"Seid stolz darauf, nicht zu töten", schreibt die ehrenwerte Mae Chee Sansanee auf das goldene Blatt, das sie anschließend an einen Baum vor dem Wat-That-Thong-Tempel in Bangkok hängt. Mehr als einhundert der goldenen und silbernen Blätter flattern bereits an weißen Bändern in der leichten Spätnachmittagsbrise an dem Baum, auf denen die Teilnehmern der buddhistischen Zeremonie an diesem Samstagnachmittag ihre Wünsche und Hoffnungen für das Überleben der afrikanischen Elefanten verewigt haben.
Neben der prominentesten buddhistischen Nonne Thailands sind einige hochrangige buddhistische Äbte der Bitte von Sacred Earth gefolgt, am Rande der Artenschutzkonferenz Cites eine religiöse Zeremonie für die bedrohten Elefanten abzuhalten. "Weil immer mehr religiöse Führer ihre Stimme für eine nachhaltige Nutzung der Umwelt erheben, sehen wir weltweit zunehmend mehr glaubensbasierte Umweltbewegungen", sagt Dekila Chungyalpa, die Direktorin des religiösen Umweltprogramms der Tier- und Naturschutzorganisation WWF.
Elefantenmassaker in Afrika
Die Jagd auf afrikanische Elefanten wegen ihrer Stoßzähne als Rohmaterial des begehrten Elfenbeins hat nie dagewesene Ausmaße erreicht. Sie werden mit militärischer Präzision mit Schnellfeuergewehren von Helikoptern aus abgeschossen. 2011 sind bis zu 25.000 afrikanische Elefanten der Gier der global organisierten kriminellen Elfenbeinhandelssyndikaten zum Opfer gefallen, heißt in dem gemeinsamen Report der Cites-Programme "Monitoring the Illegal Killing of Elephants" (Mike) und "The Elephant Information Trade Information System" (Etis).
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Die Wilderei ist nach Erkenntnissen von Mike/Etis eine direkte Folge der steigenden Nachfrage nach illegalem Elfenbein in den schnell wachsenden Volkswirtschaften Asiens, "vor allem aber in China und Thailand". Die Nachfrage werde zudem durch die hohe Zahl "potentieller asiatischer Käufer" in Afrika angeheizt. Gemeint sind vor allem die schätzungsweise zwei Millionen Chinesen, die in Afrika für chinesische Bergbau- und Ölfirmen sowie von China finanzierten Infrastrukturprojekte arbeiten. Begünstigt wird der kriminelle Elfenbeinhandel darüber hinaus durch schlechte Regierungsführung, Korruption und Armut in vielen Elefantenländern Afrikas und den Abnehmerländern in Asien.
Eine unrühmlich führende Rolle spielt dabei Thailand als Transitland des Elfenbeinschmuggels und als Markt für Elfenbeinprodukte. Die Elfenbeinmafia macht sich dabei die thailändische Gesetzgebung zu Nutze, die den Handel mit Elfenbein erlaubt, wenn es von einem heimischen Elefanten kommt, der eines natürlichen Todes gestorben ist. "Das ermöglicht es den Schmugglern, das illegale Blutelfenbein aus Afrika unter legales Elfenbein zu mischen", sagt Dekila Chungyalpa.
Hankos, Buddhas und Jesuskinder
Elfenbeinschnitzer verarbeiten die kostbare Ware zu Schmuck oder zu Hankos, in Japan beliebte Stempel. Aber auch Religionen tragen zur Nachfrage nach Elfenbein bei. Thailändische Mönche schnitzen Amulette und Buddhas aus dem weißen Gold. Auf den mehrheitlich katholischen Philippinen sind selbst ärmere Christen bereit, viel Geld für einen "Santo Niño de Cebu", ein Heiliges Jesuskind von Cebu, aus Elfenbein auszugeben. Die Philippinen sind außerdem ein beliebtes Transitland für illegales Elfenbein aus Afrika auf dem Weg nach China.
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Die Handelskette ist dabei eine interreligiöse Angelegenheit, wie sie die Erfinder der Ökumene und des Dialogs zwischen den Religion sicher nicht im Sinn hatten. Elfenbein wird von muslimischen Schmugglern über den von muslimischen Unabhängigkeitskämpfern, islamistischen Terrorgruppen und kriminellen Banden beherrschten Süden der Philippinen ins Land gebracht. Die katholischen Abnehmer in Manila stellen aus dem Elfenbein Jesusfiguren und Madonnenstatuen her oder leiten die heiße Ware weiter zu buddhistischen und taoistischen Abnehmern in China. Wie Bryan Bryan Christy in seinem in der Oktoberausgabe des National Geographic veröffentlichten Reportage "Blood Ivory" erzählt, sollen auch hochrangige katholische Priester auf den Philippinen eine Rolle als Kunden sowie als Vermittler des illegalen Elfenbeins spielen.
