ich mir eine kraftvolleres Vorgehen gewünscht."