Die Religionen werden grün
Höchste Zeit also, dass sich Religionen zu Wort melden, wie jetzt in Bangkok. Bei der Tempelzeremonie riefen die religiösen buddhistischen Führer ihre Anhänger dazu auf, die Nutzung und den Handel von Elfenbein abzulehnen. Der Kauf und der Besitz von Elfenbein sei "unmoralisch" und "selbstsüchtig". "Ein schöner Elfenbeinarmreif ist das Resultat einer Aktion, bei der jemand in Afrika von einem Helikopter aus Elefanten erschossen hat. Diesen Zusammenhang müssen wir aufzeigen, damit die Menschen verstehen, woher zu welchem Preis das Elfenbein kommt."
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Segensreiche Unterstützung kommt auch von anderen Religionen aus anderen Teil der Welt. In einer Pressemappe hat Sacred Earth Stellungnahmen von christlichen, muslimischen, hinduistischen und taoistischen Geistlichen zusammengestellt. Oyen Trinley Dorje erinnert in seinem Statement an die prominente Rolle, die Elefanten bei der Geburt, der Erleuchtung und des Tods des Buddha spielen. Buddhisten sollten daher nicht den "Tod von Elefanten als auch anderen Wildtieren wie Nashörner und Tiger verursachen, nur um ihre Begierden zu befriedigen", mahnt der 17. Karmapa der Karma-Kagyü-Schule des tibetischen Buddhismus.
Dr. Nasina Hasan von der Fakultät für Islamstudien der Manarat Universität in Bangladesch betont ebenfalls: "Der Reichtum der Welt ist ein Geschenk und ein Segen von Allah. Lasst uns im Gegenzug ein Segen für alles sein, was Allah geschaffen und uns zur Fürsorge anvertraut hat." Seine Heiligkeit Pujya Swami Chidanand Saraswatiji schreibt: "Unsere Gebete gelten nicht unserem Frieden und dem der Menschheit; Hindus beten vielmehr für Frieden für die Tiere, die Pflanzen, die Wälder und Bäume, die Umwelt und die gesamte natürliche Umwelt."
Und auch die afrikanischen Kirchen sprechen sich gegen die Wilderei aus. Die griechisch-orthodoxe Kirche von Simbabwe und Angola betont den Zusammenhang von Armut und Umweltausbeutung: "Der illegale Wildtierhandel hat eine negative Auswirkung auf die natürlichen Ressourcen eines Landes und seine Menschen, die eigentlich die Nutznießer eines legalen und nachhaltigen Handels sein sollten", sagt Erzbischof Seraphim Kykkotis. Im Namen der Presbyterianer in Kamerun mahnt Denis Kumbo zum Schutz "der Tiere in unseren Ländern, vor allen die am meisten gefährdeten wie Elefanten, Tiger, Primaten, Pangoline", damit Christen am Tag des Jüngsten Gerichts nicht vor Gott stehen und "von ihnen verurteilt werden".
Eine Welt in Harmonie?
Das von wirtschaftlichen Interessen getriebene Gefeilsche auf der Cites-Konferenz um den Schutz von Elefanten, Nashörnern, Eisbären, Haien und Manta-Rochen lässt nicht gerade optimistisch in die Zukunft schauen. Aber vielleicht kommt die Rettung der Umwelt doch noch in letzter Minute durch die Weltreligionen, die sich zunehmend ihrer Verantwortung für unsere natürliche Welt bewusst werden. Die Aufrufe der Kirchenführer sind ein Anfang. Mae Chee Sansanee Sthirasuta jedenfalls ist überzeugt, dass spirituelle Führer in Umweltfragen von den Menschen eher gehört und ernstgenommen werden als Behörden und säkulare Umweltorganisationen.
Phra Bhramapundit, Abt eines Klosters in Bangkok und Rektor der buddhistischen Universität Mahachulalongkornrajavidyalaya, will seinen Gebeten und Gesängen während der Zeremonie im Wat That Thong jedenfalls Taten folgen lassen. "Ich werde an der Universität ein neues Curriculum mit Umweltthemen starten, das den Mönchen einen Überblick über die Umweltwissenschaft und Ansätze der Problemlösung vermittelt. Ich hoffe, dass wird der Tierwelt nutzen und in der Welt Harmonie schaffen."